Junckers Erfolge – Versagen in Chemnitz

„Die Menschen wollen das, wir machen das.“ Es klang fast schon demokratisch, wie Kommissionschef Juncker seine Kehrtwende zur Sommerzeit begründete. Auch sonst überrascht der Luxemburger, der vor der Sommerpause noch hoffnungslos überfordert wirkte, mit wohlklingenden Erfolgsmeldungen. Was steckt dahinter?

In den letzten Tagen und Wochen hat Juncker gleich drei (vermeintlich) gute Nachrichten verkündet:

  • Der Trump-Deal soll den drohenden Handelskrieg mit den USA abwenden und zu einem Industriezollabkommen führen.
  • Beim Brexit wird durchverhandelt: Mit ganzer Kraft kämpft Verhandlungsführer Barnier für den Scheidungsvertrag.
  • Die Zeitumstellung wird abgeschafft – schon bald soll in der ganzen EU die ewige Sommerzeit gelten.

Schaut her, wir tun ‚was für Bürger und Unternehmen, so frohe die Botschaft. Juncker will sie bei seiner wohl letzten „State of the Union“ Rede in zehn Tagen in Straßburg bekräftigen, um so den Europawahlkampf einzuläuten.

Bei näherer Betrachtung sind die Erfolgsmeldungen allerdings bestenfalls hübsch verpackte Absichtserklärungen. Der Trump-Deal wackelt schon wieder; der US-Präsident hat die letzten Angebote aus Brüssel brüsk zurückgewiesen.

Beim Brexit kann von Verhandlungen keine Rede sein, denn die EU ist nicht bereit, auf die Pläne von Premierministerin May einzugehen. Nun fordert sogar die „SüddeutscheKompromisse von Juncker & Barnier.

Und bei der Sommerzeit hat Juncker ein nicht repräsentatives Votum deutscher Wutbürger in vollmundige Ankündigungen übersetzt – dabei hat er gar nicht die Macht, die Sommerzeit in der ganzen EU durchzusetzen.

Wir sollten uns von den Erfolgsmeldungen daher nicht täuschen lassen. Die Krise der EU hat sich in der Sommerpause nicht gelegt, sondern eher noch verschärft. Kein Problem wurde gelöst, viele Probleme spitzen sich zu.

Man muss Juncker deshalb nicht gleich „Diversion“ vorwerfen, wie J. Quatremer in „Libération“. Der streitbare Franzose wirft dem EU-Chef vor, von den eigentlichen Problemen (Flüchtlinge, Italien, Polen…) abzulenken.

Aber man sollte sich auch nicht von der hektischen Betriebsamkeit in Brüssel täuschen lassen. Die EU ist im Wahlkampfmodus angekommen – und Juncker versucht, seine magere Bilanz aufzuhübschen…

Siehe auch „Was wir über das System Juncker gelernt haben“ und „Game over“ (E-Book zur Bilanz der Juncker-Kommission)

WATCHLIST:

Chemnitz und die Folgen. Die Vorgänge in Sachsen beschäftigen längst auch die EU, wie Außenminister Maas einräumt. Nun sei die gesamte Gesellschaft gefordert, um den Ruf Deutschlands in der Welt zu retten, fordert der SPD-Politiker. Doch es geht nicht um den Ruf – es geht um das Versagen der Politik, auch der Kanzlerin. Statt vor Ort Flagge zu zeigen und bei Polizei und Verfassungsschutz für Ordnung zu sorgen, war Merkel auf Entdeckungsreise in Afrika – und feierte das Ende der Sommerzeit…

WAS FEHLT:

Hilfe für die Palästinenser. Die USA haben ihre Zahlungen eingestellt und eine „Konföderation“ der Palästinenser mit Jordanien vorgeschlagen. Damit preschen die Amerikaner erneut ohne Absprache vor – und die Europäer müssen reagieren. Doch wie? Deutschland will nun seine Zahlungen aufstocken, doch eine neue Nahost-Strategie lässt immer noch auf sich warten!

Frieden in der Ostukraine. Nach dem Mordanschlag auf den Separatistenführer Sachartschenko ist der Minsker Friedens-prozess mausetot. Sachartschenko hatte das Minsker Abkommen unterschrieben, nun sagt Moskau die Ukraine-Gespräche ab. Und wie reagiert die EU? Gar nicht. Für sie muss Minsk weiterleben – denn damit begründet man ja die Russland-Sanktionen…