Von der Leyen und die post-demokratische Wagenburg

Der Begriff „Postdemokratie“ beschreibt eine Situation, in der alle Institutionen demokratischer Politik weiterhin bestehen und sogar zu florieren scheinen, jedoch nur mehr wenig tatsächliche Wirkung zeigen.

Diese Definition von C. Crouch passt perfekt zu dem, was wir rund um die Europawahl erlebt haben. Nach außen hin haben die europäischen Institutionen funktioniert wie immer.

Die Parteien haben ihre Kandidaten aufgestellt, die Wähler haben gewählt, sogar die Europaabgeordneten hatten ein Wörtchen mitzureden. Doch tatsächliche Wirkung hat all das nicht gezeigt.

Denn es gab keine Wahl im Sinne von Auswahl. Echte Alternativen zum Status quo waren nicht erwünscht, von der Leyen war schon im vergangenen Herbst “gesetzt”. Und so hat sie sich nun auch durchgesetzt.

Allerdings hat sie kein einziger Bürger in einem EU-Land gewählt. Denn sie hat gar nicht kandidiert. Und weder die Parteien noch das Europaparlament haben versucht, Alternativen zu finden.

Stattdessen haben sich die Staats- und Regierungschefs in vertraulichen Runden auf die CDU-Politikerin “geeinigt”. Später hat dann ein “Direktorium” aus sechs Chefs für ihre Nominierung gesorgt.

Es gab nur ein Problem: Die Parteien, für die diese “Oligarchie” (so Italiens Meloni) steht, haben im neu gewählten Parlament keine Mehrheit mehr. Eine Partei – die Liberalen – ist sogar hinter die Rechten zurückgefallen.

Da man den Prozeß aber nicht mehr öffnen konnte (oder wollte), mußte die Mehrheit im Parlament neu “designed” werden. Und da die Rechten (noch) nicht hoffähig sind, mußten die Grünen ran.

Das Ergebnis: Eine Wagenburg, in der sich alle vier “pro-europäischen” Parteien hinter von der Leyen versammeln bzw. verschanzen, um die “Brandmauer” gegen Rechts zu halten.