Keine leichte Wahl für (Expats aus) Deutschland
Die Europawahl ist immer noch nicht richtig europäisch. Das merken derzeit auch die “Expats” aus Deutschland. Sie müssen einen bürokratischen Hürdenlauf überwinden, um überhaupt wählen zu können.
Das habe ich gerade selbst erlebt. Eigentlich wollte ich in Brüssel wählen, wo ich lebe und arbeite. Doch obwohl ich schon an der Kommunalwahl im Oktober teilgenommen habe und ordentlich gemeldet bin, kamen keine Wahlunterlagen. Belgien ignoriert die Expats aus Europa.
In Deutschland läuft es nicht besser. Auch von meinem früheren Wohnsitz in Düsseldorf kam – nichts. Keine Aufforderung, keine Information. Ohne Google oder Twitter (da läuft Werbung) hätte ich womöglich nicht einmal die Informationen des Bundeswahlleiters gefunden!
Denn auch die Deutsche Botschaft in Belgien bzw. das Konsulat in Brüssel hält es nicht für nötig, “seine” Expats zu informieren. Nicht einmal in der “EU-Hauptstadt”, wo Tausende Deutsche beruflich mit Europapolitik beschäftigt sind, kümmert man sich! Ein Armutszeugnis.
Gerade in Brüssel sollte es doch möglich sein, die deutschen Staatsbürger zu informieren. Es wäre wohl auch nicht zu viel verlangt, in der deutschen Vertretung ein Wählerverzeichnis auszulegen – oder vielleicht sogar eine Wahlkabine aufzustellen. Doch es passiert – nichts!
Deshalb muß der “Expat” einen Antrag stellen – in dem Ort, in dem er zuletzt gemeldet war. Dabei gilt es u.a. anzugeben, wann man sich zuerst an- und wann abgemeldet hat. Ja, wer weiß denn so etwas – zumal, wenn er in diesem Ort seit seiner Kindheit gelebt hat? Schwierig…
Dass es keine leichte Wahl ist, zeigt auch ein Blick auf den Stimmzettel. In NRW stehen nicht weniger als 40 Listen zur Wahl! Dabei hatte die Bundesregierung monatelang die EU-Partner genervt, um eine Sperrklausel einzuführen und kleine Gruppen wie DIE PARTEI zu blockieren. Ein unnötiger Schlag ins Wasser!
Die aus Brüssel bekannten Spitzenkandidaten hingegen sucht man vergebens auf dem Stimmzettel. Kein Manfred Weber, kein Frans Timmermans – nur deutsche Listenführer stehen in Deutschland zur Abstimmung. Wer Weber wählen will, muß wohl Bayer sein, für NRW steht Hans-Peter Liese auf Platz eins.
Ich kenne Liese – schließlich ist es mein Job, über die deutschen Europaabgeordneten zu berichten . Aber Hand aufs Herz: Wer kennt schon Liese? Ich fürchte, dass der Arzt aus Meschede noch weniger bekannt ist als CSU-Mann Weber – den auch nur jeder vierte Deutsche kennt…
Mehr zur Europawahl hier, aktuelle Wahlumfragen und Projektionen hier
Holly01
2. Mai 2019 @ 16:53
Kann der Bundeswahlleiter die deutschen Parteien nicht dazu zwingen auf einer gemeinsamen Liste zu kandidieren?
Die erzählen doch sowieso alle den selben Unsinn ….
vlg
Deutsche Botschaft Brüssel
2. Mai 2019 @ 16:15
Die deutsche Botschaft in Brüssel freut sich über jeden Beitrag, der auf die EP Wahlen hinweist, denn wir wollen alle eine möglichst hohe Wahlbeteiligung erreichen.
Das deutsche Wahlverfahren stellt sicher, dass deutsche Staatsbürger, die im Bundesgebiet keinen Wohnsitz haben, dennoch unproblematisch an Wahlen teilnehmen können. Anders als in vielen Ländern, in denen die Bürger gezwungen sind, für Wahlen nach Hause zu reisen oder in die jeweilige Hauptstadt zu kommen, sieht die deutsche Regelung die Briefwahl vor, die ein jeder individuell und von überall aus, ohne die Notwendigkeit, irgendwo hinreisen zu müssen, ausüben kann.
Dazu können sich die wahlberechtigten Bürger im Ausland im Wählerverzeichnis ihres letzten deutschen Wohnsitzes registrieren lassen (oder mangels eines solchen beim Wahlleiter des Bezirkes Berlin Mitte). Diese Eintragungen werden natürlich beim Bundeswahlleiter auf Doppeleintragungen geprüft, um eine mehrfache Wahlteilnahme und damit eine Verfälschung des Wahlergebnisses zu vermeiden.
Eine Meldepflicht im Ausland, z.B. bei der örtlich zuständigen deutschen Auslandsvertretung, besteht nicht, ebenso gibt es kein zentrales deutsches Melderegister, auf das die Botschaften Zugriff hätten.
Die deutschen Auslandsvertretungen veröffentlichen die Wahlbekanntmachung in ihrem Amtsbezirk auf eine am Dienstort angemessene Art und Weise. Hierfür werden primär elektronische und zunehmend auch soziale Medien genutzt, so auch in Belgien. Die Botschaft hat die Wahlbekanntmachung vor Monaten auf ihrer eigenen Website veröffentlicht und über Facebook, Twitter, Yahoogroups etc. bekannt gemacht und dies mehrfach wiederholt.
Da die Frist für Anträge auf Eintragung ins Wählerregister jetzt nach vielen Wochen tatsächlich am Sonntag, den 05.05.2019 abläuft, müssen Interessierte jetzt sehr schnell handeln.
Als wichtigsten Link in Sachen Wahlteilnahme aller Art möchten wir Ihnen dazu http://www.bundeswahlleiter.de empfehlen.
ebo
2. Mai 2019 @ 16:23
Vielen Dank für die ausführliche Stellungnahme! Den Link hatte ich bereits in meinem Beitrag empfohlen, er hat auch mir geholfen. Das Grundproblem bleibt allerdings ungelöst, gerade in und für Brüssel. Wenn eine Europawahl so wichtig ist wie diese, sollte es doch möglich sein, für die Expats eine Lösung vor Ort zu finden…
Kleopatra
2. Mai 2019 @ 08:18
Wenn man sich in die Liste der Deutschen im Ausland einträgt, die vom Auswärtigen Amt geführt wird (über Internet – Elektronische Erfassung von Deutschen im Ausland – http://elefand.diplo.de), wird man über email nicht nur auf die (vor jeder Wahl) notwendige Eintragung in die deutsche Wählerliste aufmerksam gemacht, sondern bekommt sogar die Antragsformulare (als PDF). Wenn man hingegen am Wohnort an der Europawahl teilnehmen will, registriert man sich beim ersten Mal und wird m.W. für die kommenden Wahlen einfach weitergeführt. Da man aber in beiden Staaten potenziell wahlberechtigt ist (auch wenn man nur in einem wählen darf), muss man hier aktiv werden und dem Wohnsitzstaat mitteilen, dass man dort wählen möchte; und das ist der Unterschied zur Kommunalwahl, bei der man in jedem Fall wahlberechtigt ist.
[Jedenfalls funktioniert es bei mir in Wien wie oben beschrieben. Vielleicht ist das in anderen Ländern anders …].
Dass die deutschen Behörden deutsche Staatsbürger im Ausland nicht von sich aus anschreiben, ist kein Wunder (sie wissen ja gar nicht, wie jemand ohne Adresse im Inland zu erreichen ist bzw. wo er sich aufhält).
ebo
2. Mai 2019 @ 09:36
Dank für den Hinweis. Ich bin bei Elefand registriert, habe jedoch keine Benachrichtigung bekommen. Über die Registrierung ist übrigens sowohl mein letzter deutscher Wohnsicht als auch meine aktuelle Adresse in Brüssel verzeichnet. Wieso sollte es da nicht möglich sein, eine Wahl vor Ort zu organisieren? Wie gesagt, in Brüssel leben nicht ein paar Dutzend, sondern Tausende Deutsche. Es geht um die Europawahl, und Brüssel ist die “EU-Hauptstadt”…
Lars
15. Mai 2019 @ 09:55
Bin in der Liste eingetragen, hab’ auch nix erhalten.
Nun ist 5. Mai vorbei…wieso zum Geier wird man nicht automatisch registriert.
Frustrierend.