Hollande und wie er die Welt sah (II): Merkel, die Unvermeidliche

Frankreichs Ex-Präsident Hollande hatte kein Glück mit Kanzlerin Merkel. Bei seinem Antrittsbesuch in Berlin schlug der Blitz in Hollande’s Flugzeug ein, später warf sie ihm Knüppel zwischen die Beine. Dennoch fällt seine Bilanz positiv aus.

Liebe auf den ersten Blick war es gewiß nicht. Als Hollande 2012 zum Präsidenten gewählt wurde, behandelte Merkel den Sozialisten wie einen Bittsteller. Im Wahlkampf hatte sie ihn geschnitten, nun wollte sie ihn isolieren.

Doch es kam anders. Gleich beim ersten EU-Gipfel nach der Wahl im Juni 2012 war es Hollande, der Merkel isolierte. Gemeinsam mit Italiens Monti und Spaniens Rajoy setzte er die Bankenunion durch – gegen die Kanzlerin.

Hollande war es auch, der in der Schuldenkrise um Griechenland 2015 verhinderte, dass es zum Grexit kam. Zusammen mit Italien stemmte sich Frankreich gegen Schäubles „timeout“ – Merkel dürfte es ihm noch heute danken.

Denn der Ausschluss Griechenlands aus dem Euro hätte eine neue Euro- und EU-Krise ausgelöst. „Frankreich hat das Allgemeininteresse Europas geltend gemacht“, schreibt Hollande in seinem Buch „Les lecons du pouvoir“.

„Nichts wäre ohne sie möglich“

Über Merkel urteilt er in diesem Zusammenhang – dem Krisengipfel im Juli 2015 – überraschend milde: „Nichts wäre ohne Angela Merkel möglich gewesen, doch nichts konnte gesichert werden ohne uns (Frankreich)“.

Nichts geht ohne Merkel – dieser Gedanke zieht sich wie ein roter Faden durch Hollandes Memoiren. Der französische Sozialist beschreibt die CDU-Chefin als Person, an der man nicht vorbeikommt – aber auch als Freundin.

„L’ami Angela“ heißt sogar ein eigenes Kapitel, das sich um die Terror-Attentate auf Charlie Hebdo dreht. Die Kanzlerin sei die erste gewesen, die ihm Beistand und Hilfe angeboten habe. Das machte offenbar großen Eindruck.

Merkel hatte den längeren Atem

Doch politisch sind sie nie Freunde geworden – anders als Merkel und Macron, Hollandes Amtsnachfolger. Merkel drückte den Fiskalpakt durch, den Hollande abschaffen wollte – und Hollande organisierte Mehrheiten gegen die Kanzlerin.

Geholfen hat es ihm nicht viel. Denn die Kanzlerin hatte den längeren Atem, sie schob die Bankenunion auf die lange Bank, sie oktroyierte Griechenland drastische Bedingungen auf, nun bremst sie auch noch Macron aus.

Leider wagt es Hollande in seinem Buch nicht, diese Niederlagen einzugestehen und ihre Gründe zu analysieren. Ausgerechnet der Mann, der angetreten war, Merkels Austeritätskurs zu beenden, malt sich und die Kanzlerin in rosigen Farben!

Denn er glaubt tatsächlich, die EU auf einen anderen Kurs gebracht zu haben, wie wir im nächsten und letzten Teil dieser Mini-Serie zeigen werden (folgt voraussichtlich in zwei Tagen).

Siehe auch Teil 1: Macron, der Verräter