Hollande und die drei ???

Der sozialistische Präsidentschaftskandidat Hollande will sich im Falle seiner Wahl in Frankreich nicht um die „roten Linien“ von Kanzlerin Merkel scheren. Er werde den Fiskalpakt neu verhandeln und auch die Rolle der EZB neu bewerten, kündigte Hollande im französischen Fernsehen an. Dies ist eine Steilvorlage für SPD-Chef Gabriel, der heute zu Gesprächen mit Hollande in Paris ist. Wenn auch noch EU-Parlamentschef Schulz (ebenfalls SPD) mitzieht, könnten die Sozis endlich einmal etwas bewirken…

Ohne einen Wachstumsplan für Europa werde er Merkels Fiskalpakt nicht ratifizieren, kündigte Hollande an. Außerdem müsse man über die EZB reden. Es könne nicht sein, dass diese Milliarden an die Banken verteilt, jedoch keine Staatsanleihen kaufen darf. Auf die Frage, ob er wisse, dass er damit eine „rote Linie“ der Kanzlerin überschreite, antwortete Hollande selbstbewußt, Frau Merkel sei schließlich nicht allein in Europa (nachzulesen ist dies zum Beispiel hier).

Im Gegensatz zu Noch-Präsident Sarkozy will Hollande also nicht Merkels Schoßhündchen spielen. Bravo, l’artiste! Es wird höchste Zeit, der selbstgefälligen und kurzsichtigen Politik der Kanzlerin etwas entgegenzusetzen. Da die Präsidentschaftswahl schon im April beginnt und der Fiskalpakt in Deutschland und Frankreich wohl erst im Juni ratifiziert wird, könnten die Sozialdemokraten auf beiden Seiten des Rheins im Prinzip an einem Strang ziehen.

Es würde genügen, dass sich die SPD Hollandes Forderungen zu eigen macht und die Zustimmung zum Fiskalpakt im Bundestag so lange verweigert, bis Merkel in Verhandlungen mit dem (vermutlich) nächsten Staatschef Frankreichs einsteigt. Diese Absprache könnte vom Europaparlament flankiert werden, das gerade erst wieder ein Wachstumsprogramm für die Euro-Krisenstaaten gefordert hat und vom deutschen Sozialdemokraten Schulz geführt wird.

Hollande würde ich eine solche Strategie durchaus zutrauen, bei Gabriel und Schulz gibt es jedoch viele Fragezeichen. Schulz spielt bisher meist solo und scheint sich in seiner neuer Rolle als Parlamentspräsident mehr auf Kommunikation denn auf Strategie zu verlegen. Bisher hat er jedenfalls nichts gegen den Fiskalpakt unternommen; trotz lautstarker Ankündigungen sorgte Schulz mit dafür, dass sich das Europaparlament mit einer Nebenrolle zufrieden gibt.

Gabriel gibt Hollande zwar im Prinzip Recht, scheint jedoch nicht zu echten Absprachen bereit. Und Fraktionschef Steinmeier weicht die SPD-Haltung zum Fiskalpakt schon wieder auf

Die drei deutschen Fragezeichen zeigen, wie schwer es Hollande hat. Während sich Merkel und Sarkozy offen verbünden (siehe „Angst vor Alternativen“), schaffen es französische Sozialisten und deutsche Sozialdemokraten bisher nicht, über Ländergrenzen hinweg Politik für den überfälligen Wandel in Europa zu machen…

Siehe zu diesem Thema auch meine aktuelle Umfrage und einen interessanten Hintergrund bei Euractiv France.