Industriepolitik: Von der Leyen rudert zurück
In Davos hat EU-Kommissionschefin von der Leyen eine Antwort auf das massive Subventionsprogramm der USA versprochen. Kaum zurück in Brüssel, rudert sie schon wieder zurück. Die CDU-Politikerin konnte nicht einmal ihre eigenen Kommissare überzeugen.
Braucht Europa eine neue, mit Schulden und Subventionen unterfütterte Industriepolitik? Oder müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten mehr für die Wettbewerbsfähigkeit tun und neoliberale Strukturreformen einleiten? Nach einem Vorstoß von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist die Debatte in Brüssel voll entbrannt.
Von der Leyen hatte sich für eine verstärkte Förderung „grüner“ Industrien und einen europäischen „Souveränitätsfonds“ ausgesprochen. Sie wolle Europa “zur Heimat sauberer Technologie und industrieller Innovation machen“, sagte von der Leyen am Dienstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Details nannte sie noch nicht.
Dafür gibt es einen Grund: Von der Leyen und ihre für Wirtschaft zuständigen EU-Kommissare sind sich über den richtigen Kurs alle andere als einig. Schon vor der Ansage vor Wirtschaftsbossen in Davos gab es hinter den Kulissen in Brüssel heftigen Streit zwischen Margrete Vestager, Thierry Breton und Valdis Dombrovskis.
Die drei Kommissarinnen und Kommissare ringen seit Wochen um den richtigen Kurs. Während sich der Franzose Breton für neue EU-Schulden und Subventionen ausspricht, plädiert die Dänin Vestager für mehr Wettbewerb. Wirtschaftskommissar Dombrovskis sucht einen Mittelweg. Wie das Ringen ausgeht, dürfte sich erst Anfang Februar zeigen.
Rechtzeitig zum EU-Sondergipfel am 9. und 10. Februar will die EU-Kommission einen vorläufigen Entwurf vorlegen. Von der Leyen arbeite an einem tragfähigen Kompromiss, sagte ihr Chefsprecher Eric Mamer in Brüssel. Sie werde aber zunächst keinen Gesetzentwurf vorlegen, sondern nur eine Mitteilung (“communication”).
Mit anderen Worten: von der Leyen rudert zurück. In Davos hat sie mal wieder Schaufensterpolitik betrieben – mit wohlklingenden Ankündigungen, denen keine Taten folgen. Oder wenn, dann viel zu spät. Derweil bauen die USA nicht nur die Subventionen, sondern auch ihren Wettbewerbsvorteil aus…
Thomas Damrau
20. Januar 2023 @ 07:09
Die USA führen nicht nur einen Wirtschaftskrieg gegen Russland und China, sondern auch einen gegen die EU. Nur ist es im Augenblick (“Wir glauben an die weise Führerschaft der USA im Krieg gegen das Böse.”) nicht opportun, dies zu thematisieren.
Entsprechend möchte viele auch an anderen tradierten Überzeugungen nicht rütteln: “Wir glauben an die segensreiche Wirkung von uneingeschränktem Wettbewerb und offenen Märkten und an die Möglichkeit eines umweltfreundlichen unendlichen Wachstums ohne Ausbeutung der Natur oder anderer Völker.”
Hier geht es wirklich um das Fundament der vom heiligen Selenskyj für uns zu verteidigenden Werte.
KK
19. Januar 2023 @ 12:34
Ich möchte dazu nur einen fraktionslosen Abgeordneten des EU-Parlaments zitieren:
“Europa nicht den Laien überlassen!”