Industriepolitik: Vom Tabu zum Zankapfel

Noch vor ein paar Jahren war das Wort „Industriepolitik“ in Deutschland tabu. Wer es in den Mund nahm, galt als (französischer) Protektionist. Nun hat Kanzlerin Merkel das Tabu gebrochen – zusammen mit Präsident Macron will sie aktiv werden. Doch es gibt Widerstand.

Macron und Merkel fordern neuerdings, dass die EU „europäische Champions“ fördern und das Wettbewerbsrecht lockern soll. Die verbotene Fusion Siemens-Alstom ist beiden ein Dorn im Auge.

Doch die EU-Kommission wehrt sich. Die Fusion würde den Wettbewerb verzerren, sagt EU-Kommissarin Vestager. Das Argument, China werde von dem Verbot profitieren, ziehe nicht.

Widerstand kommt jetzt auch aus anderen EU-Staaten. Vor allem im Baltikum, aber auch in Benelux, regt sich Widerstand gegen die deutsch-französische „Achse“. Die kleinen Staaten fürchten, den Kürzeren zu ziehen.

Die Niederlande haben Macron sogar eins ausgewischt. Den Haag hat einen 12-Prozent-Anteil am Flugkonzern Air France-KLM erworben. Die liberalen Niederlande schlagen Frankreich mit den eigenen Mitteln: Verstaatlichung!

Das zeigt, wie vertrackt der Streit um die europäische Industriepolitik ist. Hier werden legitime Interessen mit Protektionsmus und Geopolitik vermischt, wie die ständigen Warnungen vor China zeigen.

Deshalb ist die Einigung zwischen Merkel und Macron mit Vorsicht zu genießen. Die Industriepolitik mag kein Tabu mehr sein – doch sie bleibt ein Zankapfel.

Siehe auch „Industriepolitik? So nicht!“