(Keine) Klare Ansage zu Venezuela
Wie stellt sich die EU zur Lage in Venezuela? Gibt es eine gemeinsame Haltung aller 28 Mitgliedstaaten, oder macht jeder was er will? Die EU-Kommission konnte diese Fragen nicht beantworten, auch die Bundesregierung eiert rum.
Berlin und Brüssel forderten Neuwahlen, nachdem am Mittwoch Hunderttausende Menschen gegen Präsident Maduro protestiert hatten und Oppositionsführer Juan Guaido sich zum neuen Präsidenten ausgerufen hatte.
In Brüssel vermied es allerdings die Kommissions-Sprecherin, Guaido als neuen Präsidenten anzuerkennen. Damit setzt sich die EU von den USA ab, die Guaido als neuen Präsidenten akzeptiert hatten.
Dagegen sicherten Russland und die Türkei Maduro ihre Unterstützung zu. Damit wird die Staatskrise in Südamerika zunehmend zu einem internationalen Konflikt – in den auch Europa hineingezogen wird.
Denn die Türkei will ja bekanntlich immer noch EU-Mitglied werden. Normalerweise müsste es sich deswegen an die gemeinsame außenpolitische Linie der EU halten. Doch gibt es überhaupt eine Linie?
Und so oft in solchen Fällen ist nicht klar, ob die EU-Außenbeauftragte Mogherini für alle Mitgliedstaaten spricht, oder für sich allein, oder nur für eine Handvoll von EU-Ländern. Ein Trauerspiel!
Statt eine klare Ansage zu machen, eiern die EU-Politiker rum. Dabei hatten Kanzlerin Merkel und Präsident Macron doch noch am Montag in Aachen geschworen, die EU außenpolitisch stärken zu wollen…
P.S. Auch die deutsche Haltung scheint widersprüchlich zu sein. Die EU habe sich klar geäußert, twittert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Röttgen (CDU). “Das Außenministerium hat aber bisher seine Position nicht mit derselben Klarheit bezogen”, fügt er auf hinzu. “Deutschland muss Position beziehen und das tapfere venezuelanische Volk in seinem Kampf für Demokratie unterstützen.” Das ist wohl eine Spitze gegen Außenminister Maas!?
P.P.S. Nun (26.1.19) sind Deutschland, Frankreich und Spanien vorgeprescht. Sie stellen Maduro ein Ultimatum und verlangen, in einer Woche Neuwahlen anzusetzen. Andernfalls würden sie Guaido anerkennen. Allerdings fehlte zunächst Großbritannien, das sonst immer sofort eingebunden wurde. Auch die “kleinen” EU-Länder wie Italien haben offenbar nichts zu melden!?
Siehe auch “Demokratie per Ultimatum?”
Fritz - Ulrich Hein
27. Januar 2019 @ 10:39
Merkel-Deutschland und Mogherini-EU wollen also einen nicht gewählten Präsidenten anerkennen und stellt Forderungen? Bei den nächsten Wahlen lasse ich mich aufstellen, zweifle die Wahl an und erkläre mich zum Bundeskanzler oder EU-Präsident. Was dann, liebe EU und Deutschland?
Der Venezuela-Kenner und ehemalige Schweizer Botschafter in Venezuela, Walter Suter, zeichnet ein wohl realistischeres Bild davon, was derzeit bzw. schon vor Jahren in dem Land beabsichtigt war: Eine Regimechange Venezuelas, um mit einer US-treuen Marionettenregierung das Erdöl Venezuelas privatisieren zu können. Unter Chaves und Maduro wurden zahlreiche Verbesserungen für die Bevölkerung umgesetzt. Erst mit den US-Sanktionen gegen Venezuela wurde die Lage für die Menschen schlecht, da selbst Unternehmen und Nationen, die nach Venezuela liefern wollten, ins Kreuzfeuer der Sanktionen gerieten. Die dramatische Versorgungslage ist also den US-Sanktionen, begonnen unter Obama, zu verdanken und nicht einem Mangel an Demokratie. Die EU sollte das eigentlich wissen.
https://bazonline.ch/ausland/europa/Europaeer-setzen-Maduro-ein-Ultimatum/story/13681866
Peter Nemschak
27. Januar 2019 @ 11:57
Meinen Sie, dass das korrupte Regime unter Maduro vorzuziehen ist ? Allein die Unterstützung durch autoritäre Regime in Lateinamerika, Europa und China zeigt, wes Geistes Kind jene sind, die linke und rechte Diktaturen unterstützen. Offenbar gehören Sie dazu.
Georg Soltau
29. Januar 2019 @ 20:29
Schade dass Sie persönlich und unsachlich werden.
Peter Nemschak
27. Januar 2019 @ 16:23
Chile, das Sie es als Negativbeispiel nennen, geht es wirtschaftlich ungleich besser als dem erdölreichen Venezuela. Nehmen Sie ihre ideologische Brille ab, damit Sie klarer sehen können.
Georg Soltau
29. Januar 2019 @ 20:39
Da kann man doch trefflich streiten was den Blick mehr behindert : die ideologische Brille oder die Scheuklappen
Peter Nemschak
26. Januar 2019 @ 21:01
Klar: schon wieder Russland und China, die Feinde einer liberalen Ordnung. haben sich geoutet: ein feindliches politisches Pack auf der Weltbühne, das ideologisch irregeleitete Menschen vom politischen Rand im Westen nicht wahrhaben wollen.
ebo
26. Januar 2019 @ 21:07
Naja, ganz so simpel ist es nicht. Die Türkei steht auch hinter Maduro. Und dann noch Mexiko, Nicaragua, Bolivia und Cuba…
Peter Nemschak
27. Januar 2019 @ 09:24
Die von Ihnen genannten Staaten (rechte und linke autoritäre Regime) sind nicht gerade Leuchttürme der Demokratie und Garanten unseres guten Lebens in Europa. Trump hat Probleme sichtbar werden lassen, aber er hat die falschen Therapien. Statt sich in einem Rundumschlag mit der Welt, insbesondere mit den Verbündeten der USA, anzulegen, sollte sich Trump, so George Soros, auf die Einhegung Chinas konzentrieren. Die USA und die EU sollten angesichts der Bedrohungen durch autoritäre Regime gemeinsam die Rolle des wohlwollenden Hegemons auf der Welt übernehmen, nachdem die USA alleine mit dieser Rolle überfordert sind. Chinas und Russlands Machtansprüche sind mit unseren Vorstellungen des guten Lebens in einer liberalen Demokratie nicht vereinbar. Das Ende der Geschichte, wie nach dem Ende der Sowjetunion von Fukuyama behauptet wurde, ist nicht eingetreten und wird auch, so wie die Menschen gestrickt sind, nie eintreten.
Fritz - Ulrich
27. Januar 2019 @ 10:46
@Peter Nemschak, dass Sie ausgerechnet Soros nennen, der schon in Chile zur Ausbeutung der Erzvorkommen beitrug und in der Ukraine seine Finger im Spiel hatte. spricht Bände.
Peter Nemschak
26. Januar 2019 @ 11:26
@ebo Ist doch beruhigend, dass die EU in Sachen Venezuela keinen Schnellschuss abgibt. Schließlich müssen sich 28 Mitgliedsstaaten erst einmal untereinander abstimmen, was bestätigt, dass die EU derzeit eher intergouvernmental als supranational agiert. Wenn Sie Schnellschüsse wollen, sind Sie bei Trump gut aufgehoben. Schnellschüsse bergen allerdings das Risiko, dass sie nach hinten losgehen können. Statt sich mit einer Mauer an der Südgrenze der USA zu verzetteln wäre Trump besser beraten, den Machthabern in Venezuela – im wesentlichen geht es um das Militär – einen friedlichen und für sie persönlich attraktiven Rückzug bei voller Amnestie in ein sicheres Exil zu ermöglichen, die neue Regierung politisch und finanziell zu unterstützen, bei dieser Gelegenheit chinesische Kredite, die auf den Erdölfeldern Venezuelas besichert sind, abzulösen und damit den Einfluss der USA in der Region zu stärken. Die EU sollte durch ihr Verhalten diese Alternative unterstützen. Ein Bürgerkrieg in Venezuela würde bloß große Migrationswellen nach Norden auslösen und wäre daher kontraproduktiv.
ebo
26. Januar 2019 @ 11:56
Deutschland erwägt, sich Trump anzuschließen. Wie üblich…
Peter Nemschak
25. Januar 2019 @ 14:42
@ebo Die Interessen Spaniens an Venezuela müssen sehr geheim sein. Sonst hätte man von ihnen schon gehört. Dass China als Großgläubiger ein wirtschaftliches Interesse an Venezuela hat, ist offenkundig. Es wäre zweckmäßig, würde sich die EU mit den USA in Sachen Venezuela abstimmen. An einem wirtschaftlichen und politischen Machtzuwachs Chinas haben beide kein Interesse. Trump sollte endlich erkennen, dass der größte Feind einer liberalen Demokratie China ist. Allerdings wird ihm diese Erkenntnis schwer fallen, nachdem er selbst mit liberaler Demokratie nichts anzufangen weiß.
Pjotr56
24. Januar 2019 @ 17:08
Das ist jetzt aber kein Plädoyer für einen von außen befeuerten Regime-Change in Venezuela, oder?
Ich empfehle auf amerika21 zu lesen, was in der Region Sache ist.
Ein guter Indikator für Verstöße gegen das Völkerrecht sind jeweils die Aussagen des US-Bandwurms Röttgen, powered by Atlantikbrücke.
Egon Bahr sagte mal: “In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.”
Peter Nemschak
25. Januar 2019 @ 14:30
Was sind die Interessen der EU in Venezuela?
ebo
25. Januar 2019 @ 14:33
Fragen Sie mal in Spanien nach.
Pjotr56
25. Januar 2019 @ 16:09
Zunächst mal ist die EU, lt. eigener Definition, eine Wertegemeinschaft, deren Mitglieder sich allesamt der UN-Charta angeschlossen haben.
Zur Erinnerung:
“Die Vereinten Nationen setzen sich folgende Ziele:
1. den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen;
2. freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen;
3. eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen;
4. ein Mittelpunkt zu sein, in dem die Bemühungen der Nationen zur Verwirklichung dieser gemeinsamen Ziele aufeinander abgestimmt werden.
Artikel 2
Die Organisation und ihre Mitglieder handeln im Verfolg der in Artikel 1 dargelegten Ziele nach folgenden Grundsätzen:
1. Die Organisation beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder.
2. Alle Mitglieder erfüllen, um ihnen allen die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Rechte und Vorteile zu sichern, nach Treu und Glauben die Verpflichtungen, die sie mit dieser Charta übernehmen.
3. Alle Mitglieder legen ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel so bei, daß der Weltfriede, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden.
4. Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.
5. Alle Mitglieder leisten den Vereinten Nationen jeglichen Beistand bei jeder Maßnahme, welche die Organisation im Einklang mit dieser Charta ergreift; sie leisten einem Staat, gegen den die Organisation Vorbeugungs- oder Zwangsmaßnahmen ergreift, keinen Beistand.
6. Die Organisation trägt dafür Sorge, daß Staaten, die nicht Mitglieder der Vereinten Nationen sind, insoweit nach diesen Grundsätzen handeln, als dies zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlich ist.
7. Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung auf Grund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden; die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII wird durch diesen Grundsatz nicht berührt.”
Quelle:
http://www.ag-friedensforschung.de/themen/UNO/charta.html
Albrecht Müller (NDS) ist zuzustimmen, wenn er heute schreibt “dass es Sache der Venezolaner ist, von wem sie regiert werden wollen und die USA sowie der Rest des „Wertewestens“ schlicht kein Mandat dafür haben, über den Kopf der Venezolaner hinweg zu entscheiden, welche Regierung oder welcher Präsident der „Richtige“ ist.”