Sorge um Türkei-Deal – Pompeo will „Reset“

Der von Kanzlerin Merkel eingefädelte – und von Anfang an umstrittene – Flüchtlings-Deal mit der Türkei steht auf der Kippe. Weil zu viele Boat People anlanden, greift Griechenland nun zu drastischen Mitteln.

So wurden am Montag mehrere hundert Flüchtlinge aus dem berüchtigten Lager Moria aufs Festland verlegt, von wo aus sie nicht mehr in die Türkei zurück geschickt werden können.

Eine erste Gruppe von mehr als 600 Afghanen wurde am Vormittag auf ein Schiff in Lesbos gebracht, um in die Küstenstadt Thessaloniki zu fahren. 700 weitere Menschen sollten folgen.

Die EU-Kommission bot Griechenland Hilfe an. „Wir sind bereit, die griechischen Behörden bei diesen Transfers zu unterstützen“, sagte eine Sprecherin in Brüssel.

Die Brüsseler Behörde sei „besorgt über die große Zahl“ der Ankünfte. Sie gehe aber davon aus, dass die Türkei sich weiter an den EU-Flüchtlingsdeal halte werde.

Genau das ist jedoch fraglich. Zum einen hat die Türkei ihre Politik gegenüber syrischen Flüchtlingen verschärft. Zum anderen hält sie sich nicht mehr an Absprachen mit den USA und der Nato.

Warum sollte Sultan Erdogan ausgerechnet mit Griechenland und der EU konzilianter umspringen? Er ignoriert ja auch die Warnungen aus Brüssel, wenn es um Bohrungen vor Zypern geht.

Zuletzt hat sich die Lage zugespitzt, wie Kathimerini berichtet:

About 7,000 people landed on Greece’s shores last month, the highest number since the deal was signed. Last Thursday alone, more than a dozen boats arrived with around 600 migrants, prompting the government’s Council for Foreign Affairs and Defense to hold an emergency session.

Der neue griechische Premier Mitsotakis soll Merkel bei seinem Antrittsbesuch in Berlin um Hilfe gebeten haben – doch offenbar hat das an der Lage nichts geändert…

Siehe auch „Die Flüchtlingskrise schwelt weiter – nicht nur in Kroatien“ und „An diesen drei Deals hängt die Zukunft der EU“

Watchlist

  • Trägt die Fünf-Sterne-Bewegung in Italien die neue Koalition mit den Sozialdemokraten mit? Das soll eine Online-Befragung der Mitglieder klären. Bisher galten die PD-Sozis vielen Anhängern der Linkspopulisten als Teil des verhassten Establishments, das sie überwinden wollten…
  • Muss Bayerns Ministerpräsident Markus Söder büßen, möglicherweise sogar in Zwangshaft gehen? Darüber entscheidet am Dienstag der EuGH in Luxemburg. Konkret geht es darum, ob im Streit um Diesel-Fahrverbote zur Durchsetzung von Gerichtsurteilen auch Zwangshaft gegen Politiker angeordnet werden kann.  

Was fehlt

  • Der Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo in Brüssel. Der Amerikaner traf sich u.a. mit Ursula von der Leyen – doch wie mittlerweile üblich, fand alles hinter verschlossenen Türen statt. Nur der Wunsch nach einem „Reset“ der Beziehungen drang durch. Da die CDU-Politikerin als Transatlantikerin gilt, kommt das nicht überraschend. Fragt sich nur, wo es zwischen Brüssel und Washington noch Gemeinsamkeiten gibt…
  • Die neue Einordnung des Brexit als „Desaster“ bzw. Naturkatastrophe. Wie die BBC meldet, will die EU-Kommission im Fall eines „No Deal“ Geld aus dem Solidaritätsfonds bereitstellen. Der EUSF wurde nach den schweren Überschwemmungen in Mitteleuropa im Sommer 2002 geschaffen. Seitdem wurde der Fonds in rund 80 Katastrophenfällen in Anspruch genommen, darunter auch Waldbrände, Erdbeben, Stürme und Dürren…