Junckers Alptraum wird wahr
Kommissionschef Juncker hatte eine böse Vorahnung. „Das Worst-case-Szenario könnte sein, dass es keine einsatzfähige Regierung in Italien gibt“, sagte er Ende Februar. Nun wird sein Alptraum wahr.
Nach Auszählung von zwei Dritteln der italienischen Wahlkreise lagen am Montag Morgen die EU-kritische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtsextreme Lega Nord vorn.
Da aber wohl keiner der drei großen Blöcke (dritte Kraft sind die Sozialdemokraten um Ex-Premier Renzi) die nötige Mehrheit erreicht, dürfte die Regierungsbildung schwierig werden.
Wenn in Rom deutsche Verhältnisse einkehren und monatelang keine neue Regierung gebildet wird, könnte Italien die geplante EU- und Euro-Reform verschleppen. Das macht Juncker Angst.
Mehr Sorgen sollte ihm allerdings bereiten, dass nun die EU-kritischen Parteien den Wahlsieg davontragen – und dass seine eigene Parteienfamilie, die konservative, von CDU/CSU dominierte EVP, ins Klo gegriffen hat.
Sie unterstützte Medienmogul Berlusconi, und der wollte EU-Parlamentschef Tajani als Strohmann zum Premier machen. EVP-Fraktionschef Weber (CSU) hat dazu bereits seinen Segen gegeben.
Doch wenn nicht alles täuscht, liegt Berlusconi , der zuletzt wieder auf EU-Kurs war, weit hinter den Brüssel-Bashern. Die Lega, die Wahlkampf gegen Flüchtlinge gemacht hatte, legte kräftig zu und überholte die Forza Italia.
Stärkste Partei dürfte aber die Fünf-Sterne-Bewegung werden. Sie ist nicht in das klassische Links-Rechts-Schema einzuordnen und bekämpft den Sparkurs, den Juncker und Renzi dem Land verordnet hatten.
An ihr und ihrem neuem Chef Di Maio führt bei der Regierungsbildung wohl kein Weg vorbei…
Siehe auch „Zittern ohne Ende“
Manfred Waltermann
6. März 2018 @ 14:52
„Junckers
Alptraum wird war“ – Juncker ist mein Alptraum!!
Peter Nemschak
6. März 2018 @ 10:16
@ebo Italien ist seit dem Zweiten Weltkrieg politisch instabil. Die Verantwortung der EU ist subsidiär. Zuerst ist Italien gefragt. Ihr Weg der bedingungslosen Solidarität führt in die Atomisierung der Verantwortung und fordert zum Trittbrettfahren heraus.
ebo
6. März 2018 @ 10:56
Seit 2012 wird Italien von EU-Vorgaben gesteuert, teilweise direkt von (ehemaligen) EU-Politikern. Was ist da „subsidiär“?
Peter Nemschak
6. März 2018 @ 12:13
So schlecht ist Italien damit nicht gefahren, gemessen an den internen wirtschaftlichen und politischen Schwächen, welche auch die EU nicht beseitigen kann. In letzter Zeit ist die italienische Wirtschaft gewachsen und die Arbeitslosigkeit zurückgegangen. Man kann aus einem Schaukelpferd kein Rennpferd machen.
Winston
5. März 2018 @ 23:32
Der absolute Worst-Case für Brüssel: M5S-Lega, Wahrscheinlichkeit über 50%.
Kommt es zu so einer Koalition ist ein Italexit imho nicht mehr auszuschliessen.
Die Lega hat da ganz andere Kaliber im ärmel als Clowns wie Monti, Letta, Renzi oder Gentiloni.
Man darf gespannt sein.
Ein Europäer
5. März 2018 @ 23:27
Also, das Ergebnis der Wahlen in Italien ist keine Überraschung für mich. Die letzte Eurobarometer Umfrage verrät die Stimmung in Italien auf den Punkt genau. Noch schlimmer, das vertrauen viele Bürger in der EU-Südstaaten gegenüber die EU und alle EU-Institutionen ist alarmierend niedrig. Die negative Stimmung in manche EU-Südstaaten hat sich inzwischen in der 80%ige Bereich gewandert. Das ist Besorgniserregend. Die EU muss handeln und zwar schnell.
Hier der Link zur Eurobarometer:
http://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/index.cfm/Survey/getSurveyDetail/instruments/STANDARD/surveyKy/2143
Peter Nemschak
6. März 2018 @ 09:11
Nicht die EU sondern in erster Linie muss Italien handeln. Man kann nicht stets die Verantwortung auf andere abschieben. Für das politische Chaos in Italien sind nicht die EU sondern die italienische Gesellschaft, ihre Mentalität und ihre Politiker verantwortlich. Zu allererst gehört das Wahlgesetz geändert, um klare Mehrheiten nach der nächsten Wahl zu ermöglichen.
ebo
6. März 2018 @ 09:27
@Nemschak Sie vergessen, dass es die EU (Merkel) war, die Berlusconi zum Rückzug zwang, und dass danach drei EU-treue „technische Regierungen“ an die Macht kamen, geführt vom ehemaligen EU-Kommissar Monti, dann Letta und Renzi. Alle drei haben getan, wie ihnen von Brüssel befohlen. Renzi hat dann versucht, das Ruder herumzureißen und mehr Respekt für Italien gefordert – vergeblich. Das Wahlergebnis ist die traurige Quittung für Jahre der EU-Treue.
asisi1
5. März 2018 @ 17:49
dieser säufer junker hat doch keine angst vor dem austritt Italiens aus der EU! er angst davor den deutschen dann zu sagen, die 500 Milliarden mise die die itailener aus den Target Salden bei euch haben, könnt ihr abschreiben!
nur der dumm-Michel hat noch nie den begriff Target-Salden gehört!
Winston
5. März 2018 @ 23:40
Man hätte dieses völlig ausichtslose und dysfunktionale Euro-Experiment 2010 sofort abbrechen sollen, dann wäre es nicht zu diesen exporbitanten Target Salden gekommen.
Deutschland hätte 2010 problemlos das Euro-Experiment beenden können, stattdessen hat es völlig hirnrissige und sinnlose Austeritätsmassnahmen durchgesetzt.
Die Quittung wird noch kommen.
Dixie Chique
5. März 2018 @ 13:41
Eccellente! Cinque Stelle, Hell Yeah! Auf viele weitere, bittere Niederlagen für die Marktkonformen, Salute, und mögen sie mit Gallensteinen für die Besiegten einhergehen! Deutschland kommt auch noch auf den Trichter, dauert, wird aber..
Peter Nemschak
5. März 2018 @ 18:04
In Italien siegen die Kräfte, die Politik als Karneval der Bauchgefühle und Pöbelveranstaltung betreiben; so auf den Punkt gebracht von der NZZ vom 5.3. Besser kann man es nicht ausdrücken.
weka
5. März 2018 @ 12:53
Italien wird sicher nicht ein halbes Jahr brauchen, um eine neue Regierung aufzustellen.
Berlusconi und Renzi haben sich längst vor den Wahlen auf ein Bündnis geeinigt. Kein Politiker dieser Parteien will seine üppigen Privilegien verlieren. Die 5 Sterne-Bewegung würde diesen Gangstern den Geldhahn zudrehen. Das und nur Das hat absolute Priorität und gilt es zu verhindern.
Die Frage ist nur, ob die Lega da mitspielt, erfahrungsgemäß ist die aber leicht zu bestechen.
Peter Nemschak
5. März 2018 @ 11:37
Hat es in Italien der letzten 70 Jahre je ein anderes als ein Worst- case-Szenario gegeben? Das Land ist eine Fehlkonstruktion seit seiner Gründung im 19.Jhdt. Die Landesteile sind so verschieden, dass ein zentralstaatliches System zum Scheitern verurteilt sein muss. Ein föderalistisches bundesstaatliches System wie in Deutschland hätte Italien bei seiner Staatswerdung besser getan. Seine Gründer haben sich zum Schaden ihres Landes am zentralistischen französischen System orientiert. Dieser historische politische Fehler behindert Italien noch heute in seiner Entwicklung. Italien zeigt, dass die Mitgliedsländer zuerst in ihrem eigenen Land Ordnung schaffen müssen, bevor an ein supranationales bundesstaatliches Europa zu denken ist.
Wolli
5. März 2018 @ 12:43
@P. Nemschak
Dass ein förderalistisches bundessstaatliches System vorteilhaft ist, darf stark bezweifelt werden. Aus meiner Sicht ist eher das Gegenteil der Fall. Es verschlingst nur Unsummen an Geld, welches an anderer Stelle besser angelegt wäre. Dabei denke ich nur an das Durcheinander im Bildungsbereich, wo jede Klasse ihre eigenen Schulbücher hat, von der Anerkennung der Abschlüsse in anderen Bundesländern mal ganz abgesehen.
Bei der Ausstattung von Behörden mit Technik und Software geht das weiter. Wenn man dann schon mal zu der Erkenntnis kommt, dass ein Austausch von Daten notwendig ist, gibt es wieder Aufwendungen zur Herstllung von Kompatibilität. Man könnte das endlos fortführen. So gesehen sollten auch wir endlich erst einmal Ordnung schaffen, bevor wir über Andere richten.