Genau wie beim Brexit – hoch drei
Trump. TRUMP. Man muss sich die Augen reiben, um zu glauben, dass dieser Mann wirklich zum nächsten US-Präsidenten gewählt worden ist. Dabei sah es gestern Abend doch noch ganz anders aus.
Clinton müsse nur noch Florida gewinnen, dann sei sie so gut wie gewählt, hieß es im deutschen Fernsehen. Die Wahrscheinlichkeit für ihren Sieg liege bei über 70 Prozent, so die „New York Times“.
Mich erinnert das an die wilde Brexit-Nacht in London. Auch da hieß es bis zuletzt, das Remain-Camp liege vorn und habe schon so gut wie gewonnen. Die „Experten“ haben sich getäuscht.
Das gilt auch – genau wie beim Brexit – für die Börsianer. Auch sie hatten – nach einigen Tagen der Trump-Baisse – zuletzt auf eine Clinton-Hausse gesetzt. Und lagen daneben.
Prompt knickten die Börsen weltweit ein, der Dollar geht in Sinkflug etc. pp. Genau wie beim Brexit. Nur dass die Folgen diesmal ungleich größer sein werden – auch für EUropa.
Denn Trump ist nicht nur ein Fan des russischen Präsidenten Putin – er hat auch den Brexit begrüßt. Nun könnte er den Brexiteers (und möglichen Nachahmern) neuen Auftrieb geben…
P.S. Hier eine erste Wahlanalyse – wie alles mit Vorsicht zu genießen
GS
9. November 2016 @ 13:23
Clinton hat verloren. Die Demokraten hätten diese Dame nie nominieren dürfen. Die Wahlbeteiligung ist massiv abgesackt. Meine These: Demokratenwähler sind in großer Zahl zuhause geblieben. Das ist Hillarys Schuld. Wäre m.E. Bernie oder Biden so nicht passiert, denke ich.
Deswegen tut’s mir auch nicht leid. Immerhin kein TTIP und kein Krieg gegen Russland.
Peter Nemschak
9. November 2016 @ 10:54
Der Vorteil liegt darin, dass Sie sich Ihr Handy und andere Dinge des täglichen Bedarfs leisten können, die sonst außer Reichweite wären. Durch die weltweite Vernetzung der Volkswirtschaften ist der Lebensstandard auch bei uns stark gestiegen. Vergleichen Sie einmal die wirtschaftliche Situation 1970 mit der jetzigen in Deutschland. Die Situation in den USA ist mit der unserer Sozialstaatsgesellschaften in Westeuropa nicht vergleichbar. Sozialstaatlich sind die USA ein Dritte Welt Land geblieben. Dazu kommt, dass sich Demokraten und Republikaner seit Jahren politisch gegenseitig blockieren. Eine treffende Darstellung der US-Situation finden Sie unter „American Political Decay or Renewal“ von Francis Fukuyama in der aktuellen Foreign Affairs. Fukuyama geht der Frage nach, warum der politische Wandel in den USA nicht bereits früher passiert ist.
S.B.
9. November 2016 @ 12:32
„Der Vorteil liegt darin, dass Sie sich Ihr Handy und andere Dinge des täglichen Bedarfs leisten können, die sonst außer Reichweite wären“
Hm, da frage ich mich, wie sich die Leute eigentlich vor der Globalisierung Häuser und Autos kaufen, in den Urlaub fahren konnten etc. pp? Waren diese Konsumgegenstände damals billiger als ein Handy heute?
S.B.
9. November 2016 @ 10:25
„Trump. TRUMP. Man muss sich die Augen reiben, um zu glauben, dass dieser Mann wirklich zum nächsten US-Präsidenten gewählt worden ist. “
Nur Leute, die nicht mehr erkennen, dass ihre eigene Ideologie mit den Interessen eines Großteils der Bevölkerung nichts mehr zu tun hat, reiben sich die Augen. Man nennt sie auch Realitätsverweigerer, weil sie nicht wahrhaben wollen, was wahr ist. Von solchen Leuten werden wir in D regiert und von solchen „Experten“ der Mainstream-Presse malträtiert. Aus diesem Grund sah bis gestern Abend jedenfalls in D auch alles anders aus.
„Nun könnte er den Brexiteers (und möglichen Nachahmern) neuen Auftrieb geben…“
Das bleibt zu hoffen, damit die bislang ungebremste Macht der neoliberalen Globalisten schnellstmöglich gebrochen wird. Globalisierung ist nichts anderes als ungebremste weltweite Ausbeutung von Mittel- und Niedrigqualifizierten durch die Möglichkeit des ungehinderten Wechsels von Unternehmen hin zum jeweils günstigsten Standort oder umgekehrt der Wanderung der billigen Arbeitskräfte zu den Unternehmen. Die EU mit ihren „Grundwerten“ wie Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit etc. ist Globalisierung im Kleinen. Wo liegt der Vorteil für Otto-Normal-Bürger?
Reinard
9. November 2016 @ 10:19
Fast alles richtig. Bis auf die letzten Sätze. Dorther kommt doch der neoliberale Mist!
Peter Nemschak
9. November 2016 @ 10:40
Das, was Sie als Mist bezeichnen, war die angebotsseitige Reaktion auf die nach den Ölkrisen der 1970-iger Jahre stagnierenden Wirtschaften des Westens. Durch die in den 1960-iger Jahren erfolgreiche Nachfragepolitik konnte die durch die Ölkrisen ausgelöste Kosteninflation, die gleichzeitig zur wirtschaftlichen Stagnation führte, nicht behoben werden. Daher versuchte man, durch Liberalisierung des Angebots (Wettbewerb auf den Güter- und Arbeitsmärkten) die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, was auch erfolgreich war. Durch die Liberalisierung des Außenhandels wurde seit den 1990-iger Jahren bis zur Finanzkrise ein weltweit starker Wachstumsimpuls gesetzt, von dem die Schwellenländer, aber auch der Westen profitierte. Das Problem war gleichzeitig wachsende Ungleichheit in den Ländern. Protektionismus wie in den 1930-iger Jahren wäre keine gute Lösung und würde sich negativ auf den verteilbaren Kuchen des Sozialprodukts auswirken.
Peter Nemschak
9. November 2016 @ 09:21
Das lange amerikanische Jahrhundert scheint sich dem Ende zuzuneigen. Ob die Wahl Trumps die europäische Schafherde weiter auseinander oder zusammentreiben wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wird sich nicht nur Europa sondern auch Japan, Korea und verschiedene Schwellenländer, welche sich bisher unter der der pax americana sicher wähnten, sicherheitspolitisch etwas einfallen lassen müssen. Wirtschaftlich hätte ein politisch einiges Europa die Chance, jene Positionen einzunehmen, welche die USA zumindest bis auf weiteres aufgeben werden. Europäischer Protektionismus und mehr öffentlicher Konsum sind nicht der geeignete Weg, die auch in Europa wachsende Ungleichheit zu beseitigen. Erfolgversprechender wäre ein Mix aus privaten und öffentlichen Investitionsinitiativen. Attraktive Rahmenbedingungen für die Privaten (steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit und eine gerechtere Unternehmensbesteuerung) umfassen auch eine wirtschaftsfreundliche öffentliche materielle und immaterielle Infrastruktur. Auf den richtigen Policymix kommt es mehr denn je an.