High Noon in Paris

Er soll die Eurozone zusammenhalten – nun spielt er den Rausschmeißer

Die Schuldenkrise in Griechenland eskaliert. Die so genannte Troika aus EU, EZB und IWF hat der Regierung in Athen ein – später wieder dementiertes – Ultimatum gestellt, um die verlangten Reformen umzusetzen. Angeblich verlieren die Geldgeber die Geduld mit ihren griechischen Gläubigern. In Wahrheit folgen sie nur einer ziemlich durchsichtigen deutsch-französischen Agenda. Merkel und Sarkozy brauchen dringend Erfolge, deshalb müssen die Griechen bluten.

Nun ist also auch Eurogruppen-Chef Juncker so weit: In einem Interview mit dem „Spiegel“ drohte der Luxemburger, der die Währungsunion eigentlich zusammenhalten soll, unverhohlen mit einer Pleite Griechenlands und dem Rauswurf aus der Eurozone. Er folgt damit der Linie der Kanzlerin, die Griechenland nur zu gerne fallen lassen würde (siehe mein Eintrag “Was Merkel wirklich will”), dazu aber einen Vorwand und günstige Konditionen braucht.

Den Vorwand hat man nun offenbar gefunden: Die Bedingungen der Troika müssten auf Punkt und Koma erfüllt werden, so Juncker, ansonsten gebe es kein frisches Geld. Neben weiteren Einsparungen im öffentlichen Dienst und im ohnehin schon notleidenden Gesundheitswesen zählt zu den nicht verhandelbaren Positionen offenbar auch eine Kürzung des Mindestlohns und der Gehälter im Privatsektor.

Zwar tragen Gehaltskürzungen im Privatsektor keinen Cent zu Einsparungen im Staatsbudget bei – im Gegenteil: sie dürften die Steuereinnahmen weiter senken, das Defizit weiter erhöhen und die Rezession verlängern (Details im Blog Keep talking Greece). Doch darum geht es längst nicht mehr. Auch das Argument, Lohnkürzungen würden die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, überzeugt nicht.

Im Kern geht es um zwei deutsche Forderungen: 1. Keine zusätzliche Beteiligung der staatlichen Gläubiger, d.h. keinen Cent mehr aus der deutschen Kasse (dabei hatte Juncker noch vor einer Woche eine deutsche Beteiligung gefordert; offenbar hat er nun aufgegeben). 2. Zustimmung aller Parteien, d.h. völlige Unterwerfung Griechenlands vor den Wahlen im April. Andernfalls, so die unverhohlene Drohung, wird es keinen zweiten Rettungsplan über 130 Mrd. Euro geben.

Beide Bedingungen sind pervers, da sie sowohl den sozialen Frieden als auch die Demokratie in Griechenland untergraben. Ziemlich absurd ist auch das Timing: Obwohl eine Pleite erst Anfang März droht, setzt man den Griechen bereits jetzt die Pistole auf die Brust, damit der Bundestag die Ergebnisse in Ruhe abnicken kann (wenn möglich schon am Donnerstag) – und damit Merkozy bei ihrem Treffen heute nachmittag in Paris einen Erfolg vorweisen können. 

Griechenland ist nämlich das Hauptthema bei dem Treffen. Danach wollen Merkel und Sarozy bekanntlich gemeinsam im Fernsehen auftreten (siehe dazu meinen Eintrag von Freitag). Damit der ungewöhnliche Auftritt, mit dem Sarkozy sein Image im “Glanze” der Kanzlerin aufpolieren will, zu einem Erfolg wird, soll der griechische Premier Papademos heute in Athen rechtzeitig zur Primetime die Kapitulationsurkunde unterschreiben.

Was wie ein High Noon in Athen aussieht, ist also in Wahrheit ein High Noon in Paris – und ein höchst fragwürdiges Wahlkampfmanöver, das die Griechen Kopf und Kragen kosten könnte…

P.S. Nun gibt es angeblich doch kein Ultimatum. Die Griechen müssten sich nur vor dem nächsten Treffen der Eurogruppe einigen, meldet die FTD. Das war ursprünglich für den heutigen Montag geplant, wurde dann aber von Berlin abgeblasen – mit der Begründung, die Griechen hätten sich ja noch nicht geeinigt. Offenbar beißt sich die Katze in den Schwanz. So oder so bleibt der Eindruck, dass es mehr um Merkels und Sarkozy Agenda geht als um die “Rettung” Griechenlands…zumal ja nun auch Merkels “Sparkommissar” wiederkommt – in Gestalt eines Sonderkontos für den Schuldendienst!

 

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