Impfpflicht: Von der Leyens Offenbarungseid
Erst Österreich, dann Deutschland, schließlich die ganze EU? Kommissionschefin von der Leyen will eine europaweite Impfpflicht „in Erwägung ziehen“. Es ist ein gesundheitspolitischer Offenbarungseid.
„Es ist verständlich und angemessen, dass wir jetzt eine Diskussion darüber führen, wie wir eine Impfpflicht in der Europäischen Union fördern und möglicherweise in Erwägung ziehen können“, sagte von der Leyen am Mittwoch in Brüssel.
Es ist eine Kehrtwende in der europäischen Gesundheitspolitik. Noch vor einem Jahr, am 17. Dezember, hatte von der Leyen erklärt: „Um die Pandemie zu beenden, müssen 70 % der Bevölkerung geimpft sein.“
Und im August, genau genommen am 31.08.21, rief sie freudig aus: „70 % der erwachsenen Bevölkerung sind inzwischen vollständig geimpft.“ Doch die Pandemie war nicht vorbei. Die studierte Medizinerin hat zu viel versprochen.
Statt dies einzugestehen und die Gründe zu nennen – der Biontech-Impfstoff ist nicht an die Delta-Variante angepasst, die Wirkung lässt vorzeitig nach – fordert die CDU-Politikerin nun auch noch eine Impfpflicht.
Dabei ist die EU dafür gar nicht zuständig.
Die Impfkampagnen liegen – wie die gesamte Gesundheitspolitik – in nationaler Verantwortung. Doch VDL scheint das nicht zu stören, sie mischt sich überall ein.
Die deutsche EU-Chefin folgt dabei nicht nur – wie üblich – der deutschen Debatte, sondern auch dem schlechten österreichischen Beispiel: Dort wird die Impfpflicht als Symptom für ein akutes Staatsversagen wahrgenommen.
Wenn das stimmt, dann haben wir es nun wohl auch mit einem EU-Versagen zu tun. Auf das Impfversprechen vom Dezember folgte das Impfdebakel im Frühling. Und auf den (angeblichen) Impferfolg im Sommer folgt nun der Offenbarungseid.
Besserung ist nicht in Sicht – nicht einmal dann, wenn VDL sich durchsetzt. Denn eine Impfpflicht, da sind sich ausnahmsweise mal alle Experten einig, würde gegen die aktuelle vierte Welle nichts mehr ausrichten – sie käme zu spät.
Siehe auch „Biontech hat ein Problem (II)“. Mehr zur Coronakrise hier
P.S. Mit ihrem Plädoyer für eine Impfpflicht fällt VDL erfolgreichen Ländern wie Portugal und Spanien in den Rücken, die ihre Impfkampagne gut hinbekommen haben und keine neuen Auflagen aus Brüssel brauchen. Ganz zu schweigen von Schweden, wo es bisher ganz ohne Zwang ging. Die deutsche Dame hätte besser geschwiegen…
Coronakrise: Heizt Lauterbach der lahmen EU ein? | Lost in EUrope
6. Dezember 2021 @ 16:45
[…] von der Leyen und Lauterbach neuerdings unisono einer Impfpflicht das Wort reden. Das ist nicht nur ein Offenbarungseid, was die bisherige Impfstrategie betrifft – sie ist offensichtlich […]
Hans-Heiko Schlottke
2. Dezember 2021 @ 09:35
Ich denke, spätestens jetzt sollte klar sein, dass wir es eigentlich nur mit Scheingefechten rund ums Impfen zu tun hatten. Ziel war offenbar von Anfang an eine allgemeine Impfpflicht und im nächsten Schritt dann das digitale Zertifikat mit Verfallsdatum, das in Abständen zu neuer Impfung zwingt – siehe Pläne in Österreich. Und ist ein weiterer wichtiger Schritt zum Überwachungsstaat? Wollen wir das? Und ist der Zug überhaupt noch zu stoppen?
ebo
2. Dezember 2021 @ 10:27
Mein Eindruck ist ein anderer. Von der Leyen, Merkel & Co. haben tatsäschlich geglaubt, mit einer Impfquote von 70 Prozent werde eine Herdenimmnität erreicht und das Problem sei gelöst – wie es Biontech versprochen hat „Die Pandemie wird ihren Schrecken verlieren“, sagte der EU-Abgeordnete Liese, ein praktizierender Mediziner, im Frühsommer. Die Delta-Variante hat ihnen/uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch statt das offen einzuräumen und sich der neuen Lage anzupassen (mit Boostern ab dem Spätsommer) titt man die Flucht nach vorn an.
european
2. Dezember 2021 @ 12:27
Ich habe eher den Eindruck, als renne Frau von der Leyen einigen Ländern hinterher, die das Thema Impfpflicht zumindest für bestimmte Berufsgruppen bereits geregelt haben. Dieser Artikel ist vom 17. November 2021.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/impfpflicht-berufe-international-101.html
Mittlerweile geht Italien voran:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/129417/Italien-verschaerft-Coronaregeln-und-erweitert-Impfpflicht
Heute noch äußert sich unsere Noch-Kanzlerin, dass es keine Impfpflicht geben soll. Ich halte das nicht nur für falsch, sondern auch für gefährlich und verantwortungslos.
Wenn neue Erkenntnisse vorliegen, muss man die Strategie ändern. So etwas erwarte ich auch von einem verantwortungsbewussten Politiker. Klar hat man im letzten Jahr noch anders gedacht, aber der Erkenntnisstand war auch ein anderer, geschweigedenn die Erfahrungen.
Frau von der Leyen ist ausgebildete Ärztin ohne nennenswerte Berufserfahrung und mit plagitierter Doktorarbeit in der Gynäkologie. Über ihre Qualifikation für das Amt der EUCO-Präsidentin wurde schon viel geschrieben, ebenso wie über ihren Weg dorthin.