Griechenland: Drohen statt helfen
Wie kann man ein Land, das gleichzeitig die größte Schulden- und Flüchtlingskrise seiner Geschichte bewältigen muss, auch noch bedrohen und abstrafen? Die EU-Kommission kann das, kein Problem.
Die Brüsseler Bürokraten setzten Athen jetzt eine Frist bis 26. April, um den sogenannten Aktionsplan zur “Grenzsicherung” mit “weiteren Elementen und Klarstellungen” nachzubessern.
Andernfalls werde die Kommission empfehlen, Mitgliedsstaaten länger eigene Grenzkontrollen zu erlauben, womöglich bis zum Jahresende. Athen wäre dann de facto aus Schengen ausgeschlossen.
Und das, obwohl gar keine Flüchtlinge mehr aus Griechenland kommen – und obwohl die EU-Länder ihr Versprechen gebrochen haben, die Menschen aus Idomeni umzusiedeln und Helfer zu schicken!
Das ist einfach nur noch pervers. Aber offenbar immer noch nicht genug. Denn gleichzeitig droht die Eurogruppe Athen schon wieder wegen der Schuldenkrise – hier droht am 22.4. ein Showdown!
Mehr dazu hier. Was passiert, wenn Griechenland scheitert, hier
Andreas
13. April 2016 @ 12:12
@Nemschak: tja, das sind zwei Paar Schuhe?! Sind Sie sicher? Im Kern der Flüchtlingskrise ist doch a) das Freihandels-Dogma der USA inkl. Herbeibomben + 1000 Militärbasen weltweit und b) die EU-Variante von Geldsystem inkl. grausamster Austerität. A) richtet sich eher nach außen, b) nach innen (von DE aus gesehen außen). Und da sich a) und b) so segensreich ergänzen, werden sie wie der Krug so lange zum Brunnen gehen bis sie zerbrechen. Dieses Zerbrechen ist nahezu mit Händen greifbar. Reformen. Dass ich nicht lache. Wir verlangen von GR, dass es sich so reformiert, dass sich die Sonne wieder, wie Jahrhunderte gewohnt, um die Erde dreht. Das ist eigentlich alles, das kann doch nicht so schwer sein. Siehe volkswirtschaftliche Saldenmechanik. Wissen Sie, warum Kafka Weltliteratur ist? Finden sie es heraus. Das ist derselbe Sprung wie zwischen Hayek und Keynes, sagen wir: wie zwischen Thomas Mann und Franz Kafka. Don Corleone wäre schon lange aufgestanden (vom Tisch mit der EU) und hätte gesagt: mit den Leuten kann man nicht vernünftig reden. Im Übrigen neben den völkerrechtlichen Implikationen von Flüchtlingsschutz gilt auch: Einwanderung steuern bedeutet Lohnmoderation nach oben. Jedenfalls in einer neoklassischen Welt der Kartoffellohnmärkte gilt das zwingend. GR und Reformen: das ist die Illusion der Wahl. Ein preußischer Offizier konnte 1943 wissen, dass der Krieg verloren ist. Und so kann ein skeptischer Ökonom heute wissen, dass die Währungsunion verloren ist. Mit GR hat das gar nichts zu tun. Mit den Flüchtlingen auch nicht. Sie Herr Nemschak tragen auch keine Schuld. Schönen Tag noch!
Peter Nemschak
13. April 2016 @ 15:53
Freihandel nützt nicht nur entwickelten Industrienationen, ob Sie die USA mögen oder nicht. Am Beispiel Landwirtschaft lässt sich zeigen, dass der Protektionismus der entwickelten Länder äußerst schädlich für die Entwicklungsländer ist. Was haben Sie gegen die Reformen in Griechenland? Soll Griechenland ewig ein wirtschaftlicher Nachzügler in Europa bleiben? Griechenland hätte die Möglichkeit gehabt den Euro zu verlassen. Das Land hat sich aber dagegen entschieden. Haben Sie ein schlüssiges Alternativmodell, vorzugsweise ein solches, das sich in der Geschichte bereits bewährt hat?
Peter Nemschak
13. April 2016 @ 10:16
Die Versäumnisse der EU gegenüber Griechenland und umgekehrt in der Flüchtlingsfrage sind eines, die Frage, ob die vereinbarten Reformen umgesetzt werden, ein damit nicht zusammenhängendes Problem. Beides zu vermischen, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Dass keine Flüchtlinge aus Griechenland mehr kommen, ist das Ergebnis der Schließung der Balkanroute auf Initiative Österreichs durch die Nachbarn Griechenlands, insbesondere Mazedoniens und jüngst auch Bulgariens. Dass eine gesamteuropäische Lösung der Flüchtlingsfrage längst überfällig ist, muss man der EU, aber vor allem auch den widerwilligen Mitgliedsstaaten anlasten. Die EU ist nur so stark wie der gemeinsame politische Wille ihrer Mitglieder.
S.B.
13. April 2016 @ 11:08
Peter Nemschak schreibt: “Die EU ist nur so stark wie der gemeinsame politische Wille ihrer Mitglieder.” – Wohl wahr! Und deshalb kommt in Krisensituationen wie der Flüchtlingskrise (genauso in der Eurokrise), auch nichts Konstruktives zustande.
Warum in der Flüchtlingsfrage, die großteils nichts anderes als eine Invasorenfrage ist, eine gesamteuropäische Lösung überfällig bzw. überhaupt notwendig sein soll, erschließt sich mir nicht. Es ist völlig ausreichend, wenn jedes Land seine eigenen Interessen wahrnimmt. Zumal es in dieser Frage, wie sich allenthalben zeigt, keine einheitlichen Interessen der EU-Mitglieder gibt. In diesem Punkt hat die EU also keine Daseinsberechtigung.
S.B.
13. April 2016 @ 09:12
“Das ist einfach nur noch pervers.”
Deutlicher ausformuliert gewesen wäre: Das EU-Diktatoren-Theater ist einfach nur noch pervers.
Ich habe keine Ahnung, warum sich die per EU schon so lange malträtierten Länder, insbesondere GR, dieser Fremdbestimmung in Form von Nötigung weiterhin beugen. Das es auf diesem Wege keineswegs besser wird, sieht ein Blinder mit dem Krückstock. Jeder Neuanfang im Alleingang sollte besser sein, als das Dahinsiechen im EU-Rahmen.