Keine Antwort auf “populistische Revolte”
Er hat viel geredet, aber wenig gesagt: Die letzte Rede von Kommissionschef Juncker zur “Lage der Union” vor der Europawahl fiel enttäuschend aus. Vor allem fehlte eine Antwort auf den Vormarsch von Nationalisten und Populisten.
Die Zeitumstellung wird abgeschafft, der Grenzschutz ausgeweitet, und künftig soll die EU auch mehr in der Weltpolitik mitmischen: Das kündigte Juncker in seiner Rede an. Sein Auftritt war schwach, der Beifall lahm.
Das lag auch daran, dass Juncker jede Analyse der “Lage der Union” vermissen ließ. Mit keinem Wort ging er auf den Vormarsch von Nationalisten und Populisten ein; die Krise in Italien und Schweden spielten keine Rolle.
Auch die Chefs der großen, etablierten Fraktionen ließen Antworten vermissen. Die EU sei “viel robuster als vor vier Jahren”, sagte EVP-Mann Weber – und bedankte sich bei Junckers “Führung”. In welcher Welt lebt der Mann?
Auch der Sozialdemokrat Bullmann sparte die Vertrauenskrise weitgehend aus. Dabei droht den Genossen bei der Europawahl ein historisches Desaster. In Frankreich und Italien sind sie schon weg vom Fenster.
Es blieb dem ehemaligen UKIP-Chef Farage vorbehalten, den Finger in die Wunde zu legen. “There is “no acknowledgement of the populist revolt“, feixte er. Die EU habe keine Lehre aus dem Brexit gezogen.
Da ist leider ‘was dran. Juncker & Co. haben zwar verhindert, dass sich der Brexit zum Flächenbrand ausweitet. Doch auf den Umstand, dass immer mehr Menschen Anti-EU-Parteien wählen, haben sie keine Antwort…
Siehe auch “Die wahre Lage der Union”
Peter Nemschak
12. September 2018 @ 12:06
In Frankreich geht die Unterstützung der Rechten bereits zurück. Das zögerliche Verhalten der politischen Mitte in der Frage Asyl und Migration hat den Rechten Aufwind gegeben. Klare Linien ziehen, auch wenn es manchen weh tut, ist besser als zu beschwichtigen. Man kann das ethnische Reinheitsgebot der Rechten genauso wie das Diversitätsgebot der Linken ins Absurde übertreiben. Vernünftige Politik trägt diesem Umstand Rechnung. Gesellschaften sind, das ist historisch nicht neu, nur beschränkt durch Zuwandnerung belastbar, ohne auseinander zu fallen.
Catwoman
13. September 2018 @ 13:42
Deinen Satz „Gesellschaften sind, das ist historisch nicht neu, nur beschränkt durch Zuwanderung belastbar, ohne auseinander zu fallen“ möchte ich mit den Worten von Alexander Gauland (AfD) aufgreifen:
Er zitiert folgendes in der Debatte zum EP04 am 12.9.2018 im Bundestag:
„Wir erteilen einer Ausweitung der Zuwanderung aus Drittstaaten eine klare Absage, denn sie würde die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft überfordern. Verstärkte Zuwanderung würde den inneren Frieden gefährden und radikalen Kräften Vorschub leisten.“
Gauland weiter: „So steht es geschrieben im Wahlprogramm der CDU/CSU von 2002. Das war eine korrekte Prognose. Die Frage ist nur, warum haben Sie, verehrte Kollegen der Union, sie nicht beherzigt?“