Härte gegen Polen, Nachsicht mit Ungarn

Ist das jetzt eine gute oder eine schlechte Nachricht? Die EU-Kommission geht hart gegen Polen vor, schont jedoch weiter Ungarn und Regierungschef Orban.

Die EU-Kommission hat schon das vierte Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Ziel sei es, “die Unabhängigkeit der Richter in Polen zu schützen”, erklärte die Brüsseler Behörde. Bisher haben die Rügen aus Brüssel wenig bewirkt.

Das neue Verfahren richtet sich gegen ein Gesetz zur Bestrafung von Richtern. Der von Regierungsgegnern “Maulkorb-Gesetz” genannte Rechtstext sieht vor, dass polnische Richter für Kritik bestraft werden können.

Die nationalkonservative Regierungspartei PiS gibt an, mit der Novelle gegen Korruption vorzugehen. Die Opposition wirft der Regierung hingegen vor, Richter mundtot machen zu wollen.

Der Schritt kommt nur einen Tag, nachdem der frühere EU-Ratspräsident Tusk zu einem Boykott der Präsidentschaftswahl in Polen aufgerufen hatte. Die Abstimmung am 20. Mai sei “verfassungwidrig”, sagte er.

Tusk leitet die konservative Europäische Volkspartei EVP, in der CDU und CSU den Ton angeben. Der liberale Pole hatte sich auch für einen Ausschluß der ungarischen Fidesz aus der EVP ausgesprochen.

Doch CDU und CSU haben dies verhindert. Offenbar halten die Parteifreunde von Kanzlerin Merkel auch weiter ihre schützende Hand über die Fidesz und ihren Chef Orban.

Jedenfalls will die EU-Kommission immer noch kein Verfahren gegen Ungarn einleiten – trotz des von Orban verhängten Ermächtigungsgesetzes, das das Parlament aushebelt und die Medfien knebelt.

Sie habe das Gesetz ausführlich analysiert und sehe im Text selbst keinen Anlass für ein Einschreiten, sagte EU-Justizkommissarin Jourova nur wenige Minuten, nachdem sie das Verfahren gegen Polen eingeleitet hatte.

Das war auf jeden Fall eine schlechte Nachricht. Fast könne man meinen, Jourova wolle mit ihrem Vorstoß gegen Polen von ihrer Untätigkeit in Ungarn ablenken…

Siehe auch “Orban ermächtigt sich, Leyen-Truppe drückt sich”