„Keine Erkenntnisse“ über Angriffspläne aus Russland
Rund 90 Millionen Euro kostet der Aufmarsch der Bundeswehr beim größten Nato-Manöver seit dem Ende des Kalten Kriegs. Deutschland hat 10.000 Soldaten nach Norwegen geschickt – warum eigentlich?
Das kann (oder will) die Bundesregierung auch nicht so recht sagen. Zwar deutet alles darauf hin, dass die Bundeswehr zusammen mit den Nato-Alliierten übt, wie ein Angriff Russlands abzuwehren wäre.
Schließlich grenzt Norwegen im Norden an Russland – und die Truppen proben die Rückeroberung eines von „fremden Truppen“ besetzen Gebietes. Die Krim und ihre „grünen Männchen“ lassen grüßen.
Doch wenn man nachfragt, ob konkrete Hinweise auf russische Angriffspläne vorliegen, gibt sich die Bundesregierung ahnungslos. Der Linken-Abgeordnete A. Hunko hat es versucht – hier die Antwort:
14. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung oder nachgeordneter Behörden konkrete Hinweise (auch geheimdienstliche) auf eine tatsächlich bevorstehende militärische Invasion oder zumindest Invasionspläne bzw. -absichten seitens Russlands in die baltischen Staaten und Polen? Wenn ja, welche?
Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.
15. Besitzen die Bundesregierung oder die nachgeordneten Behörden Kenntnisse darüber, ob Russland die Absicht hat, NATO-Staaten, wie die baltischen Staaten oder Polen mit konventionellen Waffensystemen anzugreifen?
Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.
„Keine Erkenntnisse“ können aber wohl kein Grund für riesige Manöver sein. Wir dürfen den Grund also ganz woanders vermuten – im Versuch, eine militärische Führungsrolle in Europa zu übernehmen.
Dafür spricht ein Bericht der „Tagesschau“: Die Bundeswehr wolle mit dem logistischen „Kraftakt Eindruck machen“ – und beweisen, dass sie in der Lage ist, alliierte Truppen zu führen.
Schließlich übernimmt Deutschland im kommenden Jahr die Leitung der neuen Nato-Einheit „Very High Readiness Joint Task Force“ (VJTF) die als Speerspitze gegen Russland aktiv werden soll.
Zudem will Berlin die Kritik von US-Präsident Trump am vergleichsweise niedrigen deutschen Militärbudget abwehren. Trump hatte beim letzten Nato-Gipfel sogar mit einem Rückzug der USA gedroht.
Aus deutscher Sicht scheint dies – der Abzug von US-Truppen – derzeit die größte sicherheitspolitische Gefahr zu sein. Um sie abzuwehren, probt man schon mal den Krieg gegen Russland…
Siehe dazu auch den Kommentar von Casdorff im „Tagesspiegel“: „Manche Provokation kann man sich sparen“ sowie meine Analyse „Die Krim wird zum Vorwand für jeden Unsinn“
Baer
27. Oktober 2018 @ 15:03
wieso glaubteigentlich irgend jemand,dass die amerikanische Angriffsmaschinerie schlagkräftig und damit unverzichtbar ist?
Sie ist schlichtweg eine Chaostruppe bei der nichts aber auch gar nichts funktioniert.
Alle Kriegseinsätze der Amerikaner haben in der Vergangenheit und in der Gegenwart zu deutlichen Verlusten geführt,und nirgendwo wurde ein Sieg,der sich so nenne darf errungen.
Also woher dieser Hype?
Lassen wir mal die Kirche im Dorf.
Die russische Seele ist mir tausenmd mal lieber als die amerikanische Hintertriebenheit,Dummheit und Selbstüberschätzung.
Siehe Nordstream2 etc.
Reinard Schmitz
26. Oktober 2018 @ 09:27
Darf ich mal wieder daran erinnern, dass es US-Doktrin ist, Russland grundsätzlich zu schwächen und von Westeuropa getrennt zu halten? Liest denn niemand? Es geht den USA doch einfach nur darum, den Einfluss hier zu erhalten.
Hinweis – Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft, ein Buch von Zbigniew Brzeziński
Peter Nemschak
26. Oktober 2018 @ 10:14
Das ist doch keine schlechte Strategie. Wir haben jahrzehntelang von ihr als Trittbrettfahrer der Amerikaner bestens profitiert. Nun müssen wir uns zunehmend auf unsere eigenen Kräfte verlassen, nachdem sich die weltpolitischen Gewichte verschoben haben. Wunschdenken über soziales und politisches Verhalten ist bequemer Selbstbetrug. Nehmen wir die Welt zur Kenntnis wie sie ist und nicht wie sie sein soll – ein permanenter Machtkampf um den Platz an der Sonne. Mit zunehmender Weltbevölkerung und knapper werdenden Ressourcen werden sich die Konflikte eher verstärken als abschwächen.
Claus
26. Oktober 2018 @ 07:42
Zeit Online, 2. Mai 2018: „Der Bundeswehr werden die Unterhosen knapp“. Dann hoff‘ ich mal, dass für die „Very High Readiness Joint Task Force“ (VJTF) im Kampf als Speerspitze gegen Russland genug Unterhosen (m/w/d) zur Verfügung stehen, damit es beim Marsch nicht unkomfortabel ist.
Im Übrigen heißt „Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor“ im Regierungssprech nicht „.Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor“, sondern: „Hierzu sagen wir nichts, fragen Sie gern was anderes.“
Peter Nemschak
25. Oktober 2018 @ 18:59
Wer verteidigungsbereit ist, lässt bei potentiellen Gegnern erst gar keine Angriffspläne entstehen. Lange Friedensperioden wie die jetzige schwächen den Wehrwillen von Gesellschaften. Worauf gründet sich die Vorstellung, dass sich das Verhalten von Individuen und Staaten in den letzten hunderten Jahren fundamental verändert hätte? Wer sich in der Welt umsieht, wird eher das Gegenteil wahrnehmen.
ebo
25. Oktober 2018 @ 19:39
Worauf gründet sich die Vorstellung, dass sich die Bundeswehr in Norwegen gegen den Abzug der US-Truppen aus Deutschland wehren muss? Laut Umfragen würde die Mehrheit der Deutschen den US-Truppen gerne „tschüss sagen. Niemand hat Angst vor einem „Einmarsch der Russen“, nicht einmal die Bundesregierung!