Hier der Blender, da die Arbeitsbiene!?
Noch bevor Frankreichs Macron aus Washington abgereist ist, wollen viele in Berlin schon wissen, dass sein Staatsbesuch nicht ernst zu nehmen sei – im Gegensatz zur Stippvisite von Kanzlerin Merkel am Freitag. Hier der Blender, da die Arbeitsbiene?
Not so quick! Ich habe ja auch über die pompöse Inszenierung des Macron-Besuchs im Weißen Haus gelacht. Und ich habe infrage gestellt, dass Macron tatsächlich für die EU spricht.
Das heißt aber nicht, das Merkel es besser macht. Genau das wollen aber jene Regierungs-Politiker aus Berlin wissen, die jetzt schon hämische Urteile abgeben. Hier ein paar Beispiele:
„Das Schauspiel von Mister Trump und Monsieur Macron hat bei aller Wertschätzung für Europapolitik des Franzosen etwas von einer billigen Schmierenkomödie, eher B-Movie“ – SPD-Vize Ralf Stegner.
„Diese Kanzlerin hat natürlich so viel Erfahrung und so viel schon geleistet für und in Europa, dass Herr Macron natürlich erst nochmal einige Jahre arbeiten muss, bevor er eine ähnliche Bilanz aufweisen kann.“ – Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer.
„Ich kann mir die Kanzlerin ehrlich gesagt nicht golfspielend vorstellen“. – Der neue Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer.
Dabei muss man nicht unbedingt Golf spielen und große Gesten machen, um Trump zu überzeugen, meint das US-Magazin “Foreign Policy”. Es würde schon genügen, auf deutsche Doppelmoral zu verzichten.
“Die Herangehensweise der Kanzlerin in der Außenpolitik war typisch deutsch”, schreibt das Magazin (zitiert nach Huffingtonpost), “moralistisch, heuchlerisch – und komplett ineffektiv.”
Okay, das muss man nun auch nicht für bare Münze nehmen.
Aber es zeigt doch, dass Merkel in Berlin und Washington völlig unterschiedlich wahrgenommen wird – als fleissige Arbeitsbiene hier, als nervige Moralpredigerin dort…
Peter Nemschak
26. April 2018 @ 21:57
Das dürfte auf Gegenseitigkeit beruhen.
Claus
26. April 2018 @ 16:18
Trump im Wahlkampf 2015 über Merkel (ZEIT Online): „Ich habe immer gedacht, dass Merkel diese große Führungsperson ist“, sagte Trump. Was sie nun in Deutschland getan habe, „ist verrückt. Es ist verrückt.“
Merkel zur Wahl von Trump (Focus Online) „Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bot Trump aber eine „enge Zusammenarbeit“ auf der Basis gemeinsamer Grundwerte an.“
Bei letzterem hat sich Trump vermutlich schief gelacht und darauf verzichte, mit einem Fingerschnipp in die deutsche Politik einzugreifen, vermutlich könnte er es. Und vergessen hat er es wohl nicht. Und ich würde zu gern mal wissen, wie Trump „off the records“, also nicht gerade per Twitter, die derzeitige deutsche Regierungspolitik sieht.
felinette
26. April 2018 @ 12:38
Gewiss, Macron ist kein Heilsbringer, der über Kritik erhaben wäre. Aber in diesen Zeiten ist er schon ein Lichtblick, denn er hat offenbar eine Leidenschaft für Europa (davon würde ich mir auch hierzulande mehr wünschen), politischen Ehrgeiz und Gestaltungswillen. Und wenn die Show im Weißen Haus auch nicht gerade ganz großes Kino war – er hat sich, wie seine Rede zeigte, kein bisschen verbogen. Statt überheblich daherzureden, könnten sich gewisse Politiker doch mal ein Scheibchen davon abschneiden.
Peter Nemschak
25. April 2018 @ 17:35
Weder Macron noch Merkel werden überschätzt. Hoffentlich sprechen sie im Unterschied zur supranationalen EU mit einer Zunge, um Trump nicht zu verwirren und Seperatdeals zu provozieren. Wer wie Hensler gegen die Wirtschaft anschreibt, schreibt gegen Arbeitsplätze an. Die Kapitalmärkte sind, mehr oder minder gut reguliert, integraler Bestandteil unseres Wirtschaftssystems. Ohne sie funktioniert ein kapitalistisches Wirtschaftssystem nicht. Das Wort Demokratisierung (so wie Neoliberalismus ein Lieblingswort der Linken) bedeutet alles und nichts.
Dixie Chique
27. April 2018 @ 12:25
Neoliberalismus bedeutet:
Erst das Spielbrett manipulieren und die Würfel zinken.
Dann den Verlierern vorwerfen sie seien zu blöd, zu faul und selbst schuld.
Das Verabscheuungswürdigste und Strunzdümmste daran ist aber die inhärente Prämisse, das Leben sei ein Spiel. Und die Welt der Hauptgewinn.
Man muß nicht „links“ sein um eine so kolossale Dummheit zu erkennen und zu benennen.
Herbert Hensler
25. April 2018 @ 17:13
Die Bundeskanzlerin wird total überschätzt. Sie tut so als würde sie Politik gestalten, in Wirklichkeit ist es aber so, dass sie stets den Interessen der Wirtschaft und Kapitalmärkten folgt. Dabei wird Europa immer mehr in den Zerfall getrieben, weil keinerlei Ansätze zur Demokratisierung kommen. Deutschland ist das eigentliche Problem wohin man auch schaut, es steht ständig au der Bremse.