Italien ist wieder da (kein hurra!)
Die neue, proeuropäische Regierung in Rom ist in Brüssel zur Kenntnis genommen worden, mehr nicht. Dabei symbolisiert sie die Rückkehr Italiens nach EUropa – mit allen Vorteilen und Problemen.
Salvini ist out, Conte ist in, und Gentiloni kommt nach Brüssel: Eigentlich hätte das einen Sturm der Begeisterung in der EU auslösen müssen. Mit Gentiloni schickt Rom immerhin einen ehemaligen Premier mit proeuropäischem Profil.
Doch die Begeisterung hält sich in Grenzen. “Le Monde” spricht zwar von “Entspannung”, doch das war’s dann auch schon. Zumindest die alte Juncker-Kommission kann sich nicht so recht über den Machtwechsel freuen.
Denn zum einen hatte man ja schon einmal eine sozialdemokratische, proeuropäische Regierung in Rom. Ex-Premier Renzi tat viel, um die EU voranzubringen und Italien eine Führungsrolle zu sichern. Doch er stieß sich an Kanzlerin Merkel.
Zum anderen sind die Probleme ja immer noch da. Die Flüchtlinge aus Libyen, die wackelnden Banken, das ausufernde Defizit und – vor allem – das fehlende Wachstum, das die Arbeitslosigkeit nährt und den Unmut schürt.
Für all das hat Brüssel keine Lösung. Dabei ist klar, was getan werden müßte: eine neue Libyen-Politik, eine Reform von Dublin, eine Aufweichung der Stabilitätsregeln zugunsten von Investitionen und Wachstum etc. pp.
Doch unter Juncker wird all das nicht mehr möglich sein. Und unter von der Leyen? Wir wissen es nicht. Einen ersten Hinweis dürfte es geben, wenn die CDU-Frau am Dienstag ihre Kommission vorstellt.
Wenn Gentiloni ein wichtiges Wirtschaftsressort bekommt, dann darf man – vielleicht – auf ein Umdenken in Brüssel hoffen…
Siehe auch “Was Conte fordert” und “Gebt Conte eine Chance”
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Peter Nemschak
8. September 2019 @ 10:25
@ebo Das heißt, eine europäische Seenotrettung müsste Flüchtlingen nach Libyen zurück bringen. Was würde das ändern ?
Holly01
12. September 2019 @ 08:27
Es wäre der Kompromiss aus “nicht absaufen lassen” und “wir wollen die nicht” ….
Eine miese Lösung. Aber das “Zurück an den Absender” scheint der größte gemeinsame Nenner zu sein, der innert der EU funktionieren könnte.
vlg
Peter Nemschak
7. September 2019 @ 18:32
Eine neue Libyen-Politik: leichter gesagt als getan gegenüber einem gescheiterten Staat, in dem die Regierung nicht die Kontrolle über das gesamte Territorium besitzt. Auch Gentiloni wird sich wie sein Vorgänger Moscovici mit den europäischen Realitäten herumschlagen müssen.
ebo
7. September 2019 @ 19:49
Es wäre schon viel gewonnen, wenn sich Italien und Frankreich auf eine gemeinsame Linie einigen würden. Und wenn die EU aufhörte, die so genannte “libysche Küstenwache” zu unterstützen. Und was ist eigentlich aus den “KZ-ähnlichen Zuständen” (O-Ton Auswärtiges Amt) in den libyschen Lagern geworden?
Peter Nemschak
7. September 2019 @ 21:12
Wer hindert die Flüchtlinge derzeit am Überqueren? Ob man will oder nicht, ist es die libysche Küstenwache. Wer soll ihre Funktion übernehmen?
ebo
7. September 2019 @ 21:31
Eine europäische Küstenwache, die auch Seenotrettung macht. Das gab es schon – es war die Mission Sophia…