EU nicht mehr nachhaltig, Klassenfahrt nach Indien – und Abfuhr für Kallas
Die Watchlist EUropa vom 27. Februar 2025 – Heute mit News & Analysen zu den “Omnibus-“Verordnungen der EU-Kommission, Europas neuem Wunschpartner und Gegenwind aus den USA.
Kommissionschefin von der Leyen macht einen Rückzieher: Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise in Europa und harter Konkurrenz aus den USA und China will sie ihren „Green Deal“ zur Klimapolitik überarbeiten und vier Nachhaltigkeits-Gesetze lockern. Außerdem möchte sie die Industrie fördern und die Energiepreise senken.
Die am Mittwoch in Brüssel vorgestellten Maßnahmen gehen deutlich über die bisherigen Planungen hinaus. So will die Kommission eine klimafreundliche Industrie mit einem 100-Milliarden-Euro-Paket fördern. Um die Energiekosten für die Industrie zu senken, sollen Wind- und Solarbranche künftig eine größere Rolle spielen.
Außerdem soll die Anwendung der europäischen Lieferkettenrichtlinie verschoben werden. Sie war im Mai 2024 verabschiedet worden und sollte eigentlich Mitte 2027 in Kraft treten. Nun ist von Juni 2028 die Rede, vier Jahre nach dem EU-Beschluss. Ob die Richtlinie so lange Bestand hat, bleibt abzuwarten.
“Kein Verlaß mehr auf die USA”
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„Wir können kein Business as usual mehr machen“, begründete Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis den Vorstoß. Angesichts der Annäherung zwischen den USA und Russland beim geplanten Ukraine-Deal könne sich die EU nicht mehr auf ihren amerikanischen Partner verlassen. Auch China müsse man etwas entgegensetzen.
Die Lieferketten-Richtlinie ist dabei nur eines von vier Nachhaltigkeits-Gesetzen, die die EU-Kommission radikal „entschlacken“ will. Betroffen sind auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD, die sogenannte Taxonomie sowie der Grenzausgleichsmechanismus CBAM. Sie werden im so genannten „Omnibus“-Verfahren überarbeitet.
Die EU legt zwar nicht die Kettensäge an, wie Argentiniens rechtsradikaler Präsident Javier Milei. Doch sie wirft den Green Deal unter den (Omni-)Bus. Die Vorschläge sind nur der Auftakt für eine ganze Reihe von Gesetzesänderungen, die auf eine Deregulierung und die klammheimliche Abwicklung des Green Deals hinauslaufen.
Zweite Welle mit neuem Kanzler
Die zweite Welle soll schon in wenigen Wochen kommen. Dann dürfte Friedrich Merz Bundeskanzler sein – und dafür sorgen, dass die EU einen noch industriefreundlicheren Kurs fährt. Schließlich hat der CDU-Chef schon für den “Omnibus” Pate gestanden – er hat Kommissionschefin von der Leyen (CDU) auf die neue Spur gesetzt…
Siehe auch “Willkommen in CDUropa”
News & Updates
- Klassenfahrt nach Indien. Die EU-Kommission fliegt am Donnerstag zu einem zweitägigen Besuch nach Neu-Delhi, um sich mit Ministerpräsident Modi und der indischen Regierung zu treffen. Schwerpunkte sind der Handel, wirtschaftspolitische Fragen, die Technologie-Zusammenarbeit sowie die internationale Sicherheit und der Klimaschutz. Behördenchefin von der Leyen nannte das südasiatische Land vor ihrem Besuch einen „unserer vertrauenswürdigsten Freunde und Verbündeten“. – Daß Modi den indischen Nationalismus pflegt und Minderheiten unterdrückt, spielt keine Rolle…
- Rumänien lässt Georgescu festnehmen. Rund drei Monate nach der annullierten Präsidentschaftswahl hat die Staatsanwaltschaft in Bukarest Ermittlungen gegen den rechtsradikalen Kandidaten Georgescu wegen mutmasslicher Falschaussagen zur Finanzierung seines Wahlkampfs eröffnet. Der Nato-Kritiker hatte die erste Runde der Präsidentenwahl am 24. November überraschend gewonnen. Doch die Wahl wurde annulliert – Georgescu soll bzw. darf wohl nicht gewinnen…
- Trump kündigt Strafzölle gegen die EU an. US-Präsident Trump hat Zölle in Höhe von 25 Prozent für Einfuhren aus der EU angekündigt. „Wir haben eine Entscheidung getroffen. Wir werden sie sehr bald bekannt geben“, sagte Trump. Dann schob er nach: „Es werden 25 Prozent sein, allgemein gesprochen, und zwar für Autos und alle anderen Dinge.“ – Der Versuch der EU, die Zölle durch Appeasement zu verhindern, ist offenbar gescheitert!
Das Letzte
Abfuhr für Kallas. Die EU-Außenbeauftragte ist nach Washington gereist, um mit ihrem US-Amtskollegen Rubio über die Ukraine zu sprechen. Doch der ließ sie abblitzen – angeblich gab es Terminprobleme. In Wahrheit dürfte Rubio schlicht keinen Bock haben, die notorische Russland-Hasserin zu empfangen. Außer mehr Waffen für die Ukraine und mehr Sanktionen gegen Russland hat Kallas ohnehin keinen Plan. Eine Woche vor einem Sondergipfel in Brüssel (6. März) sieht es nicht mehr so aus, als könne die EU noch einen Platz am Verhandlungstisch finden, wenn die USA und Russland einen Ukraine-Deal schließen… – Siehe auch “Die widerlegten Thesen der Kriegstreiber
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Monika
27. Februar 2025 @ 11:28
Schlimm in seiner Niveaulosigkeit des “Schutzes der europäischen Demokratiestandards” auch die Causa Georgescu in Rumänien. Sollte das “Thema” mit der Festnahme wegen “Korruptionsvorwürfen” der verschiedensten Art nicht abzuräumen sein, dann dürfen wir uns wieder über eine Rund sex and crime freuen, da lässt sich doch sicher im PC des Herrn Georgescu als letzter Notnagel kinderpornografisches Material finden…
Monika
27. Februar 2025 @ 11:20
..(kann sich) die EU nicht mehr auf ihren amerikanischen Partner verlassen. Auch China müsse man etwas entgegensetzen….
Allen wichtigen wirtschaftlichen und militärischen Playern will die europäische “Elite” also “was entgegensetzen”. Die “Stirn bieten”. Leider ohne Hirn dahinter, denn das wurde seit 1990 sukkzessive abgegeben… Und so setzt die EU niemandem substantiell mehr etwas “entgegen”, sondern nur den eigenen Bürgern “zu” und das ganze europäische Projekt “in den Sand”.
Arthur Dent
27. Februar 2025 @ 09:08
– Ich bin in den 1960er und 70er Jahren im Ruhrgebiet aufgewachsen und kann daher bestätigen, dass die Luft hier nie reiner und klarer war als heute. Allerdings ist auch die Industrie hier immer weniger geworden.
– wer noch fünf Finger an einer Hand hat, dass Strom aus Erneuerbaren in Jahrzehnten nicht billiger werden kann. Man muss noch hunderte von Kilometern Stromtrassen quer durchs Land verlegen, man braucht noch riesige Speicherkapazitäten und, für alle Fälle, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, Gaskraftwerke. Die allerdings die meiste Zeit stillstehen sollen. Man schätzt, dass uns die Energiewende bis 2045 noch weitere 1700 Milliarden Euro kosten wird.
– In Indien boomen gerade die Kohlekraftwerke, die Inder denken gar nicht daran sich von fossilen Energieträgern zu verabschieden.
Guido B.
27. Februar 2025 @ 08:51
Selbst wenn das Deregulierungs- und Subventionsprogramm fruchten und die Wirtschaft wieder etwas aufblühen würde, würde es nicht an den starken Abwärtstrends ändern, die da sind: enorme Mehrkosten durch Aufrüstung, enorme Mehrkosten durch Ukraine-Sanierung, Kaufkraftverlust durch Deindustrialisierung mangels Wettbewerbsfähigkeit, Umsatzverluste wegen Protektionismus, Überalterung usw. Kurz: Die EU-Führung kann das Ruder nicht mehr herumreissen. Das bedeutet, dass die politischen Kräfte an den Rändern immer stärker werden, die Eliten straucheln und die EU letztlich aus innerer Schwäche zerfallen wird. Verantwortlich sind die dekadenten Eliten, die am liebsten für Gruppenfotos und Selfies posieren und ihn ihrer weltfremden Narzissmus-Blase leben.
Michael
27. Februar 2025 @ 07:52
Wie könnte man die Entlassung der Personalie Kallas erreichen?
Thomas Damrau
27. Februar 2025 @ 07:46
Die EU ist offensichtlich im Panik-Modus:
— Wirtschaftsbeziehung zu Russland gekappt, die zu China sind suspekt, der große Bruder USA will keine europäische Waren mehr … Lass uns mal auf den Globus schauen. Ooooooooooohhhhhhhhhhhhh: Da gibt es ja noch Indien. Auch keine lupenreine Demokratie mehr und mit Russland verbandelt. Aber in der Not frisst der Teufel …
— Die Aussichten für die EU-Wirtschaft sind also (vorsichtig ausgedrückt) Mist. Da kommen schon mal die alten neoliberalen Reflexe hoch: Economy first – future second. (siehe auch https://redfirefrog.wordpress.com/2025/01/14/das-progressiv-8-analyse-neoliberalismus/ für die Narrative, mit denen wir wahrscheinlich in den nächsten Jahren geflutet werden.)
Unsere Gurkentruppe in Brüssel ist so was von vorhersehbar.
european
27. Februar 2025 @ 07:25
Sieht so aus, dass die EUCO Probleme löst, die wir ohne sie gar nicht hätten 😉