Im Ausnahmezustand (3/3): Salvini droht, Bannon zündelt
Kurz vor Weihnachten hat Frankreichs Präsident Macron den “wirtschaftlichen und sozialen Ausnahmezustand” ausgerufen. Auch in Großbritannien und Belgien brennt die Hütte. Die Rechten frohlocken. – Teil 3 einer 3-teiligen Serie zur Krise in Westeuropa.
(Fortsetzung, Teil 2 steht hier)
Ist es also eine Art von „Normalisierung“, die wir in Deutschland, Frankreich und Belgien beobachten? Hat der Populismus neuerdings auch Westeuropa im Griff, wie zuvor schon Osteuropa? Ganz so einfach ist es nicht.
Zum einen ist es ja nicht „normal“, wenn die Bürgerrechte und der Rechtsstaat ausgehebelt werden, wie im Osten, oder demokratisch gewählte Politiker fürchten müssen, aus dem Amt gejagt zu werden, wie neuerdings im Westen.
Zum anderen ist das, was man leichtfertig „Populismus“ nennt, ja nur ein Symptom. Dahinter steht eine Systemkrise, die sich auch am Niedergang der politischen „Mitte“ und der Volksparteien ablesen lässt.
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Zwei Jahre nach Trump hat diese Krise nun auch Westeuropa erfasst. Eine Überraschung sollte das eigentlich nicht sein. Schließlich hat der Brexit ja schon vor Trump begonnen. Außerdem waren die Europäer hinreichend gewarnt.
Die ersten populistische Politiker in Westeuropa hießen nicht Marine Le Pen oder Nigel Farage, sondern Jörg Haider und Silvio Berlusconi. Ihre ersten Erfolge fuhren die Rechten nicht 2017 in Österreich und 2018 in Italien ein, sondern bei der Europawahl 2014.
Damals wurde der rechtsextreme „Front National“ zur stärksten Partei in Frankreich. Auch in Holland trumpften die Rechten auf. Nun, fünf Jahre später, setzen sie zum Sturm auf die Macht an.
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Für die Europawahl im Mai verheißt das nichts Gutes. Rechtspopulisten und EU-Gegner könnten bis zu 30 Prozent der Sitze erobern und das Parlament lahmlegen. Selbst, dass sie zur stärksten Kraft werden, scheint nicht mehr ausgeschlossen.
Der italienische Lega-Chef Matteo Salvini träumt schon von einer Allianz der Rechten, die die EU aus den Angeln heben soll.
Ausgerechnet der frühere Trump-Berater Steve Bannon soll ihm dabei helfen. Das Europa-Projekt des ehemaligen Breitbart-News-Herausgebers heißt „The Movement“ und soll die europäische Rechte vereinen.
Die EU hat dem nicht viel entgegenzusetzen. Beim Gipfeltreffen im Dezember hat sie eine Initiative gegen „Desinformation“ aus Russland beschlossen. Doch gegen die Feinde im Innern (und ihre mächtigen Freunde aus den USA) unternahm sie nichts.
Die Geschäfte gehen weiter
Dass die Macht verfällt und sogar Westeuropa zittert, ist im Brüsseler Europaviertel kein Thema. „Augen zu und durch“ heißt das Motto.
Das mußte auch Belgiens Premier Michel erfahren. Nach seinem Rücktritt wurde er vom König beauftragt, bis zur Wahl im Mai durchzuhalten – als Chef einer geschäftsführenden Regierung.
Was für ein Symbol: Die etablierte Ordnung wankt, doch die Geschäfte gehen weiter, als wenn nichts geschehen wäre…
Siehe auch “EU-Krise: Jede 2. Regierung wackelt” sowie “Im Ausnahmezustand: Die Ursachen”
Erich Ganspöck
5. Januar 2019 @ 12:00
Also: der Rechtsstaat ist doch eher in Deutschland ausgehebelt als im “Osten”, das Grundgesetz durch offene Grenzen seit 2015 oder Ausgrenzung und Bedrohung demokratisch gewählter Parteien massiv verletzt. Im “Westen” werden übrigens gewählte Politiker nicht aus dem Amt “gejagt” sondern sie treten freiwillig zurück bzw. werden vom Parlament durch Misstrauensantrag gezwungen, beim Staatsoberhaupt die Demission einzureichen. Zustände wie in der Ukraine oder im arabischen Frühling gibt es bei uns nicht – solange die Verfassungen eingehalten werden.