Juncker vor dem Aus?

Seit Wochen ist der 17. April im EU-Kalender rot angestrichen – als der Tag, an dem Frankreichs Sonnengott Macron im Europaparlament redet und die EU begeistert. Doch nun ist die Begeisterung futsch.

Mit seinen Militärschlägen hat der Franzose eher für Schrecken gesorgtund die EU gespalten.  Dass er plötzlich im Schlepptau der USA agiert und US-Präsident Trump hofiert, sorgt sogar in Paris für Ärger.

Außerdem gibt es ein neues Aufreger-Thema. Kommissionspräsident Juncker gerät erneut unter Druck – denn die EU-Abgeordneten haben am Montag Abend einen scharfen Resolutionsentwurf verfasst.

Es geht mal wieder um Selmayr. Die umstrittene Beförderung des CDU-nahen deutschen Juristen müsse neu aufgerollt werden, fordern die Abgeordneten. Das könnte nun eine Kettenreaktion auslösen.

Denn wenn die scharfe Formulierung bleibt und das Parlament dem Text am Mittwoch zustimmt, wäre das ein Misstrauensvotum nicht nur für Selmayr, sondern auch für Juncker und sein Team.

Der französische Journalist J. Quatremer, der das „Selmayrgate“ ins Rollen brachte, sieht Juncker schon „am Rande des Abgrunds“. Denn im Prinzip haben Selmayrs Gegner im Parlament eine breite Mehrheit.

Sollten auch die Konservativen – Junckers Parteifreunde – mehrheitlich gegen ihn und seinen Buddy Selmayr stimmen, könnte der Kommissionschef das Handtuch werfen. Es ist Juncker-Dämmerung.

Allerdings haben CDU/CSU und Spaniens Konservative schon eine Gegenoffensive gestartet. Und die härteste Formulierung, in der Juncker eine „putschartige Aktion“ vorgeworfen wird, ist wohl weg vom Tisch.

Sollte der „Putsch“ bleiben, werde Juncker gehen, heißt es in Brüssel. Soll er doch – es würde ihm kaum jemand eine Träne nachweinen. Wer sich selbst an ein „Monster“ wie Selmayr bindet, hat politisch längst abgedankt…

Siehe auch „Game over“

WATCHLIST:

Hat uns Macron noch Neues zu sagen? Wird er sich bei seiner Rede im EU-Parlament zum Oberbefehlshaber Europas aufschwingen – oder zum Friedensengel, der sogar Zar Putin und Sultan Erdogan zurück an den Verhandlungstisch bringt? Und was wird aus seinen EU-Reformen?

WAS FEHLT:

Unterstützung für M. Sonneborn. Dessen PARTEI fürchtet um den Wiedereinzug in das EU-Parlament, falls wieder eine Sperrklausel für die Europawahl eingeführt werden sollte. Die Entscheidung könnte am Dienstag fallen, der Satiriker wittert ein Komplott der GroKo in Berlin. Dass seine Arbeit durchaus ernst zunehmen ist, beweist sein Bericht aus Brüssel.

Eine Strategie, eine Strategie! Die EU-Außenminister forderten zwar am Montag, nun müsse man aber wirklich mal an den Verhandlungstisch zurückkehren, um die Syrien-Russland-Krise zu lösen. Doch wie das gehen soll, blieb offen. Besonders verwirrt wirkte Neu-Diplomat Maas. Er forderte erst, eine Lösung ohne die Uno zu suchen, weil Russland alles blockiere. Dann wollte er es mit Russland versuchen. Und dann doch wieder mit der Uno

Siehe dazu auch meinen Bericht für „telepolis“