Keine Konzessionen – Erste Dokumente

Will sie nicht, oder kann sie nicht? Im Streit um den “European way of life” will die kommende Kommissionschefin von der Leyen nicht nachgeben. Überzeugen kann sie aber auch nicht.

Sie war gekommen, um die Wogen zu glätten. Der Ärger über den „European Way of Life“ und die Migrationspolitik sei doch nur ein Missverständnis, sagte die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag vor den Fraktionschefs des Europaparlaments in Straßburg.

Doch nach zweistündiger Debatte in der „Konferenz der Präsidenten“ war klar: Von der Leyen hat nicht überzeugt, der Streit geht weiter. Zwei Wochen vor Beginn der Anhörungen der designierten neuen EU-Kommissare ist von der Leyen und ihr Team in die Defensive geraten.

Dabei hat sie doch – nach eigenem Bekunden – nur das Beste gewollt. Als sie den designierten Migrationskommissar Margaritis Schinas mit dem „Schutz des europäischen Lebensstils“ beauftragte, will sie vor allem an Menschenwürde, Toleranz und Weltoffenheit gedacht haben.

Für manche sei der Begriff “europäische Lebensweise” politisch zu aufgeladen, schrieb sie in einem Gastbeitrag für mehrere europäische Tageszeitungen. “Ich bin da anderer Meinung. Ich bin überzeugt, dass wir uns unsere Begriffe von Europas Gegnern nicht nehmen lassen dürfen.“

Europas Gegner – damit sind Nationalisten und Rechtspopulisten gemeint, die in Flüchtlingen eine Bedrohung sehen. Doch ausgerechnet von denen bekommt von der Leyen nun Beifall. Marine Le Pen, die Führerin der französischen Nationalisten, feiert einen „ideologischen Sieg“.

Linke, Grüne, Liberale und Sozialdemokraten hingegen sind entsetzt. Sie sehen sich in ihrer Kritik bestätigt, dass die CDU-Politikerin mit dem Schutz des „European way of life“ die Sprache der Rechten übernimmt, zumindest aber um sie wirbt. Von der Leyen müsse das ändern, so die Forderung.

Der Ko-Fraktionschef der Linken, Martin Schirdewan, kam sogar mit einem Vorschlag: „Wir haben einen anderen Titel vorgeschlagen – ein Europa der Vielfalt und der Solidarität.“ Doch darauf sei von der Leyen nicht eingegangen. „Sie ist nicht zu Konzessionen bereit“, so Schirdewans Fazit.

Ähnlich sahen das die anderen Fraktionen. Nur die EVP hält treu zu von der Leyen. Fraktionschef Manfred Weber will überhaupt kein Problem erkennen. Man solle stolz darauf sein, Europäer zu sein, meint er trotzig. “Wollt ihr etwa den chinesischen Way of Life”, ruft er Kritikern zu…

Watchlist

  • Was steht in den Dokumenten, die London nach Brexit geschickt hat? Geht es im Brexit-Streit endlich zur Sache? Darüber will EU-Unterhändler Barnier am Freitag mit dem britischen Brexit-Minister Barclay sprechen. Sie stehen unter Zeitdruck: Frankreich und der finnische EU-Vorsitz verlangen, dass bis Ende September ein ausformulierter Vorschlag vorliegt. London hat diese Deadline allerdings zurückgewiesen. Mehr hier

Was fehlt

  • Der globale Klimastreik. Für die globale Streikwoche der “Fridays for Future”-Bewegung, die Freitag beginnt, sind Proteste in mehr als 2300 Städten in 137 Staaten angekündigt. Auch in Deutschland stehen zahlreiche Aktionen an. Ebenfalls am Freitag will die Bundesregierung einen Plan zum Schutz des Klimas vorlegen. Ein rein nationaler Plan sei anachronistisch, kritisiert die grüne Bundestagsabgeordnete Brantner. Mehr dazu hier