Italien-Krise? Nicht jetzt!
Was ist eigentlich in Italien los? Obwohl sich dort die EU-Kritiker der Fünf Sterne und die EU-Gegner der Lega zusammentun, reagiert Brüssel gelassen. Und obwohl das angedachte Koalitionsprogramm teuer wird, bleiben die Anleger an Bord.
Dabei hatte doch sogar Kommissionschef Juncker vor einer neuen Banken- und Eurokrise gewarnt, wenn die EU-treuen Parteien die Wahl in Rom verlieren sollten. Zwei Monate später ist davon keine Rede mehr.
Die Renditen italienischer Anleihen liegen knapp unter zwei Prozent und sind damit seit der Wahl sogar gesunken. Die Mailänder Börse verbucht seit Januar ein Plus von fast elf Prozent – mehr als die meisten anderen Börsen in Europa.
Dabei will die neue Koalition, wenn sie denn zustande kommt, viele neue Schulden machen. So wird das von den 5 Sternen geforderte Grundeinkommen für Arme auf jährlich 17 Milliarden Euro taxiert.
Würde eine Pauschalsteuer von 15 Prozent für Unternehmen und Bürger eingeführt, wie die Lega fordert, könnten die Steuereinnahmen um 80 Milliarden Euro sinken – pro Jahr. Die Rückabwicklung der Rentenreform kostet 15 Mrd.
Normalerweise müssten nicht nur in der Mailänder Börse, sondern auch bei der EU-Kommission in Brüssel alle Alarmsirenen klingeln. Doch außer einer mauen Mahnung zum Schuldenabbau kam bisher nichts.
Das liegt offenbar daran, dass die EU derzeit mit anderen Krisen vollauf ausgelastet ist. Der Zollstreit mit den USA und die Iran-Krise beherrschen die Agenda. Italien muss warten – für eine weitere Krise ist keine Zeit.
Außerdem läuft sich Brüssel langsam für den EU-Gipfel Ende Juni warm. Dann geht es um die Euro- und um die Asylreform. Für beides wird Rom dringend gebraucht – da will man keine schlafenden Hunde wecken.
Doch früher oder später wird es zum Krach kommen. Laut EU-Observer fürchten Diplomaten entweder eine Konfrontation wie mit Syriza in Griechenland, oder ein Bruch wie beim Brexit in Großbritannien.
Das sind zwar schräge Vergleiche – Syriza ist proeuropäisch, die Lega euroskeptisch. Und die Briten wollen mehrheitlich raus aus der EU, die Italiener haben das (bisher) nicht vor.
Doch Rom dürfte zum Problem für Brüssel werden – und für Berlin. Denn die neue Mehrheit will sich dem “deutschen Diktat” widersetzen – und Berlin will keine italienische Ausnahme dulden…
WATCHLIST:
- Westbalkangipfel in Sofia. Vor dem eigentlichen Gipfel treffen sich Kanzlerin Merkel und die anderen EU-Chefs am Mittwoch Abend, um über die Iran-Krise und den Handelsstreit mit den USA zu sprechen. Dann dürfte sich zeigen, wie souverän EUropa wirklich ist.
WAS FEHLT:
- Klarheit für Griechenland. Seit Dienstag sind die Aufseher der Gläubiger wieder in Athen. Doch es immer noch nicht klar, ob sie mit den erzwungenen Reformen und Kürzungen zufrieden sind – oder neue Auflagen vor dem Ende des dritten Bailouts im August fordern. Auch der IWF hat sich noch nicht festgelegt, ob er in letzter Minute einsteigt….
Winston
19. Mai 2018 @ 19:16
Italien wird der Sargnagel der Euro-Zone.
Italien wird eine Parallelwährung einfuhren und danach aus dem Euro austreten.
Schäubles Traum wird dann wahr, ein Euro bestehend nur aus den Kernländer, Österreich, Belgien, Holland, Finnland, Deutschland, Luxemburg und evtl. Frankreich.
Finnland, Belgien und vor allem Frankreich werden dann die neue Periferie. :-)))
Herbert Hensler
16. Mai 2018 @ 19:28
Deutschland begreift immer noch nicht, dass es Teil des Problems aber nicht seiner Lösung ist. Bedauerlicherweise machen die Gewerkschaften das Spiel mit und schließen Tarifverträge um die 3 Prozent ab mit Laufzeiten von 26 bis 32 Monaten. Damit wird weder der Niedriglohn in Deutschland nachhaltig bekämpft noch die Situation des Rest – Europas verbessert. Der Schwachsinn mit der Sparpolitik schwarzer Null wird fortgesetzt, statt die Wirtschaft anzukurbeln. Offensichtlich legt man hohen Wert auf Unterbeschäftigung, weil das die Löhne drückt, aber auch die Nachfrage.
Dixie Chique
16. Mai 2018 @ 09:56
Gegen “das deutsche Diktat” ist schon mal der richtige Weg !
Bayern beweist gerade, was für ein pimpfiges Vorschulprojekt die Stasi einst war.
Am Ende wird ausgerechnet Portugal, Italien und bald England unter Corbyn den europäischen Gedanken retten.. während die restlichen Nato-Pudel vom Balkan phantasieren..
Peter Nemschak
16. Mai 2018 @ 09:39
Derzeit sieht es so aus, als würden die Märkte dem ungleichen zukünftigen Regierungsduo in Italien kein langes gemeinsames politisches Leben voraussagen. Verständlich, dass Deutschland in Sachen europäischer Haftungsverbund und Eurozone sehr vorsichtig agiert und sich nicht gefährlichen Visionen hingibt. Das politisch bis in die Knochen korrupte Italien benötigt eine Verfassungsreform in Kombination mit einer eigenen schwachen Währung.