Irland im Abseits, Nato auf Abwegen – und Retour à Strasbourg

Die Watchlist EUropa vom 07. Juni 2021 –

Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist es ein “historisches” Ereignis. Die Einigung der G7-Länder auf eine globale Mindeststeuer für Unternehmen von 15 Prozent sei eine gute Nachricht für die Steuergerechtigkeit und “eine schlechte Nachricht für Steueroasen in aller Welt”.

Konzerne würden ihre Gewinne künftig nicht mehr in Niedrigsteuer-Länder verschieben können, gab sich der SPD-Politiker nach dem Treffen in London sicher.

Einer gemeinsamen Erklärung zufolge hoffen die G7-Finanzminister nun, beim Treffen mit den G20-Kollegen im Juli eine entsprechende Vereinbarung auch im erweiterten Kreis der Industrie- und Schwellenländer zu erzielen.

“Für den Steuerwettbewerb”

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Doch schon in der EU stößt der Kompromiss – ursprünglich waren mal 25 oder 21 Prozent als Mindeststeuersatz im Gespräch – auf Widerstand. Vor allem Irland (Körperschaftssteuersatz 12,5 Prozent) schießt quer.

“I’ll be making the case for the role of legitimate tax competition,” erklärte der irische Finanzminister Paschal Donohoe. Zu gut deutsch: Er will am Steuerwettbewerb festhalten und den irischen Niedrigsatz verteidigen.

An neuen internationalen Regeln müßten auch kleine Länder wie Irland beteiligt werden, so Donohoe. Wenn der neue Steuersatz komme, könne sein Land bis zu einem Fünftel der Steuereinnahmen (jährlich gut zwei Milliarden Euro) verlieren.

Die EU ist außen vor

Kleinere Länder sind stärker auf die Körperschaftssteuer angewiesen als große. Sie lag in Irland 2019 bei 3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Noch stärker profitieren Luxemburg (5,9) und die Niederlande (3,7) von ihrer Niedrigsteuerpolitik, wie der “Standard” berichtet.

Hingegen lag der Anteil in Deutschland bei zwei und in den USA bei lediglich einem Prozent. Beide würden von den neuen Bestimmungen ebenso profitieren wie die G7-Mitglieder Frankreich und Italien.

Wer sich am Ende durchsetzt, ist noch nicht ausgemacht. Klar scheint nur, dass die Entscheidungen nicht in der EU fallen, sondern in der OECDBrüssel hat kaum mehr als eine Zuschauerrolle…

Dabei könnten EU-Länder wie Irland den “historischen” Deal torpedieren…

Siehe auch “Durchbruch bei den Steuern”

Watchlist

Was wird Nato-Generalsekretär Stoltenberg zu US-Präsident Biden sagen, wenn er am Montag im Weißen Haus in Washington ist? Es soll um die Vorbereitung des Nato-Gipfels in einer Woche gehen, so viel ist klar. Unklar ist jedoch, ob sich die Nordatlantische Allianz künftig mehr um China “kümmern” soll – oder ob sie bei ihrer klassischen Rolle bleibt und sich gegen Russland stellt. Die EUropäer würden letzteres bevorzugen, zumal sie nun auch noch Ärger mit dem Nato-Partner Belarus haben. Doch die USA sehen vor allem China als Gegner – sie könnten die Allianz auf Abwege in den Pazifik führen…

Was fehlt

Die Rückkehr des Europaparlaments nach Straßburg. Nach mehr als einjähriger, Pandemie-bedingter Unterbrechung tagen die EU-Abgeordneten ab Montag wieder im Elsaß. Frankreichs Staatschef Macron hatte Druck gemacht und auf die bessere Corona-Lage verwiesen. Doch viele Parlamentarier wollen das Treffen in Straßburg boykottieren, vor allem deutsche Abgeordneten lehnen den Standort ab. Allerdings sind auch sie ohnehin viel auf Reisen, trotz Corona und Klimakrise. Ob es nun vom deutschen Wahlkreis nach Brüssel geht oder nach Straßburg, macht in der Praxis kaum einen Unterschied…