Hürdenlauf ins Ungefähre

Die Ratingagentur Moody’s warnt die EU vor einer Herabstufung – und liefert damit eine Steilvorlage für die EZB. Deren Chef Draghi bereitet sich auf ein neues Anleihenprogramm vor, um EU und Eurozone vor dem drohenden Absturz zu bewahren. Am Donnerstag dürfte der Startschuss fallen, trotz des „Neins“ von Buba-Chef Weidmann. Doch damit ist noch nichts gewonnen – vielmehr beginnt dann erst ein mehrwöchiger Hürdenlauf. Ob er zum Ziel führt, ist ungewiß.

Für die deutschen Medien scheint der Fall klar: Buba-Chef Weidmann hat verloren, Draghi wird sich durchsetzen und den Weg zu einer „Staatsfinanzierung durch die Hintertür“ öffnen. Doch so einfach ist die Sache nicht. Zum einen dürfte Draghi am Donnerstag noch keine Details bekannt geben, schreibt die „FAZ“; vermutlich wird er nur die Bereitschaft der EZB verkünden, auf dem Markt für Staatsanleihen zu intervenieren, wenn ein entsprechender Hilfsantrag vorliegt.

Zum anderen hat Draghi keineswegs vor, Spanien oder Italien mit Geld aus der Notenpresse zu finanzieren. Es gehe vielmehr darum, eine Fragmentierung der Eurozone zu verhindern, sagte er am Montag hinter verschlossenen Türen im Europaparlament. Dahinter steht die Sorge, dass die EZB die Kontrolle über die Zinsen im Euroraum verliert. Schon jetzt zahlen spanische Unternehmen wesentlich mehr für frische Kredite als deutsche Firmen, wie die britische „FT“ meldet.

Offenbar kommt die Geldpolitik der EZB nicht mehr überall an – für Draghi ein Grund, vor Verzerrungen zu warnen und eine Intervention vorzubereiten. Dabei will er allerdings vorsichtig – möglichweise zu vorsichtig – vorgehen: denn die EZB soll nur auf dem Sekundärmarkt intervenieren, und auch nur kurzlaufende Anleihen kaufen. Damit will Draghi dem deutschen Vorwurf der versteckten Staatsfinanzierung entgehen, riskiert aber auch, dass sein Eingriff wirkungslos verpufft.

Bis die Operation „Bazooka“ startet, werden ohnehin noch einige Wochen vergehen. Denn die EZB wird erst dann tätig, wenn Spanien oder andere Länder wie Italien einen Hilfsantrag gestellt haben. Spaniens Wirtschaftsminister De Guindos zögert aber, da er zunächst die Konditionen der EZB kennen möchte, die in zwei Wochen auf Zypern tagt. Die Katze beißt sich in den Schwanz: ohne EZB-Details kein Antrag, ohne Antrag keine EZB-Intervention.

Selbst wenn Spanien tatsächlich um Hilfe ruft, wird die EZB noch nicht tätig werden. Denn der Antrag muss dann noch von der Eurogruppe genehmigt werden, die in zwei Wochen auf Zypern tagt. Ein formeller Beschluß wird frühestens beim EU-Gipfel Mitte Oktober erwartet. Genauso gut könnte es aber auch sein, dass Finanzminister Schäuble und Kanzlerin Merkel die Sache auf die lange Bank schieben – wie so oft, wenn es um die Eurokrise geht.

Weidmann hat also noch nicht verloren, und Draghi hat noch längst nicht gewonnen. Klar ist nur eins: Am Donnerstag fällt der Startschuß für einen weiteren bizarren Hürdenlauf, der zu einer Atempause, aber auch zu einer neuen Eskalation führen kann. Schließlich ist ja noch nicht einmal das Ziel klar: geht es darum, die Renditen für spanische Anleihen unter eine bestimmte Marke zu drücken – oder darum, Spanien noch stärker unter deutsche – pardon: europäische – Kuratel zu stellen? 


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