Kein Plan für Afrika (aber für die Türkei)

Wird Afrika wichtig? Mit ihrer ersten Auslandsreise nach Äthiopien hat Kommissionschefin von der Leyen diesen Eindruck erweckt. Doch ihre wahren Prioritäten liegen ganz woanders.

„Ich hoffe, dass mein Besuch bei der Afrikanischen Union eine starke politische Botschaft senden kann, weil der afrikanische Kontinent für die EU von Bedeutung ist“, sagte von der Leyen nach einem Treffen mit AU-Chef Faki in Addis Abeba.

Allerdings konnte die CDU-Politikerin nicht klarmachen, worin denn nun die Bedeutung Afrikas liegen soll. Das heikle Thema Migration wurde weitgehend ausgeklammert – und einen neuen Hilfsplan gab es auch nicht.

„Ich bin nicht hier, um irgendeinen großen Plan für Afrika vorzulegen“, sagte die EU-Chefin. „Ich bin vor allem hier, um zuzuhören.“ Das Zuhören dauerte allerdings nicht lange – nach kaum 24 Stunden war VdL schon wieder weg.

Dass der Besuch vor allem symbolischer Natur war, zeigt sich auch daran, dass die Kommissionschefin von keiner nennenswerten Delegation begleitet wurde. Nicht einmal der neue EU-Außenvertreter Borrell war mitgeflogen.

Wesentlich mehr Beachtung schenkt die neue EU-Kommission dagegen der Türkei. Bereits am Freitag – also noch von Leyens Afrika-Trip – waren zwei EU-Kommissare (Schinas und Johansson) nach Ankara geflogen.

Das offizielle Statement, das die Kommission veröffentlichte, zeigt, wie wichtig sie die Türkei nimmt. Es enthält kein Wort der Kritik am völkerrechtswidrigen Einmarsch in Nordsyrien, dafür umso mehr Freundschafts-Gelübde:

The visit was an occasion to show concretely that the EU is committed to continuing its engagement and cooperation with Turkey as a candidate country, as a key strategic partner and neighbour. The start of the new political cycle in the EU is an occasion to renew that commitment, and the visit, which took place in the first week of the new Commission taking office, is testament to this.

EU-Kommission

Zudem gelobt die EU-Kommission, den umstrittenen Flüchtlingsdeal fortzusetzen, den Kanzlerin Merkel mit Sultan Erdogan geschlossen hatte. Man darf gespannt sein, welchen Preis die EU dafür zahlen muss!

Beim letzten Mal waren 6 Mrd. Euro fällig. Diesmal dürfte es noch teurer werden, vor allem der politiwche Preis (Zypern, Syrien, IS ist enorm). Die „geopolitische Kommission“ zeigt ihr wahres Gesicht…

Siehe auch „Was heißt hier geopolitisch?“

P.S. Im Wahlkampf hatte die EVP, der auch Leyen angehört, noch ein Ende der Beitrittsgespräche mit der Türkei versprochen. Nun hört man davon gar nichts mehr, trotz des Kriegs in Nordsyrien und anderer Erdogan-Fouls…

Watchlist

Wird es endlich Fortschritte im Ringen um eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts geben? Dies ist die große Frage beim Treffen zwischen Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine im so genannten Normandie-Format am Montag in Paris. Vor allem Gastgeber Macron braucht Erfolge – schließlich fordert er, dass die EU wieder auf Russland zugehen soll. Ohne greifbare Ergebnisse dürfte dies aber sehr schwer fallen.

Was fehlt

  • Griechen und Türken im Erdgas-Streit: Athen droht mit der Marine – taz
  • EU-Währungshüter kritisiert Stabilitätspakt – Süddeutsche
  • Bericht: EU-Kommission will Chemie auf Feldern halbieren – SZ/dpa
  • Europa im Zentrum des zweiten Fernsehduells zwischen Johnson und Corbyn – Der Standard
  • Greta Thunberg says school strikes have achieved nothing – The Guardian

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