Soziales aus Brüssel, Stunk in Straßburg

Die EU-Kommission will sich ein neues, soziales Image geben. Deshalb wird sie am Dienstag vorschlagen, eine eigene  Arbeitsbehörde zu gründen – und eine europäische Sozialversicherungsnummer einzuführen.

Klingt gut, ist aber viel Symbolpolitik. Die neue Arbeitsbehörde soll nämlich nicht etwa Löhne und Arbeitsbedingungen in der EU überwachen – sondern nur die bestehenden nationalen Aufsichten koordinieren.

Damit soll Missbrauch erschwert werden, zum Beispiel mit entsandten Arbeitnehmern aus Billiglohnländern wie Bulgarien oder Rumänien. Bisher sind die nationalen Behörden dagegen meist machtlos.

Doch ob die neue “European Labour Authority” (ELA) Abhilfe bringt, bleibt abzuwarten. Dasselbe gilt für die neue  Sozialversicherungsnummer. Auch sie hat zunächst nur symbolische Bedeutung.

Eine europaweite Sozialkasse wird damit nicht geschaffen, das “soziale Europa” kommt nur auf dem Papier voran. Doch immerhin ist ein erster Schritt gemacht – Kommissionschef Juncker liefert.

Doch das dürfte nicht reichen, um den Vertrauensverlust wett zu machen, der zuletzt bei der Wahl in Italien zum Ausdruck kam. Neuerdings verliert Juncker sogar im Europarlament an Rückhalt.

Die Blitz-Beförderung seines Kabinettschefs Selmayr sorgt für Stunk. “Das stinkt zum Himmel”, hieß es am Montag in Straßburg. Dabei war Juncker hier, in Straßburg, 2014 zum Kommissionschef gekürt worden.

Sogar die Konservativen (ver-)zweifeln – also jene EVP/CDU/CSU-Politiker, die Juncker aufs Schild gehoben hatten. Doch Konsequenzen wollen sie nicht ziehen. Niemand fordert Junckers oder Selmayrs Rücktritt.

Dabei wäre das doch wohl die logische Konsequenz, wenn in Junckers “politischer Kommission” eine “Vetternwirtschaft” herrscht und eine “Machtübernahme” stattfindet, wie viele Abgeordnete beklagen…

Siehe auch “Kommission außer Kontrolle” und “Oettinger war Herr des Verfahrens”

WATCHLIST: Schon wieder Juncker! ER will dem Europaparlament am Dienstag die Leitlinien für die weiteren Brexit-Verhandlungen erläutern. Dabei geht es vor allem um die Beziehungen nach dem britischen EU-Austritt. Die bisher bekannt gewordenen Pläne haben in London für Empörung gesorgt – und das sogar bei EU-Anhängern!

WAS FEHLT? Vertrauenswürdige Nachrichten. Brüssel müsse sich stärker für Qualitätsjournalismus einsetzen, um Desinformation zu kontern, fordert eine von der EU einberufene Expertengruppe. Fake news zu verbieten reiche nicht. Zuletzt hatte eine andere EU-Expertengruppe falsch über angebliche Fake News aus den Niederlanden informiert...