Ist Salvini eine Gefahr für die EU?
Italien kommt nicht zur Ruhe. Nun will Innenminister Matteo Salvini die Regierung stürzen und selbst die Macht in Rom übernehmen. Salvini werde zur „Gefahr für Europa“, titelt „Le Monde“. Stimmt das?
Der Führer der rechtsradikalen Lega fordere die EU „existentiell“ heraus, schreibt das französische Blatt. Die Kriminalisierung der Flüchtlingshilfe und sein Wirtschaftsprogramm seien eine Gefahr.
Im Prinzip ist das nicht falsch, dennoch würde ich es differenzierter sehen. Die Hauptgefahr ist die Wirtschaftskrise, aus der Italien einfach nicht herauskommt – obwohl sich Salvinis Amtsvorgänger an die EU-Regeln hielten.
Prominente Pro-Europäer wie Mario Monti oder Matteo Renzi haben all die neoliberalen Reformen und Sparprogramme geschluckt, die Brüssel verordnet hat – ohne Erfolg. Wäre es anders, wäre Salvini nicht so stark.
Die zweite Gefahr kommt von den Finanzmärkten. Sie könnten nicht nur Italien, sondern die gesamte Eurozone unter Druck setzen. Dies ist auch der Grund, weshalb sich die EU bisher zurückhält – man will keine schlafenden Hunde wecken.
Und welche Auswirkungen hätte die Wahl von Salvini als italienischer Premierminister, fragt ein Leser bei „Quora“? Nun – das hängt davon ab, wann Salvini die Macht übernimmt.
Wenn er schnell gewählt werden sollte – was nicht wahrscheinlich ist – könnte dies die EU in eine neue Krise stürzen. Denn dann könnte Salvini die mit Brüssel vereinbarten Pläne zum Defizitabbau über den Haufen werfen und den Haushalt 2020 gefährden. Zudem fiele der Machtwechsel dann in die Zeit der Entscheidung über den Brexit – die Deadline ist Ende Oktober.
Sollte sich die Wahl hingegen länger hinziehen, sind keine unmittelbaren Konsequenzen zu erwarten. So oder so wird Italien zum Sorgenkind für die neue Kommissionschefin Von der Leyen.
Mehr zu Salvini hier. Siehe auch den Gastbeitrag „Salvini und die Mini-Bots“
Foto: © European Union 2017 – European Parliament
Peter Nemschak
13. August 2019 @ 21:48
@Michael Buckup Wer war für die sinnvolle und effektive Regulierung der Banken verantwortlich? Hat vielleicht der Staat geschlafen ?
Holly01
14. August 2019 @ 16:19
Die Notenbanken waren verantwortlich.
Der Staat hat getan, was ihm aufgetragen wurde.
Wenn Sie „von den unabhängigen“ Notenbanken lesen, können Sie im Kopf immer ein „der Staat im Staat“ dazu setzen.
Das unabhängige Bankensystem. Der Markt der alles anonym richtet. Die Inhaber jedweder (Giralgeld-) Schuld.
Die Institutionen die sich aussuchen, mit wem sie Geschäfte machen wollen, welche Grundlagen (Sicherheiten) gelten und welche Zinsen dafür verlangt werden.
Mache Sie sich keine Sorgen. Die tun NICHTS was ihnen selbst tatsächlich weh tun könnte.
vlg
Xaver Philipp Schlesinger
13. August 2019 @ 19:53
Die Lega und Matteo Salvini erreichen Rekordwerte in den Umfragen. Und die EU sowie die offene-Grenzen-Fraktion haben beiden eine Steilvorlage gegeben. Nach den Wahlen sollten sich Lega und Salvini also bei der EU sowie der offene-Grenzen-Fraktion bedanken.
https://einfache-standards.blogspot.com/2019/06/wirtschaft-minibot-italien-der.html
https://einfache-standards.blogspot.com/2019/07/auenpolitik-moralischer-imperialismus.html
https://einfache-standards.blogspot.com/2019/07/auenpolitik-die-radikalisierung-in-der.html
MfG
XPS
Holly01
13. August 2019 @ 09:24
Italien sollte man mit etwas breiterem Focus betrachten. Salvini ist der Johnson von Italien.
Sein Aufstieg erfolgt auf den Trümmern der Zusammenarbeit Italien-Frankreich, dem Gesichts Verlust in Afrika (scheitern der Mittelmeer Aktionen, Libyen) und scheitern des politischen Systems in Italien.
Das gescheiterte politische System dürfte den Ausschlag geben.
Seit wir wissen das die Anschläge der 70er und 80er in Italien staatlicher Terror waren ist der Vertrauen erschüttert.
Den Rest hat die Autokraten Regierung besorgt, die ohne jede Wahl mit ihren Entscheidungen endgültig in den abwärts Strudel getrieben hat.
Die EU (also der deutsch-französische Block dort) hat Italien nur hingehalten und ausgeblutet.
Aus eigener Kraft kann Italien aus der Situation nur heraus, wenn es zu extremen Mittel greift.
Wähler sehen das und extreme Mittel erfordern extreme Politiker. Die nationalistischen Wähler scheinen den schnellen Untergang dem Siechtum vorzuziehen….
Dabei zeigt Portugal, das es auch anders geht.
vlg
ebo
13. August 2019 @ 11:41
Es gibt keinen „deutsch-französischen Block“, was Italien betrifft. Beispiel Schuldenkrise Griechenland: Paris und Rom wollten Athen im Euro halten, Berlin nicht. Beispiel EU-Reformen: Hollande und Renzi wollten sie anpacken, Merkel stand auf der Bremse. Aktuell ist es so, dass sich Macron und Salvini spinnefeind sind, während Merkel sich fein heraushält.
Peter Nemschak
13. August 2019 @ 14:15
Salvini ist ebenso wenig wie seinerzeit Berlusconi große Retter Italiens. Er wird die chaotischen politischen Zustände, welche das Land seit Jahrzehnten gelähmt haben, nachhaltig nicht ändern. Der letzte ernsthafte Versuch von Renzi ist gescheitert. Aber Salvini könnte als Katalysator etwas Bewegung in die reformscheue EU, vor allem in die Eurozone, bringen.
Rudi Ehm
13. August 2019 @ 09:09
Salvini ist ein Glücksfall für die EU. Die EU schläft selbst nach dem Brexit im tiefsten Tiefschlaf. Postengeschacher, Intransparenz, eben die alten Leiden. Selbst wenn seit 2015 alles auseinander bricht. Was braucht die EU noch, damit sich was tut? Der Euro enteignet die Bürger, die sich das schläfrig gefallen lassen und Salvini schert sich einen Teufel um das ganze Gehabe der Wichtigtuer und Geldvernichter. Das ist gut und wichtig. Salvini, Johnson, Orban, das sind die Leute, die im Endeffekt noch irgendwas anstoßen können in diesem trägen Gebilde, dass sich EU nennt. Irland, Haushalt, Migranten. Das sind jetzt die Hebel, entweder für eine Erneuerung oder für eine Zersplitterung, je nachdem wie es die EU will.
Peter Nemschak
13. August 2019 @ 10:23
Was die Enteignung der Sparer durch Niedrigzinsen betrifft stehen Dollar und Yen dem Euro in nichts nach. Salvini könnte tatsächlich Wind in die EU bringen und eine Debatte anstoßen, ob weniger supranationaler Zentralismus und mehr Subsidiarität die zukünftige Politik leiten soll. Das würde auch die Debatte um den Euro erleichtern. Ist eine verordnete vertiefte Integration auf allen Politikfeldern wirklich erstrebenswert ? Vieles lässt sich auch auf nationaler Ebene erledigen. Außenpolitik, Verteidigung, Migration, Sicherung der demokratischen Institutionen, sind auf supranationaler Ebene besser als auf nationaler aufgehoben.
Michael Buckup
13. August 2019 @ 15:05
Was die Zinsen betrifft, sollte man Ursache und Ergebnis nicht verwechseln, ebenso die clevere Meinungsmache der Banker. Niedrigzinsen sind das Ergebnis der globalen Finanzkrise und der großen Zockerbanken von GoldmanSachs bis Deutsche Bank. Wenn sich Sparer beschweren, dann bitte dort. Und wenn in Deutschland bzw. Europa Milliarden weiter für Spekulationen verfügbar sind statt für Investitionen (z.B. auch der öff. Hand), dann gilt: keine Nachfrage nach Krediten=niedrige Zinsen…Prima, wenn sich deutsche Finanzminister dann auch noch an der schwarzen Null berauschen.