Junckers Euro-Reform – die Knackpunkte
WATCHLIST EUROPA 06.12.2017 – Kanzlerin Merkel hätte es am liebsten verhindert. Doch heute kommt die EU-Kommission (endlich) mit einer eigenen Blaupause zur Reform der Euro-Währungsunion.
Ursprünglich waren die Vorschläge aus Brüssel als Kompromiss zwischen den voluntaristischen Plänen von Frankreichs Präsident Macron und dem ordnungspolitischen Ansatz der Kanzlerin gedacht.
Doch da Merkel auf der Bremse steht, könnte es sein, dass Junckers Entwurf zögerlicher ausfällt als geplant. Zudem dürfte der Teufel im Detail – sprich: mehreren Rechtstexten und Zusatz-Protokollen – liegen.
Am Ende könnte ein Reförmchen herauskommen, das die Eurozone weder schockresistenter noch gerechter oder effizienter macht. Hier die wichtigsten Knackpunkte, an denen man den Entwurf messen kann:
- Euro-Finanzminister: Wird er gleichzeitig Eurogruppenchef, oder nicht – und wer hat das Sagen: Die EU-Kommission oder die Euroländer, also in letzter Instanz Deutschland?
- Euro-Budget: Wird es neu geschaffen und aus Steuern finanziert, wie dies Macron fordert – oder aus dem EU-Budget abgezwackt, was zu Lasten der Nicht-Euro-Länder ginge?
- Stabilitätspakt: Wird er aufgeweicht, wie SPON berichtet? Oder wird er sogar noch verschärft, wie “Libération” meldet – mit einen verschärften Fiskalpakt und mehr Austerität?
- ESM: Wird der Euro-Rettungsfonds in den EU-Vertrag aufgenommen – oder bleibt er eine EU-ferne, zwischenstaatliche Institution, bei der Deutschland (wie bisher) das letzte Wort hat?
- Krisenprävention: Wird dafür Geld bereit gestellt, und wenn ja, unter welchen Konditionen? Müssen Euroländer, die einen Schock erleiden (z.B. Irland nach dem Brexit), dafür büßen?
- Vertragsänderungen: Wird der EU-Vertrag geändert – oder werden weniger sichtbare Änderungen eingeführt, etwa durch (womöglich geheime) Zusatzprotokolle und Nebenabsprachen?
Ungewöhnlich ist, dass Juncker am Dienstag sowohl Frankreichs Finanzminister Le Maire als auch Merkels Allzweckwaffe Altmaier empfangen hat. Wird da bis zur letzten Minute geschachert?
Siehe auch “Eine verpasste Chance” – ein Kommentar zur Reform des Stabilitätspakts. Zu Merkels Manövern mehr hier
WAS FEHLT? Schon wieder der Brexit. Die EU-Kommission und der Ausschuss der Ständigen Vertreter (EU-Botschafter) beraten, ob in den bisherigen Verhandlungen über den britischen EU-Austritt “ausreichender Fortschritt” erzielt wurde. Nach dem Rückschlag für die Verhandlungen mit Premierministerin May am Montag ist unklar, wie und wann es weiter geht.
Ein Europäer
6. Dezember 2017 @ 15:04
Theresa May verdient allergrößten Respekt. Das was TM derzeit abliefert ist allererste Sahne und Stoff für die politische Lehrbücher. TM kämpft mMn für einen soft Brexit und muss den Spagat zwischen Hardcore Brexiters, Remainers, Iren, Nordiren, Schotten und die Londoner Business machen. Und sie macht es verdammt gut.
Peter Nemschak
6. Dezember 2017 @ 10:24
Beim BREXIT ist Irland der Stolperstein für die schwache britische Regierung, die von der Unterstützung der nordirischen Unionistenpartei abhängt. Mehr Supranationalität ist eher unwahrscheinlich, allein schon wegen der Situation in manchen Ländern Ost-Mitteleuropas. Dass Libération das stabilitätsfeindliche Lager vertritt, ist nicht neu. Anderes wäre verwunderlich.
ebo
6. Dezember 2017 @ 10:30
Sie wissen nicht, wovon Sie reden. Der Brüsseler Korrespondent von Libé, J. Quatremer, von dem der Beitrag stammt, ist einer der erfahrensten und bestens vernetzten Kollegen in Brüssel. Daheim in Paris verteidigt er vehement die EU und den Euro, er hat sogar mehrere Bücher geschrieben. Ihn ins “stabilitätsfeindliche Lager” zu stellen, ist Unsinn.
Peter Nemschak
6. Dezember 2017 @ 10:57
Seit wann hat sich die Blattlinie von Libération 180 Grad gedreht?
MichaelE
6. Dezember 2017 @ 16:47
Ich stimme Peter Nemschak zu 100% zu.
Nur weil man die EU und den Euro „vehement“ verteidigt heißt dies noch lange nicht, dass man stabilitätsorientiert denkt.
Es ist mit der EU Kommission immer das gleiche. Uralter Wein in neuen Schläuchen.
Motto:Lasst und das Geld der soliden Länder umverteilen.
Die SPD würde da sofort jubeln…..zum Glückgibt es danoch andere „Spieler“
By the way.Italien weicht gerade seine Rentenreform auf.