Grüne an die Macht? – Machtkampf in Prag

Die deutschen Grünen haben sich auf ihrem Parteitag in Bielefeld auf eine Regierungsbeteiligung vorbereitet. Sie könnten in Europa viel bewegen – allerdings nicht mit Kanzlerin Merkel oder CDU-Chefin AKK.

Die Grünen drängen an die Macht„. So kommentiert die „Tagesschau“ den Parteitag. Die meisten deutschen Medien sehen es genauso. Die „taz“ sieht die Öko-Partei sogar auf „Kuschelkurs ins Kanzleramt„.

Radikal war gestern, heute geben die „Realos“ den Ton an. Die beiden grünen Spitzen Baerbock und Habeck haben sich in dieser Bundesrepublik gut eingerichtet und wollen sogar die Verfassung schützen!

Bleibt die Frage, mit wem sie denn nun regieren wollen. Mit Sozialdemokraten und Linken? Davon ist keine Rede mehr. Viel wahrscheinlicher scheint eine Koalition mit CDU und CSU – oder „Jamaika“.

Das ist zwar schon einmal schief gegangen. Doch einige Ober-Grüne trauern heute noch der verpassten Chance nach. Andere hoffen auf ein Bündnis mit den Christdemokraten – unter grüner Führung.

Für die meisten EU-Politiker wäre das eine zwiespältige Aussicht. In Brüssel möchte man Kanzlerin Merkel selbst heute nicht missen, da sie fast nur noch auf der Bremse steht. Viele klammern sich an den Status Quo.

Und selbst jene, die einen „Aufbruch“ wollen, können sich das nur mit Merkel (oder AKK) vorstellen, nicht aber unter grüner Führung. Die künftige Kommissionschefin von der Leyen rechne ich dazu.

Doch mit Merkel oder AKK wird das grüne Programm nicht zu machen sein. Zentrale Forderungen – vom Klimaschutz bis hin zum künftigen EU-Budget – stoßen auf Widerstand aus Berlin.

Mit Blick auf den deutschen EUVorsitz im zweiten Halbjahr 2020 dürfte dieser Widerstand sogar noch zunehmen. Mit einem „Kuschelkurs“ werden die Grünen da nicht viel erreichen können…

Siehe auch unser Gespräch mit der grünen Europapolitikerin F. Brantner: „Leyen kann nur so stark sein, wie Merkel sie lässt“

Watchlist

  • Kriegt Frau von der Leyen doch noch die Kurve? Das dürfte sich am Montag in Brüssel entscheiden, wenn der designierte ungarische EU-Kommissar Varhelyi kritische Nachfragen aus dem Europaparlament beantworten muss.
  • Wenn seine schriftlichen Antworten nicht alle Zweifel an seiner Unabhängigkeit ausräumen, dürfte es ein zweites Hearing geben – dann wackelt der Zeitplan der künftigen Kommissionschefin. Sie will am 1.12. starten, eine neue Anhörung bedeutet eine weitere Verzögerung.
  • Mehr zur neuen EU-Kommission hier

Was fehlt

  • Der Machtkampf in Tschechien. Rund eine Viertelmillion Menschen haben am Samstag in Prag – kurz vor dem vor dem 30. Jahrestag der Samtenen Revolution – den Rücktritt von Regierungschef Babis gefordert.
  • Der 65-Jährige Milliardär steht im Verdacht, mit seinem Konzern Agrofert unrechtmäßig EU-Subventionen in Millionenhöhe eingestrichen zu haben.
  • Die EU-Kommission sieht zudem einen möglichen Interessenkonflikt zwischen seiner Funktion als Politiker und als Unternehmer. Allerdings kann Brüssel gegen Babis wenig ausrichten…

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