Deutschland bleibt Schlusslicht – auch ohne Trumps Strafzölle
Sparmaßnahmen und Sanktionen zeigen Wirkung: Die Wirtschaft in Deutschland wird auch 2025 kaum wachsen. Und dabei sind die geplanten US-Strafzölle noch nicht einmal berücksichtigt.
Laut der Herbstprognose der EU-Kommission wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,1 Prozent schrumpfen. Für 2025 traut die Brüsseler Behörde Deutschland ein Plus von 0,7 Prozent zu – aber dies wäre immer noch das geringste Wachstum aller Euro-Länder.
2026 soll es dann zu einem Anstieg von 1,3 Prozent reichen. Pessimistischer ist die Kommission nur für Italien mit einem erwarteten Wachstum von 1,2 Prozent. Auch Frankreich steht mit 0,8 Prozent in 2025 nicht gut da. Die drei größten EU-Länder stecken in der Krise.
Dies ist eine Folge der EU-Sanktionen gegen Russland, aber auch der Sparmaßnahmen, die durch die neuen EU-Schuldenregeln nötig geworden sind. In Deutschland kommt auch noch der Streit um die Schuldenbremse hinzu. Doch dazu schweigt sich Brüssel aus.
Kein Thema sind auch die von D. Trump angedrohten US-Strafzölle. Dabei weiß jeder, dass sie die deutsche und europäische Wirtschaft massiv schädigen und das Wachstum noch mehr abwürgen dürften. Folge: Die Herbstprognose ist jetzt schon Makulatur…
Michael Conrad
16. November 2024 @ 13:26
Der Hauptgrund für die Wachstumsschwäche ist die immer mehr nachlassende Wettbewerbsfähigkeit in der EU und vor allem in Deutschland.
Während noch Anfang der zweitausender Jahre Deutschland regelmäßig unter den ersten Fünf der Rangliste zu finden war, befinden wir uns jetzt nur noch unter ferner liefen.
Vor zwanzig Jahren waren das GDP von Europa und den USA ungefähr gleich groß,
heute liegt das amerikanische ca. 50 Prozent
höher.
Während in den USA die Hightech Wirtschaft blüht und die Industrie ein Revival entwickelt, konzentriert sich die EU Bürokratie vor allem auf die Erfindung immer neuer Regulierungen und Sanktionen.
Da hilft dann auch kein Draghi Konzept.
Helmut Höft
16. November 2024 @ 08:19
Ich stell’ mich mal freiwillig vor das Peloton: Wer heute noch Tag für Tag über Waxxthum schwadroniert, hat möglicherweise eine Denkschwäche – vulgo: nicht alle Latten am Zaun! Punkt. Man sollte sich über jede zurückgenommene Wachstumsprognose freuen denn naturgesetzlich ist potentielles Wachstum im begrenztem Raum (Erde) nicht möglich!
Wachstumsrate: runter! Energietransformationsrate: runter! Jetzt die Preisfrage: Was wird stattdessen gesetzt? Menschen: übernehmt endlich diesen Job!
Und? Wenn die Amis “drill baby drill” machen? Lass’ sie doch, man kann sie nicht hintern. 😉 Je mehr sie drillen und ihre Trucks fahren, umso schneller kommen sie an ihr natürliches Ende! Keynes, sinngemäß: “Nicht die neuen Ideen sind das Problem, das Festhalten an den alten ist das Problem!”
Art Vanderley
16. November 2024 @ 23:05
In einem Punkt Zustimmung, die bisherige, meist quantitative Sichtweise auf Wachstum ist nicht haltbar. Ob man Wachstum generell verteufeln sollte, weiß ich jetzt aber nicht, immerhin ist es auch Wachstum, wenn die Energie umgestellt wird auf Erneuerbare.
Wir brauchen wohl so eine Mischung aus quantitativem und qualitativem Wachstum für die Zukunft.
Einfach nur weniger vom bisherigen reicht aber nicht.
Skyjumper
15. November 2024 @ 20:28
Es sind die Russland-Sanktionen. Ja. Sind es die Sparmaßnahmen? Jein. Natürlich sind Sparmaßnahmen nicht hilfreich, allerdings sind die Auswirkungen auf eine Exportnation auch nicht besonders gravierend.
Was aber auf jeden Fall deutlich zu diesen miserablen (und trotzdem überhöhten) Erwartungen beiträgt ist die Energiepolitik in Deutschland.
Btw.: Ich glaube @Arthur Dent hatte es als Stichwort schon einmal angesprochen – Unsere 31.000 Windkraftanlagen in Deutschland haben in der 1. Novemberwoche so viel Strom produziert wie früher mal ein einziges Atomkraftwerk.
Und so lange (falls überhaupt) da nicht umfassend korrigiert wird, wird die Deindustrialisierung Deutschlands weiter voranschreiten. Selbst eine verstärkte Binnennachfrage (wo auch immer die denn herkommen sollte) ändert daran nichts.
european
15. November 2024 @ 14:10
Was soll man dazu sagen? Schlimmer geht immer. Diese Wachstumsraten werden sowieso wieder zurueckgenommen, oder besser ausgedrueckt “nach unten korrigiert” werden.
Die Frage danach, wer eigentlich investiert, bleibt weiterhin unbeantwortet und so bewegt sich das oekonomische Verstaendnis im Bereich der Religionen. Es gibt Bibeln, Paepste, Gebote, Dogmen, Monstranzen, Konfessionen mit dem dazugehoerigen Streit um die richtige, und letztlich das ewige Versprechen eines Himmelreiches, wenn nur alle Regeln eingehalten werden. 😉
Helmut Höft
16. November 2024 @ 09:11
Abgesehen davon, dass das mit dem Wachstum – imho mittelfristig schon – eine Totgeburt ist “Die Frage danach, wer eigentlich investiert, bleibt weiterhin unbeantwortet und so bewegt sich das oekonomische Verstaendnis im Bereich der Religionen[/Ideologien].” ist zu beantworten wie folgt: Investieren tut der, der Nachfrage ermöglicht (Löhne/ Verteilung). Da helfen auch Subventionen nur in begrenztem Umfang.
Btw.: Investiert werden muss auch in die Transformation, das kann nur die Gesellschaft/Staat, die Rentiers (Priva) haben mangels Rendite (Geldgewinn, verbriefte Rechte, steigende Kurse etc.) kein Interesse.
european
16. November 2024 @ 16:02
Damit hast du wohl recht und ich sehe das auch so, aber in Deutschland redet man diesebezüglich um den heißen Brei herum. Der Staat will und kann nicht wegen Schuldenbremse und so. Statt dessen hofft man darauf, dass die Industrie – angelockt durch noch mehr Steuererleichterungen – investiert, was übrigens noch nie funktioniert hat. Trickle down ist und bleibt ein ökonomisches Märchen. Und wenn das auch nicht zieht, muss eben das Ausland die Kreditkarte zücken. Dort will man aber auch, dass im eigenen Land investiert wird.
Man bekommt das Land nicht durch Sparprogramme, oder noch besser durch breites Absenken der Kaufkraft, wieder flott. Diese Logik finde ich immer noch besonders großartig. 😀 😀 😀
Art Vanderley
16. November 2024 @ 23:08
„so bewegt sich das oekonomische Verstaendnis im Bereich der Religionen. “
So ist es, und mit solchen Leuten kannst du auch nicht diskutieren, die haben ihr geschlossenes Weltbild und betrachten Kritik als Sakrileg.
Arthur Dent
15. November 2024 @ 14:01
Auf Anraten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage sollen Hinterbliebenenrenten eingespart und der Anstieg der Bestandsrenten gedämpft werden. Man sollte daher schon frühzeitig mit dem Flaschensammeln anfangen, um sich einen Vorrat für spätere Zeiten anzulegen. So kommt Deutschland wieder aus der Krise. 🙂
(Der Smiley ist natürlich Satire oder wahlweise Zynismus).
european
15. November 2024 @ 14:12
Diese Vorschlaege koennten aus einem Comic stammen. Ich habe gestern auch gestaunt.
Der Wirtschaft geht es schlecht, also lasst uns diese ankurbeln indem wir die Kaufkraft bzw Binnennachfrage auf breiter Flaeche absenken und damit die Profite steigern.
Und wenn wir erst alle gar nichts mehr verdienen ist das Himmelreich erreicht oder wie der Philosoph sagt “Wir gewinnen ein plus an esse” 😉
Skyjumper
15. November 2024 @ 20:34
Was soll man von sogenannten Sachverständigen denn anderes erwarten? Bei einer Staatsquote von ~ 50 % in Deutschland, und einer Ausgabequote von annährend 100 % bei Rentnern, spart man zwar eh nur die Hälfte von dem was man glaubt einzusparen, aber immerhin kriegt man dafür die Binnennachfrage und damit die Binnen-Industrie auch noch kaputt.
Ja ja, dafür muss man Sachverständiger sein um drauf zu kommen.
Annonymous
16. November 2024 @ 01:23
Letztlich ist das alles nur noch Kleinscheiß, wenn man sich vor Augen führt, dass Tschechien mit 1/8 der Deutschen Bevölkerung, es schaffte dieser so viel Größeren ein Handelsbilanzdefizit abzuringen, denn sie haben ja auch eine 5,9 Punke höhere Industriequote (Beachte 22, jetzt sicher noch höherer Unterschied https://de.statista.com/statistik/daten/studie/249080/umfrage/anteile-der-wirtschaftssektoren-am-bruttoinlandsprodukt-bip-der-eu-laender/ destatis raussuchen dauert mir gerade zu lange) als die ehemalige Dampflok Deutschland.
CZ hat denn auch nur 44,654 % Staatsquote, hmm, sind die möglicherweise weniger selbstzerstörerisch als die Deutschen da die Staatsqoute weniger Punkte Unterschied aufweist als die Industriequote?
Eigentlich ist die Staatsquote ja eine Kennziffer die ich ja tatsächlich hasse weil sie so oft und oft falsch von Sozialstaatshassern verwendet wird in Bezug auf zu zahlende Steuern und nur um das vorweg zu nehmen, der strenge Halbteilungsgrundsatz wurde schon lange vom BVerfG gekippt.
Man muss letztlich immer und überall darauf hinweisen dass es die neoliberalen Race to the Bottom Beförderer der CDUCSUSPDFDPGRÜNEN und ihre Befürworter waren und sind, die uns mit der EU Erweiterung Wohlstand, Lebensqualität und letztlich Leben gekostet haben.
Es war ja zum Schreien als ich letztens in einer bekannten Deutschen Zeitung vom unfairen Wettbewerb las den Künstler mit KI austragen müssten, war man scheinbar auf einmal kein so großer Fan mehr von grenzenloser Konkurrenz, ohne den Doppelstandard zulassen zu wollen.