Klima, Krise, Krieg: Der Konsens bröckelt
In Brüssel beginnt langsam aber sicher die Sommerpause. Sie steht im Zeichen von Klima, Krise und Krieg. Die Bilanz der letzten Monate sieht nicht toll aus : Der Konsens bröckelt auf allen Ebenen.
- Der EU-Gipfel konnte sich nicht auf eine Erklärung zur Migrationspolitik einigen. Die Flüchtlingskrise spitzt sich immer mehr zu.
- Der Nato-Gipfel konnte sich nicht auf einen Fahrplan für den Ukraine-Beitritt einigen. Die EUropäer zogen nicht an einem Strang, der Krieg in Europa eskaliert immer weiter.
- Das Europaparlament konnte sich nicht auf eine Position zum Naturschutz einigen (es hat schließlich den Standpunkt des Rats übernommen und ihn noch mehr verwässert).
- Die EU-Finanzminister können sich nicht auf eine Reform des Stabilitätspakts einigen. Nun streiten sie auch über eine Aufstockung des Budgets – der EU geht das Geld aus.
- Auch in den EU-Ländern bröckelt der Konsens. Nach Italien, Schweden, Finnland und Griechenland könnte bald auch noch Spanien von Rechten regiert werden.
Das Ganze spielt sich vor dem Hintergrund von Rezession und Inflation statt. Viele EUropäer müssen ihr Geld zusammenhalten; sie können sich keinen Urlaub leisten.
Doch davon redet man in Brüssel nicht so gern, schon gar nicht vor der Sommerpause. Hier wird sogar noch das endlose Gemetzel in der Ukraine als Erfolg verkauft…
Mehr zur EU-Krise hier
Hier noch eine EU-Statistik, die meine Aussage zum Urlaub bestätigt: Mehr als jeder Fünfte kann sich keinen Urlaub leisten
Art Vanderkey
19. Juli 2023 @ 20:48
Diese selbstgerechte Art im Westen ist in der Tat ein wesentlicher Teil der Probleme. Nicht nur werden demokratische Spielregeln zu wenig beachtet, auch die Inhalte sind eben nicht so liberaldemokratisch wie man es uns immer weismachen will.
Auch hat man deutlich den Eindruck, daß es eine Haltung gibt, ökologische Politik sei nur dann gegeben wenn es teuer wird.
Das ist völliger Quatsch, aber weit verbreitet in allen „etablierten“ Kräften, die Grünen sind da nicht die einzigen.
Was Wunder, es sind überwiegend immer noch dieselben Kräfte aus dem Neoliberalozän, die die Probleme auch mitverursacht haben, wie sollen sie sie jetzt lösen, Hund und Wurstvorrat….
Ob die Oppsition die Lösung hat, scheint mir aber ebenfalls recht zweifelhaft.
Monika
15. Juli 2023 @ 17:06
Zur sozialen Frage in der EU:
Auf dem „Highway to Heaven“ wandeln wie immer die, die haben.
Auf dem Highway to Hell immer all jene, die sich die „Wonnen des reduzierten Blicks“ nicht leisten können , bzw. jene, die die Wonnen des reduzierten Blicks der Habenden mit ihren Leben bezahlen müssen.
Die westliche Wertegemeinschaft sieht sich als Zentrum des Erdensystems und ist fest entschlossen, diese gemeinsame Geisteshaltung von Auserwähltheit, göttlichem Auftrag primitive Völker , in „strahlender Bombenstimmung“ auf den rechten Weg zu führen…
Freei nach Platon: „Brave New Cave“ -alles außerhalb sind Fake News, don’t forget to kill the messanger.
Die „Zitate“ habe ich aus Artikeln von Pentti Turpeinen, einem sehr lesenswerten Autor, Philosophen und Politologen aufgeschnappt.
Arthur Dent
15. Juli 2023 @ 13:11
Migration, Nato, Ukraine, Naturschutz, Geld – bei der Fülle an Themen kann man unmöglich einer Meinung sein. Demokratie aber ist, wenn alle (Gruppen von) Betroffenen gehört werden und man hinterher Entscheidungen trifft, in denen die Angelegenheiten aller eine angemessene Berücksichtigung finden.
Kleopatra
15. Juli 2023 @ 10:29
@ebo: Die Ausschüsse erledigen zwar einen Großteil der inhaltlichen Arbeit, geben aber dem Plenum eben nur Beschlussempfehlungen, an die es nicht gebunden ist. Auch Änderungsanträge, die in den Ausschüssen durchfallen, werden häufig gleichlautend noch einmal für die Plenarabstimmung eingereicht. Von den zuständigen Ausschüssen haben die mitberatenden Ausschüsse für Landwirtschaft und für Fischerei mehrheitlich die Ablehnung empfohlen, im Umweltausschuss ergab sich eine Stimmengleichheit (44 Ja, 44 Nein), was formell ebenfalls als Empfehlung zur Ablehnung gewertet werden muss. Merkwürdig ist eigentlich eher, dass in der Plenardebatte von den drei Berichterstattern der Ausschüsse zwei nicht die Meinung ihres Ausschusses vertreten haben, sondern auf Grundlage ihrer persönlichen Meinung für die Annahme plädiert haben.
Karl
15. Juli 2023 @ 09:17
„Viele EUropäer … können sich keinen Urlaub leisten.“
Was für eine Lüge: Würden alle Naturschutzgebiete in die Auto-Tanks gesteckt und verfeuert, könnten die Armen trotzdem nicht in den Urlaub fahren!
Es wird momentan extrem viel gelogen, weil die Sandwich-Mitte noch nicht wahrhaben will, dass die Krise auch auf sie zurollt. (Und wenn sie’s dann wahrnimmt, wird sie wieder Sündenböcke schaffen und KZs einrichten, so wie es aussieht.)
Was den Urlaub angeht: 40% in Deutschland haben keine Ersparnisse, 30% gelten als arm. – Ursache dafür sind NICHT die Maßnahmen gegen die Erd-Ausdörrung (falls überhaupt Wirksames beschlossen wird)! Sondern die Ursache ist der Billiglohnsektor seit dem Fall der Mauer.
Kleopatra
15. Juli 2023 @ 08:59
Inwiefern “konnte” das “Europaparlament … sich nicht auf eine Position zum Naturschutz einigen”? Parlamente entscheiden eben mit Mehrheit, wenn sie sich nicht “einigen können”. Die jetzt verabschiedete Variante, den Standpunkt des Rates zu “verwässern”, ist jedenfalls eine Position, auch wenn sie einem nicht gefällt. Freilich hat sie noch nicht einmal die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich.
ebo
15. Juli 2023 @ 09:02
Die drei zuständigen Fachausschüsse haben den Kommissionentwurf abgelehnt. Normalerweise legt das Parlament in diesen Ausschüssen seine Position fest, die dann nur noch im Plenum bestätigt wird. Diesmal haben die Ausschüsse die Rückverweisung an die Kommission empfohlen, das Plenum hat dann auf Basis des Ratsstandpunkts improvisiert. Dabei kamen auch noch Änderungsanträge durch, die die Zielvorgaben gestrichen oder gelockert haben..
KK
15. Juli 2023 @ 00:30
@ Katla:
„Aber diese „Klimaschutzmassnahme “ gilt dann wohl für Wohlhabende eher nicht.“
Natürlich nicht; die haben ja genug Geld, sich dann ggf. freizukaufen.
Spätestens wenn der Zertifikatehandel mit „Verschmutzungsrechten“ dann umfassend alles regeln soll, wird sich der „kleine Mann“ (nebst Frau) gezwungen sehen, seine ihm zugeteilten Kontingente zu verkaufen, damit überhaupt noch Unterkunft und Nahrung bezahlt werden können… dann gehts allenfalls noch mit dem Fahrrad an den örtlichen Baggersee zur Erholung. Und kaufen werden diese Zertifikate dann am Ende nur noch die Reichen für ihre Fernreisen, Kreuzfahrten, Pool und sonstigen luxuriösen Extravaganzen.
Arthur Dent
14. Juli 2023 @ 23:44
Um Naturwissenschaft geht es beim Klima nur Rande. Zumeist geht es meist um Weltanschauungen und politische Auseinandersetzungen. „Wir müssen die Schöpfung bewahren“ – so werden Probleme nicht benannt, sondern nur moralisch aufgeladen. In Deutschland geht es fast schon in Richtung Ersatzreligion. Da gibt es gute und böse Energiequellen und wer sich für die „falsche“ Energiequelle entscheidet, ist ein Rechtspopulist.
„Doch davon redet man in Brüssel nicht so gern, schon gar nicht vor der Sommerpause. Hier wird sogar noch das endlose Gemetzel in der Ukraine als Erfolg verkauft…“ – wohl wahr, man hat erhebliche Wahrnehmungsstörungen der Wirklichkeit in Brüssel (fast wie Don Quichotte).
KK
14. Juli 2023 @ 18:12
“Viele EUropäer … können sich keinen Urlaub leisten.”
It’s not a bug, it’s a feature:
Das ist eine durchaus beabsichtigte Klimaschutzmassnahme!
Katla
14. Juli 2023 @ 17:23
@KK: ja, der Eindruck drängt sich auf! Aber diese „Klimaschutzmassnahme “ gilt dann wohl für Wohlhabende eher nicht. Die Rettung des Klimas durch Verzicht ist allein Sache der Armen.