Klatsche für Tusk und die EU: PiS-Kandidat gewinnt Wahl in Polen
Es ist eine Klatsche für den polnischen Premier Tusk und seine Freunde in der EU: Der Kandidat der rechtskonservativen PiS, Karol Nawrocki, hat die Präsidentenwahl knapp für sich entschieden.
Große polnische Medien riefen Nawrocki zum Sieger aus, die Wahlleitung in Warschau bestätigte das Ergebnis nach Abschluss der Stimmauszählung.
Der Sieg des 42-jährigen EU-Skeptikers lässt Veränderungen am außen- und innenpolitischen Kurs des Nachbarlandes erwarten, das in der EU und der Nato eine wichtige Rolle spielt.
So dürfte Polen sich wieder stärker an die USA anlehnen. Die Trump-Administration hatte sich aktiv in den polnischen Wahlkampf eingemischt und für Nawrocki Partei ergriffen.
EU-Spitze hat sich eingemischt
Demgegenüber hat die gesamte EU-Spitze für Tusks Kandidaten Rafal Trzaskowski geworben, den Bürgermeister von Warschau. Allerdings kann die EU auch mit der PiS leben – sie hat das Land von 2015 bis 2023 regiert.
Schon damals haben sich Kommissionschefin von der Leyen und die konservative EVP unter dem CSU-Mann Weber als wendig erwiesen. Auch heute sind sie flexibel, wenn es sein muß.
Um sich Mehrheiten zu beschaffen, haben von der Leyen und Weber schon bei der Europawahl für punktuelle Bündnisse mit der EKR-Fraktion geworben – der auch die PiS angehört.
Der Rechtsruck geht weiter
Seither gibt es im Europaparlament immer wieder rechte Mehrheiten – mit EVP und EKR. Dass dort auch die PiS mitmischt, hat von der Leyen und Weber nicht gestört.
Im Gegenteil – sie haben sich den Rechtsruck in der EU zunutze gemacht. Die Rechtsdrift setzt sich nun fort – nach Rumänien und Portugal auch im tief gespaltenen Polen…
Siehe auch Rechtsruck in Portugal – und in Rumänien
Arthur Dent
2. Juni 2025 @ 23:27
Rechts im Sinne von konservativ oder Rechts im Sinne von neofaschistisch? Für Faschismus fehlen mir immer die Mauern, Stacheldraht, Schießbefehl, willkürliche Verhaftungen, Geheime Staatspolizei, marodierende paramilitärische Einheiten, Todesstrafen am Fließband für Bagatellvergehen (von 1933 – 1945 hat es in Deutschland 16.000 zivilrechtliche Todesurteile gegeben, etwa 12.000 wurden vollstreckt).
Dr. Rolf Lindner
2. Juni 2025 @ 18:11
Dass Nawrocki nur von etwas mehr als der Hälfte Wahlteilnehmer gewählt wurde, zeigt, dass auch in Polen die polenfeindliche Propaganda aus Brüssel und der Linken Gehör findet. Natürlich sind die Polen in keiner Weise geistig so umnebelt wie die Deutschen, aber angesichts der Tatsache, dass die Tatsachen für jeden ersichtlich auf dem Tisch liegen, sind die Wahlerfolge der Rotgrünen und in Deutschland besonders der Schwarzrotgrünen mehr als verwunderlich.
KK
2. Juni 2025 @ 13:08
“Die Trump-Administration hatte sich aktiv in den polnischen Wahlkampf eingemischt und für Nawrocki Partei ergriffen.
…
Demgegenüber hat die gesamte EU-Spitze für Tusks Kandidaten Rafal Trzaskowski geworben, den Bürgermeister von Warschau.”
Da könnte sich das polnische Verfassungsgericht ja jetzt ein Beispiel an den Kollegen in Rumänien nehmen und die Wahl wegen Einmischung von aussen einfach annulieren, nicht wahr? 😉
Arthur Dent
2. Juni 2025 @ 11:48
Noch ist Polen nicht verloren…
Vielleicht wollen die Polen erst einmal Polen sein und weniger ein stets “besorgter weltoffener Weltbürger”. Niemand will ein beliebiger und austauschbarer “Europäer” sein, viele Menschen verbinden mit ihrer Staatsangehörigkeit auch ihre Identität. Bei den meisten Menschen endet nämlich ihre Souveränität an den Grenzen ihres Landes, man will, dass die Politik zuerst die landeseigenen Probleme löst. Was ist daran nationalistisch?
Lucki
2. Juni 2025 @ 11:22
Das ist doch kein Rechtsruck, vielmehr eine Linksflucht.
Helmut Höft
2. Juni 2025 @ 10:58
So dürfte Polen sich wieder stärker an die USA anlehnen. Donald John auf der Suche nach einem 51ten Bundesstaat, Tipp: “Donald, greif zu!”
Nach allem was man über Nawrocki weiß, H.L. Mencken hat mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen: We move toward a lofty ideal. On some great and glorious day the plain folks of the land will reach their heart’s desire at last, and the White House will be adorned by a downright moron. (An irgendeinem großen und glorreichen Tag werden die einfachen Leute des Landes endlich ihren Herzenswunsch erfüllen, und das Weiße Haus wird von einem regelrechten Schwachkopf geschmückt werden.) https://www.newspapers.com/article/the-evening-sun-h-l-mencken-larger-e/124106233/
Das Weiße Haus? Es steht nicht nur in Washington, auch in Paris, Rom, Berlin, jetzt auch(?) in Warschau … es würde doch sehr interessieren, was die Leute letzten Endes wirklich wollen. m(
Bogie
2. Juni 2025 @ 10:07
Wann werden diese sogenannten Pro-Europäer, die in Wirklichkeit sehr häufig zumindest den Eindruck erwecken, Politik gegen den Großteil der Bevölkerung in der EU zu machen, begreifen, dass das Schaffen eines größer werdenden Prekariat und von Unzufriedenheit bis weit in die Mittelschicht hinein, nahezu zwangsläufig in „Protestwahlen“ mündet.
Die Menschen wollen zunächst einmal, dass sie ein gutes und sorgenarmes Leben führen können. Derzeit haben nicht kleine Teile der Bevölkerung, ob zu Recht oder zu Unrecht, das Gefühl, dass sich die selbsternannten Eliten darum gerade überhaupt nicht kümmern.
Vielmehr produzieren sie nach wie vor leere Worthülsen, Waffen gegen tatsächliche und vor allem imaginierte Bedrohungen. Und als sei das noch nicht genug, stopfen sie unglaubliche Ressourcen in einen Staat, der weder unter ökonomischen noch unter politischen Aspekten in die EU gehört, unter dem Vorhand der „heiligen Grenzen“ und des Völkerrechts (Kosovo, Afghanistan, Irak, Libyen und andere lassen grüßen).
Das Sahnehäubchen sind dann noch die massiven Glaubwürdigkeitsprobleme, nicht zuletzt ausgelöst durch die Abkehr vom gestern noch so wichtigen Klimathema, den Korruptionsskandalen und dem Umgang mit Wahlaussagen (oft noch am Wahlabend).
Weiterwurschteln wie bisher wird uns geradewegs in die Hände der Nationalisten führen und dann haben diese die Strukturen, die Waffen und die Feindbilder die sie benötigen.
KK
2. Juni 2025 @ 13:23
“…und dann haben diese [die rechten Nationalisten] die Strukturen, die Waffen und die Feindbilder die sie benötigen.”
Treffer, versenkt.
Was die Nazis erst noch schaffen mussten, bereitet die sogenannte liberale Demokratie seit ein paar Jahren schon mal vor: Verengung des Meinungskorridors, Kriminalisierung von Meinungen, Bestrafung bis zur faktischen Verbannung ohne Gesetz und Verhandlung (Lipp und Röper)… es ist wohl auch nur noch eine Frage der Zeit, wann die in Art. 2 Abs. 1 EMRK ja ausdrücklich vorgesehene, aber 2002 durch Protokoll 13 dann verbotene Todesstrafe wieder zur Disposition gestellt wird.
Skyjumper
2. Juni 2025 @ 09:49
Zwar wird nicht nur hier im Blog von einen weitergehenden Rechtsruck in der EU/Polen gesprochen, sondern das ist heute Morgen allgemeiner Tenor in den Medien. Ich frage mich allerdings worin denn dieser Rechtsruck in Polen bestehen soll?
Bisher hatten “wir” einen polnischen Präsidenten Duda, welcher die beiden letzten Präsidentschaftswahlen in Polen mit jeweils 1-2 % Stimmenvorsprung gewonnen hat. Duda war (ist es geistig immer noch) PiS-Mitglied.
Nunmehr haben die Polen Nawrocki gewählt, erneut ein PiS-Mitglied, und das auch wieder mit einen knappen Vorsprung. Ich kann da keinen Rechtsruck Polen’s erkennen, lediglich ein Verharren im bisherigen. Und bei dem einen oder anderen Wähler vielleicht mit dem Hintergedanken, dass es gar nicht so verkehrt ist wenn sich Präsident und Premier gegenseitig auf die Finger gucken und Exzesse in die eine oder andere Richtung verhindern.
ebo
2. Juni 2025 @ 10:43
Nun ja, zwischendurch ist Tusk zum Premier gewählt worden. Und seitdem dachte man in Brüssel, Polen sei liberaler geworden. Dem ist aber offenbar nicht so – von leicht nach links ging es nun wieder leicht nach rechts. Aber ich gebe Ihnen Recht: Ein klarer Rechtsruck war das in Polen nicht. Der ergibt sich erst, wenn man die Wahlen in Deutschland, Rumänien und Portugal mit einbezieht…
Kleopatra
3. Juni 2025 @ 09:57
Angesichts der „Qualitäten“ des Wahlsiegers wird man davon ausgehen können, dass die Wähler strikt nach der Partei gingen, die die Kandidaten aufgestellt hat. So dass die PiS auch den sprichwörtlichen Besenstiel aufstellen könnte und er würde grob die Hälfte der Stimmen erhalten …