Türkei, China: Wie souverän ist der deutsche EU-Vorsitz?

Die EU-Außenminister sprechen über Hongkong und die Türkei, Serbien und Kosovo versuchen eine Annäherung, und dann kommt noch der erste „echte“ EU-Gipfel seit Februar: Das sind die wichtigsten Themen der kommenden Woche in Brüssel.

Kommissionschefin von der Leyen will „die Sprache der Macht“ lernen. Auch Kanzlerin Merkel hat eine aktivere und offensivere Außenpolitik angekündigt.

Doch beim ersten Außenminister-Treffen unter deutschem Vorsitz steht Berlin auf der Bremse. Merkel will es sich nicht mit Sultan Erdogan verderben, deshalb dürfte die Aussprache zur Türkei im Sande verlaufen.

Und zur Krise in Hongkong dürfte es auch kaum mehr als ein paar hilflose Appelle geben. Wirtschaftsminister Altmaier hat gerade wieder betont, wie wichtig die Wirtschaftsbeziehungen mit Peking sind!

Immer, wenn es ernst wird in der Außenpolitik, ist es ausgerechnet Deutschland, das wenig souverän agiert. Berlin hat sich wohl zu abhängig von Ankara und Peking gemacht – oder, Herr Maas?

Keine allzu großen Erwartungen sollte man auch in das Treffen zwischen Serben und Kosovo-Albanern setzen. Deutschland und Frankreich haben es möglich gemacht, immerhin.

Doch beide Balkan-Länder stecken in einer tiefen innenpolitischen Krise. Und fünf EU-Staaten haben Kosovo immer noch nicht anerkannt – darunter Spanien, die Heimat des EU-Außenbeauftragten Borrell…

Letztlich geht es vor allem darum, US-Präsident Trump die Show zu stehlen. Ursprünglich hatte die Spitzenrunde nämlich in Washington stattfinden sollen. Doch dann wurde Kosovos Staatschef angeklagt – wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit…

Das Hauptereignis dieser Woche ist ohnehin ein anderes: Am Freitag und Samstag findet der erste „echte“, sprich leibhaftige EU-Gipfel seit der Coronakrise statt.

Es geht um den Wiederaufbau und das neue EU-Budget. Was ich davon erwarte, habe ich in einer Videodebatte mit Euranet plus erklärt – das Video steht hier („Press Club“, auf Englisch).

Nur so viel sei verraten: Es wird die erste Nagelprobe für Merkel. Die Kanzlerin will eine Einigung im ersten Anlauf – daran wird sie sich nun messen lassen müssen…

Siehe auch „Absturz oder Aufbau? – Die Knackpunkte