Abstimmung mit den Füssen, Ausstieg aus den Defizitregeln – und KI für Frontex

Die Watchlist EUropa vom 03. März 2020 –

Welche Lehren hat die EU-Kommission aus dem Impfdebakel gezogen, wollten etliche EU-Korrespondenten am Dienstag wissen. Doch die Sprecher von Frau von der Leyen verweigerten die Auskunft.

Man sei mitten in einem Prozeß, da sei es für eine Bewertung noch zu früh, hieß es. Außerdem stelle sich die EU mit dem Inkubator HERA auf neue Virus-Varianten ein. Das müsse man in Ruhe abwarten.

Doch mehrere EU-Staaten haben die Geduld mit von der Leyen verloren. Sie gehen fremd – und kaufen Impfstoff in Russland oder China ein. Selbst wenn dies offiziell gar nicht zulässig ist.

Nach Ungarn und der Slowakei bereiten auch Polen und Tschechien den Ankauf von Impfstoff in den EU-Feindstaaten vor. Am Dienstag wurden neue Sanktionen gegen Russland verhängt…

Selbst Österreich sieht sich anderswo um. Kanzler Kurz  reist – zusammen mit seiner dänischen Kollegin – noch diese Woche nach Israel, um Möglichkeiten für eine eigene Impfstoff-Produktion auszuloten.

Das Manöver hat ein Geschmäckle, wie der Wiener “Standard” notiert. Österreich verpflichtete sich nämlich im Juni 2020, die Impfstoffbeschaffung der EU-Kommission zu überlassen.

Keine separaten Verträge

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Ein entsprechendes Dokument wurde am 29. Juni unterzeichnet. Darin verpflichteten sich die EU-Mitgliedsstaaten auch, keine separaten Verträge mit den betroffenen Firmen mehr abzuschließen.

Pikant ist auch, dass für die gemeinsame Beschaffung ein Österreicher zuständig war. Clemens Martin Auer, Sonderbeauftragter im Gesundheitsministerium, sitzt auch im entsprechenden Lenkungsgremium der EU-Kommission.

Auer glaubt heute noch, alles richtig gemacht zu haben – genau wie von der Leyen. Doch die “Abstimmung mit den Füssen” zeigt, was davon zu halten ist…

Siehe auch “Nach Impfdebakel: Die EU will den Bock zum Gärtner machen”

Watchlist

Wann werden die strengen Defizit-Regeln des Stabilitätspaktes wieder in Kraft gesetzt? Darüber will am Mittwoch EU-Wirtschaftskommissar Gentiloni Auskunft geben. Vorerst will der Italiener aber nur allgemein sagen, welche Kriterien die Kommission für künftige Empfehlungen anlegen will. EZB-Präsidentin Lagarde, DGB-Chef Hoffmann und der Investor Soros haben sich bereits festgelegt: Sie fordern eine umfassende Reform und einen ständigen, schuldenfinanzierten EU-Haushalt – Siehe auch “Isch over” 

Hotlist

  • Wir hatten es vorausgesagt: Unter US-Präsident Biden würden die USA wieder gemeinsam mit der EU gegen Russland vorgehen. Genauso ist es gekommen. Die Biden-Administration hat Sanktionen gegen Russen und 13 Unternehmen bekanntgegeben. Die bestraften Unternehmen seien mehrheitlich in die Herstellung von biologischen und chemischen Kampfstoffen involviert. Die USA haben ihre Strafmaßnahmen mit der EU koordiniert – und das ist erst der Anfang… – Mehr hier
  • Mehrere Milliarden Euro sollen RWE und Leag für den Ausstieg aus der Braunkohle bekommen, so hat es der Bundestag beschlossen. Doch aus Brüssel kommt ein Dämpfer: Die EU-Kommission zweifelt an den Berechtigung für die Entschädigungen. Das meldet das RBB. – Die Nachricht kommt überraschend. Bisher hat Brüssel alle deutschen Hilfen klaglos durchgewunken – doch hier geht es um den “Green Deal”…
  • Europol und Frontex setzen auf Künstliche Intelligenz: Die EU-Polizeiagentur erhält demnächst eine neue Verordnung, wonach heikle Personendaten für Forschungszwecke genutzt werden dürfen. Entsprechende Projekte laufen bereits. Schon im nächsten Jahr will die EU-Grenzagentur einen KI-gestützten Lügendetektor zur Einreisekontrolle einsetzen, schreibt M. Monroy bei “Netzpolitik”Und ich dachte, in der EU würde KI nur zu zivilen, über jeden Zweifel erhabenen Zwecken eingesetzt…