Im Schlepptau der USA
Mit den neuen Sanktionen gegen Russland gerät die EU an den Rand des Wirtschaftskriegs, wie sogar das “Handelsblatt” einräumt. Doch nicht nur das: Europa macht sich und seine Unternehmen abhängig von den USA.
Offiziell verfolgen die EUropäer in der Ukraine ihre ureigensten Interessen. Das Land gehöre zu Europa und müsse gegen russische Aggression “verteidigt” werden, hieß es wieder beim EU-Gipfel.
Das war zwar nie wahr; die Ukraine war seit langem Objekt des “Great game” zwischen Russland und den USA. Was Washington von den Brüsseler Ambitionen hält, belegt das “Fuck the EU”-Video.
Doch mit den immer härteren Sanktionen gegen Russland begibt sich die EU in eine weitere, gefährliche Abhängigkeit von den Amerikanern. Sie bedroht sogar das Heiligste, den Binnenmarkt.
Zwar hat Brüssel noch keine Sanktionen gegen russische Firmen verhängt. Die EU muss erst hektisch eine Rechtsgrundlage zusammenbasteln, erst Ende Juli sollen Taten folgen.
Doch die USA sind vorgeprescht. Mit Strafen gegen Rosneft, Kalaschnikow oder die Gazprombank weisen sie den Weg. Selbst wenn Brüssel nicht folgt: Europäische Unternehmen müssen es.
Sie können es sich nicht leisten, die US-Sanktionen zu ignorieren, wenn sie nicht fürchten wollen, selbst vom US-Markt ausgeschlossen zu werden. Die Rekordstrafe gegen BNP Paribas wirkt.
De facto werden die Wirtschaftssanktionen also in Washington verhängt. Damit nicht genug: Da die USA vor allem auf Energiekonzerne zielen, muss die EU auch in der Energiepolitik umschwenken.
Es ist nicht etwa die immer mal wieder angekündigte, aber bisher nie erfolgte Vergeltung der Russen, die die europäische Energieversorgung gefährdet. Es ist die Außenpolitik der USA.
Am Ende werden wir sowohl wirtschaftlich als auch energiepolitisch von Washington abhängig sein. Derweil geht der Krieg in der Ukraine unvermindert weiter – trotz der Sanktionen…
P.S.: Dieser Beitrag wurde geschrieben, bevor Details vom Absturz einer malaysischen Passagiermaschine bekannt wurden. Zur Lage in der Ukraine siehe auch “Wie im Nahen Osten”. Zu den Sanktionen “Planspiele für die Kriegsökonomie”
Johannes
18. Juli 2014 @ 21:18
CDU, SPD und Grüne wollen doch aus der EU ein zweites Amerika machen, und dank Euro sind die alle ein Stück weitergekommen, die Eurorettung war ein weiterer Schritt Europa zu einem zweiten, kaputten Amerika zu machen.
Ist okay, der AfD wird es immer leichter fallen, die EU zu kritisieren, oh und ich misstraue der EU durch solche Dinge natürlich auch noch mehr.
Ein Glück, dass die EU sonst ALLES richtig macht 😉 *haha
0177translator
18. Juli 2014 @ 17:58
Wat’n Glück. Keiner redet mehr vom Massenmord an Zivilisten und Kindern in Gaza. Vor zwei Wochen hat Deutschland den Israelis ein U-Boot geschenkt. Das größte, das je in unserem Land gebaut wurde. Wenn die Musels uns dafür hassen, stellen wir uns dumm.
winston
18. Juli 2014 @ 13:46
Hier eine Liste der amerikanischen und ausländischen Banken darunter auch viele deutsche, denen die Fed den Rettungsring hinwarf:
Auf Deutsche Bank klicken und dann den Kommentar lesen.
bloomberg.com/data-visualization/federal-reserve-emergency-lending/#/overview/?sort=nomPeakValue&group=none&view=peak&position=0&comparelist=&search=
ebo
18. Juli 2014 @ 14:05
@Winston
Interessant. Da geht es aber um die Hilfen im Rahmen der Finanzkrise 2007-2010, die bekanntlich in den USA ihren Ausgang nahm. Mit Außenpolitik und der Ukraine-Krise hat das nichts zu tun…
Peter Nemschak
18. Juli 2014 @ 09:15
Geschicklichkeit kann man der EU-Außenpolitik wahrlich nicht attestieren. Eine Abhängigkeit gegen eine andere zu tauschen, ist wenig attraktiv. Ob es daran liegt, dass zu viele Köche in der Küche stehen? Wir werden sehen, wie die verschiedenen Akteure auf den mutmaßlichen Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs reagieren werden.
ebo
18. Juli 2014 @ 09:36
Schade, ich hatte gedacht, dass Sie auf mein Kernargument – die Konditionierung der europäischen Banken und Unternehmen durch US-Sanktionen – eingehen würden. Das ist nämlich wirklich ein wichtiger unkt, um die neue Kriegsökonomie zu verstehen…
Peter Nemschak
18. Juli 2014 @ 09:54
Solange US- und europäische Banken gleichbehandelt werden, was den Verstoß gegen US-Gesetze betrifft, habe ich kein Problem mit den Bankenstrafen. Wenn man Ihre Argumentation zu Ende denkt, dürfen auch jene europäischen Banken nicht bestraft werden, welche die US-Behörden nicht bei der Verfolgung amerikanischer Steuersünder wirkungsvoll unterstützen (FATCA). Die wirkungsvollste Methode dem Weltmachtanspruch der USA zu begegnen und eine relative Unabhängigkeit zu bewahren, wäre für die EU, eine geschickte und flexible Gleichgewichtspolitik zwischen den Großmächten zu betreiben. Dafür sind allerdings die Interessen innerhalb der EU zu heterogen. Das Europa keine Weltmacht ist, müssen wir, vielleicht mit Bedauern oder auch nicht, zur Kenntnis nehmen.
ebo
18. Juli 2014 @ 10:02
Bei FACTA geht es um Steuervergehen on US-Bürgern im Ausland, hier aber um US-Außenpolitik – und die Abhängigkeit europäischer Unternehmen vom US-Markt. Das ist etwas grundsätzlich Anderes.
Peter Nemschak
18. Juli 2014 @ 10:58
In beiden Fällen benützen die USA ihre Kapitalmarktmacht, um ihr Recht in anderen Jurisdiktionen durchzusetzen: extraterritoriale Rechtsdurchsetzung durch pure Macht. Vergessen wir nicht: französische Banken haben in den 80-iger Jahren aus politischen Gründen Kuba, den Erzfeind der USA finanziert, deutsche und schweizerische Banken das Apartheid-Südafrika, während die nordischen Banken aus politischen Gründen Südafrika gemieden haben. Das war möglich, weil der Kalte Krieg das Gleichgewicht der Mächte stabilisiert und bestimmte Freiräume geschaffen hat. Deshalb sollte die EU bei den jetzigen Sanktionen gegen Russland ab nun den USA den Vortritt lassen, gleichzeitig aber eine Diversifikation ihrer Energieversorgung planen. Der eigentliche Druck auf Russland entsteht nicht durch die Sanktionen sondern dadurch, dass die USA Russland bisher mit Erfolg Investoren abspenstig machen. Außenpolitik moralisch recht zu fertigen ist ein wenig zielführendes Unterfangen. Dazu gibt es zu viele miteinander in Konflikt stehende Ansichten von Moral, hinter denen sich politische und wirtschaftliche Machtansprüche verbergen. Nachdem in der EU keine einheitliche Ansicht darüber herrscht, was für Europa als ganzes nützlich ist, tut sich, unabhängig von den jeweils handelnden Personen, jede gemeinsame Außenpolitik schwer. Daran wird auch die neue Kommission nichts ändern.