Keine Einigung auf nichts: Nun wackelt auch der “Green Deal”

Die Staats- und Regierungschefs können sich auf gar nichts mehr einigen. Polen, Energie, Handel – alle Streitfragen blieben beim letzten EU-Gipfel mit Kanzlerin Merkel offen. Gleichzeitig wurden neue Fronten eröffnet: Nun wackelt auch noch der “Green Deal”.

Merkel sei eine “Kompromissmaschine”, lobte Luxemburgs Premier die Kanzlerin zu ihrem Abschied. “Frau Merkel hat meistens doch was gefunden, was uns verbindet”, sagte Bettel.

Nun ja, diesmal nicht. Merkel stand bei allen wichtigen Themen auf der Bremse. Sie nahm sogar den polnischen Regierungschef Morawiecki in Schutz.

Am Ende der hochnotpeinlichen Rechtsstaats-Debatte gab es nicht nur keinen Kompromiß, sondern nicht einmal das sonst übliche Gipfel-Protokoll – man will die Meinungsverschiedenheiten unter dem Deckel halten.

Merkel zog sich auch den Zorn vieler Partner zu, weil sie die akute Energie(preis)krise herunterspielt. Spanien, Frankreich, Griechenland wollen, dass die EU handelt. Deutschland erreichte, dass man weiter wartet.

“Wait and see”, das war Merkels Devise in all den Jahren. Erst wenn es gar nicht anders ging, ließ sich Merkel auf einen Kompromiß ein – meist zu deutschen Bedingungen.

Das war übrigens auch in der Klimapolitik so. Merkel trat als “Klimakanzlerin” an – und machte dann jahrelang ihr eigenes Ding, mit dem Atomausstieg und mit Russland.

Am Ende mußte sie zum Jagen getragen werden. Erst auf Druck aus Frankreich willigte sie in ehrgeizigere Klimaziele und den “European Green Deal” ein. Erst nach der Europawahl kam die Wende.

Danach lief alles wie gehabt: Kommissionschefin von der Leyen, eine enge Merkel-Vertraute, stimmte ihre Klimastrategie “Fit for 55” mit Berlin ab. Die Vorschläge folgen in weiten Teilen dem CDU-Programm.

Doch nun wackelt auch der “Green Deal”. Beim EU-Gipfel stellten Ungarn, Polen und Tschechien kaum verhüllt den Klimaplan infrage – vor allem die geplante Ausweitung des Emissionhandels auf Verkehr und Gebäude stößt auf Widerstand.

Das seien “utopische Phantasien”, sagte Ungarns Regierungschef Orban. Die Pläne würden, wenn sie umgesetzt werden, Energie noch teurer machen und “die europäische Mittelschicht umbringen“.

Streit um Emissionshandel

Der polnische Premierminister Morawiecki machte Spekulationen im CO2-Handel für den Preisanstieg verantwortlich. Und Tschechiens Babis drohte sogar, die Gipfelrunde platzen zu lassen und Beschlüsse zu blockieren.

Babis wollte erreichen, dass der Emissionshandel in den Schlußfolgerungen des Treffens erwähnt wird. Das hat er zwar nicht geschafft – nun ist nur von einem Prüfauftrag die Rede.

Doch allen Beteiligten dürfte klar sein, dass der Emissionshandel – ein Kernstück des “Green Deals” – wackelt. Wir dürfen uns auf harte Verhandlungen gefaßt machen – künftig ohne “Kompromissmaschine”…