“Graf Draghila”: Es geht wieder los

Es erinnert an die dunkelsten Stunden der Eurokrise: “Bild” und einige andere deutsche Medien hetzen gegen “Graf Draghila” und seine ultralockere Geldpolitik. Sogar in der EZB wird Draghi angefeindet.

“Graf Draghila saugt uns die Konten leer”, behauptet die “Bild“-Zeitung. Die Nullzinspolitik habe “Privathaushalte” (welche – nur die deutschen?) um bis zu 295 Mrd. Euro an Zinseinkünften gebracht.

Schon der Vergleich mit dem Grafen Dracula ist eine krasse Entgleisung. Ein Vampir und Blutsauger ist Mario Draghi sicher nicht, die Grenzen der seriösen Berichterstattung werden wieder einmal überschritten.

Aber auch die angebliche Enteignung der Sparer ist Unsinn. Die Zinsen zahlen die Banken, nicht die EZB. Außerdem gab es auch unter der “guten alten” Bundesbank schon Zeiten, in denen der Zinserlös (nach Inflation) negativ war.

Die entscheidende Variable ist eben die Inflation – und auch darauf, nur darauf, richtet die EZB ihre Geldpolitik aus. Die deutsche Politik wollte es so – sie hat die EZB nach dem Muster der Buba geformt.

Ernstzunehmen ist die neue Polemik trotzdem. Denn auch im EZB-Rat regt sich Widerstand gegen die ultralockere Geldpolitik. Und zwar mehr denn je – meldet SPON.

Insidern zufolge argumentierte eine zweistellige Zahl des 25-köpfigen Gremiums gegen die von Draghi vorgeschlagenen Maßnahmen. Auch die deutschen und französischen Vertreter sagten Nein.

Damit zerbricht der ohnehin brüchige Konsens, der sich nach der Eurokrise um die Geldpolitik gebildet hatte. Die beiden wichtigsten Euroländer machen Front gegen Draghi!

Zugleich weitet sich der Riss zwischen der EZB und Frankreich auf der einen, Deutschland und den Niederlanden auf der anderen Seite aus. Es geht um die Stützung der Konjunktur.

Draghi und die Franzosen fordern, die Überschussländer müssten die Fiskalpolitik lockern und Investitionen anstoßen, um die drohende Rezession abzuwenden. Doch davon wollen Berlin und Den Haag nichts wissen.

Die Eurozone steuert also nicht nur ratlos in den nächsten Abschwung hinein; sie ist auch politisch zerstritten und wirtschaftspolitisch gelähmt.

Und die üblichen Verdächtigen wollen die Schuld dem italienischen “Draghila” und seiner französischen Nachfolgerin in die Schuhe schieben. Das kann ja heiter werden…

Siehe auch “Rezession wird zum Risiko für von der Leyen” und “Was Lagarde verspricht#”