Gewerkschaften fordern Alternative zum „liberalistischen Binnenmarkt“

Die Gewerkschaften hadern schon lange mit dem europäischen Binnenmarkt. Nun haben sie eine Alternative vorgelegt – sie soll der Reform-Konferenz zur Zukunft der EU neuen Schwung geben.

Bisher dümpelt die Konferenz vor sich hin. Trotz Internet-Platform und Bürgerbeteiligung interessiert sich kaum jemand für die Reform der EU, die durch Corona, Sozial- und Klimakrise in ihren Grundfesten erschüttert wird.

Die Debatten kreisen um die Agenda, die aus Brüssel vorgegeben wurde – über einen echten Neustart der EU denkt bisher kaum jemand nach. Doch nun haben die Gewerkschaften einen interessanten Vorstoß gemacht.

Sie fordern eine Alternative zur „liberalistischen Verfassung des EU-Binnenmarkts“. Der Arbeits- und Sozialrechtler Prof. Florian Rödl TU Berlin hat eine Studie vorgelegt und erklärt, worum es dabei geht.

Die EU habe ihr Friedens- und Wohlstandsversprechen gebrochen, sagte er auf einer Veranstaltung von DGB, ÖGB und der schwedischen LO. Statt den Wohlstand zu mehren, fördere die EU den Arbeitskosten-Wettbewerb zwischen den Staaten.

Dies führe zu wachsendem Druck auf den Sozialstaat. Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ gelte nicht mehr – es werde durch Wander- und Leiharbeiter ausgehöhlt.

Um das zu ändern, fordern die Gewerkschaften, den Binnenmarkt neu auszurichten. Die Marktfreiheiten dürften nicht mehr – wie bisher – als unternehmerische Freiheitsrechte interpretiert werden.

Außerdem brauche die EU eine aktive Arbeits- und Sozialpolitik und entsprechende Kompetenzen. Dies sei ohne eine Änderung der EU-Verträge jedoch kaum zu machen, so Rödl.

Auch der Europäische Gerichtshof soll umdenken. Bisher hält er stets die Marktfreiheiten hoch – im Sinne der Unternehmen. Arbeits- und Sozialrechte hingegen kommen regelmäßig unter die Räder.

Mehrere Grundsatzurteile des EuGH haben die neoliberale Ausrichtung zementiert. Es dürfte daher sehr schwer werden, den Binnenmarkt neu zu ordnen, wie es die Gewerkschaften fordern.

Letztlich geht es ja darum, die EU vom Kopf auf die Füsse zu stellen – und die Wirtschaftsunion in eine demokratische Politische Union weiterzuentwickeln.

Doch darüber redet niemand, jedenfalls nicht auf der Konferenz zur Zukunft der EU…