Ist die Fremdverwaltung legal?
Die EU-Kommission ist neuerdings auch Wächterin über Abstimmungen in Griechenland. Das Parlament des neuen EU-Protektorats habe die Auflagen „in zufrieden stellender Weise“ erfüllt, heißt es in Brüssel.
Na wunderbar! Dann können ja die Vorverhandlungen über Verhandlungen über ein neues Hilfspaket beginnen – natürlich mit neuen harten Auflagen und schmerzlichen Fussangeln. Ende August wissen wir mehr.
Ich frage mich jedoch, was die Kommission eigentlich ermächtigt, die Aufsicht über ein souveränes Land zu übernehmen. In den EU-Verträgen steht davon nämlich nichts. Antwort aus der Behörde:
„ESM Vertrag und das MoU wird die Rechtsgrundlage sein die weitere Details festlegt“
Zu gut deutsch: Das Ganze steht rechtlich auf wackligen Füssen. Der ESM ist nämlich gar kein EU-Gremium, und das „Memorandum of Understanding“ existiert noch gar nicht…
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Peter Nemschak
16. Juli 2015 @ 15:10
Könnten die einzelnen Gläubigerstaaten die EU oder eine andere Institution beauftragen den Ausverkauf nationalen Eigentums zu beaufsichtigen? Ich glaube ja, so ferne dies im Hilfskreditvertrag zwischen Griechenland als Schuldner und den anderen Mitgliedsstaaten als Gläubiger vereinbart wurde.
ebo
16. Juli 2015 @ 15:18
Sie sollten Rechtsberater der Troika werden 🙂
George
18. Juli 2015 @ 00:47
Den Kommentaren zufolge ist er es vielleicht sogar. 😉
DerDicke
16. Juli 2015 @ 15:09
Ach, der Postillion bringt es auf den Punkt!
http://www.der-postillon.com/2015/07/kolonie-deutsch-sudosteuropa.html
Peter Nemschak
16. Juli 2015 @ 14:23
Warum muss der ESM zwingend ein EU-Gremium sein? Im Gouverneursrat des ESM sind alle Mitgliedsstaaten der Eurozone, auch Griechenland, vertreten. Sie haben den Vertrag auch ratifiziert. Wenn die Auflagen nicht erfüllt sind, würde der Gouverneursrat gegen ein weiteres Hilfspaket stimmen. Offenbar kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, was die Kommission feststellt. Sie kann den ESM formal nicht binden. Formal müssen die Gremien des ESM entscheiden, auch wenn die handelnden Personen teilweise ident sein mögen. Letztlich entscheiden wieder die Vertreter der Nationalstaaten nicht die Institutionen der EU; ein etwas barocke Governance, aber doch nicht illegal, oder?
ebo
16. Juli 2015 @ 14:40
@Nemschak Das Problem ist hier, dass die EU-Kommission im Auftrag der Gläubiger tätig werden soll. Die Kommission ist jedoch an EU-Recht gebunden, und das sieht einen so tiefen Eingriff in die nationale Souveränität nicht vor. Und der Rechtsstatus eines MoU ist sehr dubios, wie wir wissen…
Peter Nemschak
16. Juli 2015 @ 14:53
Könnte, sobald der ESM Kredite gewährt hat, dieser die Kommission beauftragen, in seinem Namen und auf seine Rechnung Kontrollen durchzuführen? Ich gehe davon aus, dass das rechtliche Problem lösbar ist. Dass das Gesamtkonstrukt EU mehr oder weniger die nationale Souveränität beschneidet, ist nicht weiter verwunderlich, ja beabsichtigt. Der Mangel an demokratischer Kontrolle ist konstruktionsbedingt solange Supranationales und Nationales sich laufend in die Quere kommen (Ministerrat/Kommission) und das europäische Parlament als Kontrollorgan der Exekutive nicht vergleichbar mit den nationalen Parlamenten ist. Die EU ist derzeit weder Fisch noch Fleisch.
ebo
16. Juli 2015 @ 14:58
@Nemschak ein Protektorat dieses Ausmasses hat es in der EU noch nie gegeben. Allein schon der Treuhandfonds wirft massive rechtliche Fragen auf. Seit wann darf die EU den Ausverkauf nationalen Eigentums beaufsichtigen??????????