Hart gegen Putin, soft beim Brexit
Wundersame Dinge ereignen sich in Brüssel. Während die britische Regierung im Fall Skripal beinhart auftritt und sogar Russlands Präsident Putin persönlich beschuldigt, wird sie beim Brexit ungewöhnlich soft.
In Windeseile (und ziemlich geräuschlos) ließ Premierministerin May am Montag einen Deal mit EU-Chefverhandler Barnier durchwinken, den sie zuvor noch in höchsten Tönen verurteilt hatte.
Er sieht nicht nur eine kürzere Übergangszeit nach dem Brexit vor (bis Ende 2020, weniger als die geforderten zwei Jahre), sondern sogar die Unterwerfung unter EU-Recht – ohne Mitsprache!
Sogar der von der EU geforderte Verbleib Nordirlands im Binnenmarkt scheint nun kein unlösbares Problem mehr zu sein. „Eine britische Premierministerin kann dies nie unterschreiben“, hatte May zuvor getönt.
Die neue Flexibilität steht in auffälligem Kontrast zur Härte, mit der London gleichzeitig im Fall des mutmaßlichen Giftgas-Angriffs vorgeht. Außenminister Johnson machte sogar Putin persönlich verantwortlich.
Umgekehrt markiert die EU nun gegenüber Russland den harten Mann – während sie in der immer noch strittigen Nordirland-Frage beide Augen zudrückt. Ein Zufall dürfte dies nicht sein. FT-Kolumnist W. Münchau:
Our understanding is that the EU chose not to destabilise May at this stage because of the wider political implications of the Skripal affair.
Man kann es aber auch andersherum sehen: May hat sich dafür entschieden, beim Brexit nachzugeben, um die Skripal-Affäre für innen – und außenpolitische Zwecke auszuschlachten.
Oder, Vorsicht Verschwörungs-Theorie: Skripal ist nur ein Smokescreen, um von der britischen Kapitulation gegenüber der EU beim Brexit abzulenken… – Your turn!
Baer
21. März 2018 @ 10:16
@Nemschak,haben die Engländer nicht schon genug eigene Interessen /Extrawürste?
Was soll eigentlich die neue Kommandozentrale ihres Lieblingskindes NATO in Ulm?
Deutschland entwickelt sich allmählich zum Motor unmöglichen Aggressionsverhaltens.
Russland wollte sehr wohl eine Annäherung,aber nicht an eine amerikanisch dominierte
Wertegemeinschaft,und das aus gutem Grund.Was wenn schon Russland nach Ihrer Lesart aggressiv ist, sind dann die Amerikaner?Doch wohl das demokratischste,friedliebendste Volk auf Erden.Eine äusserst makabere Sichtweise der Dinge.Mainstream lässt grüßen.
Peter Nemschak
20. März 2018 @ 15:21
Sowohl die EU als auch das UK haben wirtschaftliche Interessen, die bei einem BREXIT nicht unter die Räder kommen dürfen. Außerdem bleibt das UK Nato-Mitglied und Teil der westlichen Gemeinschaft, zu der Russland nach Ende der Sowjetunion nicht gehören wollte sondern sich eigenständig auf der Weltbühne, noch dazu aggressiv, bemerkbar machte. Nichts ist verwunderlich, im Gegenteil alles logisch.
Reinard Schmitz
21. März 2018 @ 12:37
>>Teil der westlichen Gemeinschaft, zu der Russland nach Ende der Sowjetunion nicht gehören wollte<<
Sie sind ein Goldschatz und habe mal wieder ein großes Satire-Ei gelegt. Ein Teil nach US-Vorgaben, Das hatten die USA sich so vorgestellt. Das wissen wir ja alles. Dieses vergiftete Angebot nicht angenommen zu haben sondern als wirklicher Partner akzeptiert zu werden kann schwerlich als Grund der heute wieder auferstandenen Konfrontation genannt werden.
Summerhill
20. März 2018 @ 11:12
Das ist – wieder einmal – die „Falklandization“ der britischen Innenpolitik.
1982 – schreckliche Umfragewerte – Falkland-Krieg
1990 – schreckliche Umfragewerte – Iraq-Krieg
2011 – schreckliche Umfragewerte – Libyen-Krieg
Und jetzt wieder. Im May sind Regionalwahlen, und den Torys droht eine entsetzliche Niederlage.
hyperlokal
20. März 2018 @ 10:58
Wenn sowas bei den Briten funktioniert, dann kann man echt froh sein, dass die in Zukunft keine Mitsprache mehr haben. Schlägermentalität hat in der EU nichts zu suchen.