Kallas’ erster Coup, Barniers letzter Akt – und “das EU-Parlament dreht durch”
Die Watchlist EUropa vom 03. Dezember 2024 – Heute mit News und Analysen zum Kurs der neuen EU-Außenbeauftragten, zur Regierungskrise in Frankreich und zu einer Ukraine-Entschließung.
Dass die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas einen härteren Kurs in der Russland- und Ukraine-Politik fahren wollte, war klar – ihr eilt der Ruf einer Hardlinerin voraus. Doch dass sie gleich am ersten Arbeitstag einen Coup landen würde, ist denn doch eine Überraschung.
Bei ihrem “Antrittsbesuch” in Kiew (der heimlichen neuen Hauptstadt der EU) erklärte Kallas nicht nur, dass die EU für einen “Sieg” der Ukraine eintreten werde. Sie sagte auch zu, keine Mühen zu scheuen (“whatever it takes”) – und ggf. Truppen in die Ukraine zu entsenden.
Die EU solle „nichts ausschließen“, wenn es (wohl nach einer Vermittlung durch US-Präsident Trump) um die Frage der Entsendung europäischer Truppen zur Wahrung eines möglichen zukünftigen Waffenstillstands gehe. Nur so könne Europa „eine Rolle spielen“.
“Die Ukraine entscheidet”
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Außerdem sei es notwendig, Truppen zu entsenden, um die Einhaltung des Waffenstillstands zu überprüfen. „Die Entscheidung liegt in jedem Fall in den Händen der Ukraine“, merkte sie an. Man müsse “alle Optionen offen halten“ und “strategische Ambiguität” wahren.
Diese Aussagen gehen nicht nur weit über die Beschlusslage der EU hinaus, die weder einen “Sieg” noch unbegrenzte Mittel vorsieht. Sie betreffen auch Truppen, über die Brüssel gar nicht verfügt (bisher war nur von französischen und britischen Soldaten die Rede).
Kallas hat damit nicht nur Kanzler Scholz und viele andere EU-Chefs überrumpelt, sondern sogar ihre eigenen Sprecher. An ihrem ersten Arbeitstag flüchtete sich die neue Kommissionssprecherin Paula Pinho ins Ungefähre. Die EU wünsche den Erfolg der Ukraine, sagte sie.
Wer pfeift sie zurück?
Doch ein Erfolg ist kein Sieg. Und die Entsendung von Truppen ist kein Kinderspiel, sondern kann dazu führen, dass die EU bzw. die beteiligten EU-Länder direkt in den Konflikt verwickelt werden. Die letzte Entscheidung in die Hände der Ukraine zu legen, ist ein politischer Offenbarungseid.
Man kann nur hoffen, dass Kallas schnellstens aus den Hauptstädten der EU zurückgepfiffen wird, bevor sie noch mehr Unheil anrichtet…
Siehe auch “Die unberechenbare Kommission”
News & Updates
- Barniers letzter Akt vor dem Sturz? Der französische Premier hat sich über alle Warnungen hinweggesetzt und ein Gesetz zur Finanzierung der Sozialversicherung ohne Abstimmung im Parlament durchgesetzt. Daraufhin wollen nun sowohl das rechte Rassemblement National als auch die vereinte Linke ein Misstrauensvotum einbringen. Es gilt als wahrscheinlich, dass bereits am Mittwoch über die politische Zukunft Barniers abgestimmt wird. Ein Sturz könnte den Euro in Bedrängnis bringen. Nach Deutschland wäre Frankreich das zweite große EU-Land mit einer akuten Regierungskrise.
- Scholz macht Ukraine neue Zusagen. Nur einen Tag nach der neuen EU-Spitze ist auch Kanzler Scholz nach Kiew gereist, um dort neue Hilfszusagen zu machen. Noch in diesem Jahr sollen weitere Rüstungsgüter im Wert von 650 Mill. Euro aus bereits zugesagten Mitteln zur Verfügung gestellt werden – darunter Kampfpanzer, Raketen, Drohnen und Flugabwehr-Systeme. Die Opposition spricht von einem Ablenkungsmanöver – Mehr im Blog
- Rechtsruck in Rumänien bestätigt. Das Oberste Gericht Rumäniens hat das amtliche Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahl als korrekt eingestuft. Den ersten Durchgang hatte der rechtsradikale Kandidat Calin Georgescu gewonnen, der nun am kommenden Sonntag in einer Stichwahl antreten wird. Bei der Parlamentswahl am Wochenende kamen mehrere ultrarechte Parteien zusammen auf mehr als 32 Prozent.
- EU-Kommission stützt Surabischvili. Die georgische Präsidentin will das neu gewählte Parlament nicht anerkennen und ihr Amt bis zu einer Neuwahl weiter führen. Nun bekommt sie Rückendeckung aus Brüssel: Die neue Erweiterungskommissarin Kos sagte ihr Unterstützung zu. – Mehr im Blog.
Das Letzte
“Das Europäische Parlament dreht durch“. Dieser Meinung ist der langjährige UNO-Diplomat und heutige BSW-Abgeordnete M. von der Schulenburg. Er echauffiert sich über eine Entschließung zur Ukraine-Politik. Die 13-seitige Resolution lese sich wie eine Liste aus Anschuldigungen, Drohungen, Forderungen nach Waffen- und Munitionslieferungen, Bitten um mehr Geld für den Krieg und Aufrufen zu weiteren Sanktionen. “Doch eine Sache fehlt gänzlich: ein Ansatz für eine friedliche Lösung des Konflikts. Kein einziger Satz ist diplomatischen Schritten oder Verhandlungen gewidmet.” Da trifft er den Nagel auf den Kopf: Seit fast drei Jahren sind die Begriffe Diplomatie und Frieden im Zusammenhang mit der Ukraine tabu. Während man in Washington über ein Ende des Konflikts nachdenkt, plant Brüssel die Fortsetzung des Krieges. Verkehrte Welt…
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KK
3. Dezember 2024 @ 14:43
Wer wie Kallas direkt am ersten Tag so deutlich ihre Kompetenzen übeerschreitet, sollte eigentlich die Probezeit bereits versemmelt haben und sofort ersetzt werden!
Monika
3. Dezember 2024 @ 12:12
…hoffen, dass Kallas schnellstens aus den Hauptstädten der EU zurückgepfiffen wird, bevor sie noch mehr Unheil anrichtet…
jaja, die taffen Ostländer… Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich diese ach soo bedauernswerten Kassandren einer „Wiederherstellung der sowjetischen Einflußsphäre“ durch die russischen kulturlosen „Barbaren“ inszenieren können (und dürfen)! Wie sehr doch die Bredouille in die sich selber mit immer heldenhafteren Posen bringen, ihnen aufs eigene zarte Gemüt und das heroisch-patriotische Herz schlägt. „Kultur, echte Kultur“ wohnt eben nur bei Balten und Polen, niemalsnicht in Russland, DAS wenigstens sollten doch die Westeuropäer endlich einsehen und sich williger vor den rassistisch-russophoben Karren spannen lassen.
Zwar kommt Polen Trumps „Ukraine-Plan“ „eigentlich entgegen“, nach denen wohl die Ukraine 20 Jahre lang kein NATO-Mitglied werden darf und selbstredend Polens starke Truppen den Frieden in der Ukraine sichern müssen, (denn sonst wills ja keiner von den „Zögerern und Zauderern“ machen, wie es sich die deutsche Regierung beinahe täglich vom europäischen Zonenrandgebiet anhören darf..)
Einen großen Anteil am Wiederaufbaukuchen der Ukraine beansprucht Polen selbstredend, aber dieses „Friedensstellungsbeziehen“ ist -zwei Eimer Mitleid für Polen- sooo risikoreich, man ist direkt „im russischen Fadenkreuz“! Dass man sich mit einem bilateralen US-Abkommen und dem Aufbau einer US-Raketenabschussbasis freiwillig dorthin begeben hat, bleibt ungesagt. Tja und dann kommt noch das für Polen unangenehmste „on Top“. sie werden mit „anderen Ländern“ womöglich Rumänien, Schweden, den Baltischen Staaten „zusammenarbeiten“ müssen zum Zwecke gemeinsamer Sicherheit für die Ukraine… Da so eine Zusammenarbeit selbstredend nur unter polnischer Führung …. na und dazu können wir ja spaßeshalber ein bisschen in den Geschichtsbüchern blättern…
Ulli
3. Dezember 2024 @ 09:55
Thomas Röper hat Folgendes geschrieben, was gut dazu passt und auf Verhandlungen hinter den Kulissen verweisen könnte:
„ Der britische Ex-Premierminister Boris Johnson konnte nicht an sich halten und hat bereits einen kleinen Leak zu dem Plan preisgegeben:
„Ich denke nicht, dass wir Kampftruppen schicken sollten, um den Russen entgegenzutreten, aber ich denke, ein Teil der Lösung besteht darin, dass eine multinationale europäische Friedenstruppe die Grenze kontrolliert und den Ukrainern hilft. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine solche Friedenssicherung ohne die Briten gibt. Wir müssen wir da sein.“
Und jetzt kommt die Meldung des russischen Auslandsgeheimdienstes:
„Die Gebiete, die zwischen den Besatzern verteilt werden sollen, wurden festgelegt: die Schwarzmeerküste geht an Rumänien, die westlichen Regionen der Ukraine an Polen, das Zentrum und der Osten des Landes an Deutschland, die nördlichen Teile inklusive der Hauptstadt an Großbritannien. Insgesamt ist geplant, 100.000 sogenannte Friedenstruppen in die Ukraine zu entsenden.““
https://anti-spiegel.ru/2024/putins-veraenderte-tonart-gegenueber-dem-westen/
ebo
3. Dezember 2024 @ 10:02
Naja, die Russen haben offenbar Frankreich übersehen. Der kleine Napoleon aus Paris kann es doch kaum erwarten, Truppen zu entsenden!
Michael
3. Dezember 2024 @ 07:58
Sollte Scholz mit einer politischen Lösung des Ukrainekonflikts Wahlkampf machen wollen – was durchaus erfolgsversprechend sein dūrfte – darf er sich dennoch nicht Selenskyj ausliefern! Sonst wūrde er erpressbar!