Kein türkischer Frühling – und keine europäische Antwort

Auch nach dem aus EU-Sicht enttäuschenden ersten Wahlgang in der Türkei hält sich Brüssel bedeckt. Die EU hat keine Wahlbeobachter geschickt – und wagt auch keine Kritik an den zahlreichen Unregelmäßigkeiten.

Ein “türkischer Frühling”, titelte die “Süddeutsche” vor der Wahl in der Türkei. Doch nach dem ersten Wahlgang droht eher eine neue Eiszeit, auch im Verhältnis zur EU.

Denn nicht der Wunschkandidat der EUropäer, Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, liegt vorn – sondern der wie ein Sultan herrschende Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Wenn Erdogan wiedergewählt wird, dürfte er versuchen, neue Milliarden aus dem europäischen Flüchtlingsdeal zu erpressen und EU-Mitglieder wie Griechenland, Zypern oder Schweden unter Druck zu setzen – wie gehabt.

Doch wer gehofft hatte, dass die EU klar Stellung bezieht, sieht sich getäuscht. Das Europaparlament hatte schon im Vorfeld klargestellt, dass man keine Wahlbeobachter schicken würde – und die Wahl auch nicht kommentieren wolle.

Die EU-Kommission rang sich nur zu einem Glückwunsch für die hohe Wahlbeteiligung durch. Zu den Berichten über zahlreiche Unregelmäßigkeiten sagte sie ebenso wenig wie zu der nun fälligen Stichwahl.

Hat man Angst vor Erdogan – oder vor seinen zahlreichen Wählern, die in Deutschland, Österreich und anderen EU-Ländern mobil machen? Oder folgt man wieder einmal den USA?

Biden backs ‘whoever wins’ in Turkish election“, schreibt “Politico” – US-Präsident Biden will jeden Wahlausgang akzeptieren. Von der Leyen dürfte nicht viel anders reagieren…

Siehe auch “Türkei-Wahl: Das vielsagende Schweigen der EUropäer”