Kleinkrieg um die Ukraine, High Noon im Parlament – und Bretons Geständnis

Die Watchlist EUropa vom 12. November 2024 – Heute mit News und Analysen zum Machtkampf in der EU, zum Ende der Anhörungen für die neue EU-Kommission und zur verbotenen Friedenspolitik.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Dieser Spruch gilt auch in der Europapolitik. Weil Kommissionschefin von der Leyen immer noch nicht startklar ist und auch der neue Ratspräsident Costa auf sich warten lässt, füllen andere das Machtvakuum in der EU.

Als erste haben sich Ungarns Regierungschef Orban und sein polnischer Amtskollege Tusk vorgewagt. Orban versucht, seine Nähe zum nächsten US-Präsidenten Trump zu nutzen. Beim EU-Gipfel in Budapest hat er sich geschickt in den Vordergrund gespielt.

Doch in der Ukraine-Politik bietet ihm Tusk die Stirn. Der Liberale, der Trump schon aus seiner Zeit als EU-Ratspräsident kennt, will sich zum Führer der Ukraine-Unterstützer aufschwingen. Er hat mehrere bilaterale Treffen angekündigt, Deutschland ist nicht dabei.

Scholz schon abgeschrieben?

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Kanzler Scholz ist offenbar schon abgeschrieben. Doch der SPD-Politiker gibt nicht so schnell auf. Er hat mit Trump telefoniert und angekündigt, dass er sich für eine “Rückkehr des Friedens” einsetzen will. Auch mit Kremlchef Putin will er wieder in Kontakt treten.

Last but not least ist da auch noch Macron. Frankreichs eitler Sonnenkönig traf sich am 11.11. (Waffenstillstand nach der deutschen Kapitulation im 1. Weltkrieg) in Paris mit dem britischen Premier Starmer. Angeblich hecken sie offensive Pläne für die Ukraine aus, um Trump zuvorzukommen.

Von der Angst getrieben

Die Karten werden neu gemischt – allerdings nicht, wie in den USA, weil sich die Bürger für einen Wechsel entschieden hätten. In der EU hat man bei der Europawahl auf ein “Weiter so” gesetzt – und wird nun von der Angst getrieben, abgehängt zu werden.

Von der gern beschworenen Einheit ist dabei nichts zu sehen. Vielmehr zeigen sich mehr und mehr bedenkliche Risse – und das nicht nur in den deutsch-französischen Beziehungen. Der Kleinkrieg um die Ukraine hat begonnen – er könnte die EU zerreißen…

Siehe auch “Europa-Dämmerung 2.0”

News & Updates

  • High Noon im Europaparlament. Bisher läuft alles nach Plan: Das Europaparlament hat 19 von 20 Kandidaten für die neue EU-Kommission durchgewunken. Doch am Dienstag, dem sechsten und letzten Tag der Anhörungen in Brüssel, wird es ernst. Nun droht ein Showdown zwischen Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen auf der einen, Konservativen und Rechtspopulisten auf der anderen Seite. Die Wackelkandidaten heißen Varhelyi, Fitto und Ribera. – Mehr zu den Anhörungen hier, mein Bericht für die taz hier
  • Baerbock rüttelt an Zwei-Prozent-Ziel. Außenministerin Baerbock hält die Nato-Vorgabe für Rüstungsausgaben nicht mehr für ausreichend. Europa müsse mehr tun, sagte die Grünen-Politikerin. Zuvor hatte ihr Parteifreund Habeck ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr gefordert. Mehr Geld fürs Klima oder Soziales wollen die Grünen nicht. – Mehr hier
  • EU geht geschwächt in Klimakonferenz. Zu Beginn der Klimakonferenz COP29 in Baku mehren sich die Alarmsignale. Die Klimaziele von Paris sind in Gefahr, zum Gegensteuern steht nicht genug Geld zur Verfügung. Doch die EU kann die Welt nicht retten – auch wenn sie gern so tut. – Mehr im Blog

Das Letzte

Bretons Geständnis. Der gechasste französische Ex-Kommissar arbeitet sich immer noch an der EU ab. Nun gestand er ein, dass er in Brüssel “absolut kein Recht” hatte, über ein Ende des Krieges in der Ukraine zu sprechen. Das Wort “Frieden” wurde aus dem Brüsseler Vokabular gestrichen, Diplomatie war kein Thema mehr. – Bretons Aussage hier, ein weiterer Beleg vom EU-Außenvertreter Borrell hier – er präsentiert sich grinsend im Schützengraben...

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