Gipfel der Ohnmächtigen

Beim letzten Gipfeltreffen im Juni hat die EU wenigstens noch Entscheidungen simuliert. Diesmal ist nicht einmal das gelungen. Es war ein Gipfel der Ohnmächtigen – und damit ist nicht nur Mrs. May gemeint.

Nein, auch Kanzlerin Merkel und Präsident Macron sind schwer angeschlagen. Merkel ist seit der Bayern-Wahl eine “lame duck”. Ihre GroKo in Berlin ist klein geworden – CSU und SPD sind geschrumpft.

Wenn bei der Landtagswahl in Hessen nun auch noch die CDU verliert, wird Merkel zur Kanzlerin auf Abruf. Europapolitisch wird dann noch weniger gehen – schon der “Aufbruch für Europa” war ein Flop.

Nicht ganz so dramatisch ist die Lage in Frankreich. Präsident Macron ist “nur” vom Sonnenkönig auf Normalmass geschrumpft. Doch seine großen Visionen für die EU sind erledigt, er redet nicht einmal mehr davon.

Der deutsch-französische Motor steht still, der Brexit bringt noch mehr Sand ins Getriebe. Wobei das Hauptproblem zu sein scheint, dass Premierministerin May eine auch nur einigermaßen verlässliche Mehrheit fehlt.

Sie ist zur Geisel der Hardliner in ihrer Partei und der nordirischen DUP geworden – doch auch Merkel und Macron können nicht über ihren Schatten springen, um May doch noch entgegenzukommen. Ohnmacht pur.

Wie ohnmächtig nicht nur die “großen Drei”, sondern die gesamte EU geworden ist, zeigt sich nicht nur beim Brexit – sondern auch bei den beiden anderen großen Themen dieses Gipfels: der Migration und der Euro-Reform.

Bei der Migration geht seit Monaten nichts voran – weder beim “Außengrenzenschutz” noch bei der Solidarität nach innen. Die “Lösungen” vom Juni-Gipfel (Rückführungsabkommen, Auffanglager etc.) haben sich als unpraktikabel erwiesen.

Auch bei der Euro-Reform geht nichts mehr – zuletzt kam auch noch der Umbau des ESM zum Währungsfonds ins Stocken. Mittlerweile darf man schon froh sein, wenn sich die EU nicht in eine neue Krise hineinmanövriert – siehe Italien…

WATCHLIST:

  • Einen Tag nach der konservativen EVP schließt am Donnerstag auch die Europäische Sozialdemokratie ihre Bewerbungsphase auf der Suche nach einem möglichen Spitzenkandidaten für die Europawahl 2019 ab. Im Rennen sind bisher nur die beiden EU-Kommissare Sefcovic und Timmermans – kommt noch eine Last-minute-Kandidatur?

WAS FEHLT:

  • Eine Rüge für CDU-Kommissar Oettinger. Der deutsche Dampfplauderer hat deutschen Medien erzählt, die EU-Kommission werde den italienischen Budgetentwurf zurückweisen, mußte dann aber zurückrudern. Es bleibt der Eindruck, dass Oettinger sich über den eigentlich zuständigen Finanzkommissar Moscovici hinwegsetzen wollte, wie so oft…

Hier der Tweet, in dem Oettinger zurückrudert (und einen SPON-Bericht dementiert):