Klimapolitik: Kompromiss ohne Konsens – und ohne Polen

Unter dem neuen EU-Gipfelchef Charles Michel gelten neue Gesetze: Plötzlich gibt es Kompromisse ohne Konsens, und Beschlüsse ohne Bindewirkung. Nur so war die Klimaneutralität bis 2050 zu retten – vorerst.

Fast zehn Stunden dauerte es, bis der Beschluss zur Klimaneutralität stand. Die meiste Zeit diskutierten die Chefs über die Frage, ob Atomkraft eine „saubere“ Technologie sei, mit der die Klimaziele erreicht werden können.

Ein Konsens wurde nicht erzielt – jedes Land darf auch künftig seinen eigenen „Energiemix“ behalten. Das ist ein Problem, denn die EU will ja auch „saubere“ Investments fördern – gehört Atomkraft nun dazu oder nicht?

Immerhin haben Tschechien und Ungarn ihre Bedenken am Ende zurückgestellt und den Beschluß zur Klimaneutralität 2050 mitgetragen. Dagegen hielt Polen am Widerstand gegen das neue Klimaziel fest.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki stand auf der Bremse. Er wollte das Klimaziel auf 2070 verschieben, war damit aber isoliert. Am Ende bekam er eine Extrawurst – und mehr Zeit für eine Entscheidung.

Polen soll sich nun erst bis zum EU-Gipfel im Juni 2020 festlegen. In sechs Monaten, so die Hoffnung, werden auch wichtige Details des „European Green Deals“ feststehen, etwa zur billionenschweren Finanzierung.

Bisher ist dieser grüne Deal vor allem ein symbolträchtiges Versprechen – maßgeschneidert für die Weltklimakonferenz in Madrid, auf der sich die EU nun wie geplant als Vorreiterin präsentieren kann…

Siehe auch „Green Deal: Streit um die Atomkraft“