Gemeinsam sind wir stark? In der Außenpolitik gilt das nicht mehr

Nur gemeinsam könnten die EU-Staaten im 21. Jahrhundert bestehen, heißt es. In der Wirtschaftspolitik mag dies noch stimmen. Doch in der Außenpolitik gilt es nicht mehr, wie die Krisen in Irak, Iran und Libyen zeigen.

Besonders eklatant ist das Beispiel Iran.

Eine ganze Woche hat es gedauert, bis die 28 EU-Außenminister zu einer Krisensitzung in Brüssel zusammenkamen. In der Zwischenzeit hatte die kleine Schweiz längst für Deeskalation gesorgt – allein, ohne den “starken Arm” der EU.

Als dann die Außenminister tagten, gingen sie ohne Ergebnis auseinander – sieht man von wohlfeilen Appellen ab. Doch selbst noch diese Appelle wurden kurz darauf von Deutschland, Frankreich und UK konterkariert: Mit einem Vorstoß zum Atomabkommen.

Die EU-3 haben – offenbar auf Druck der USA – ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. Selbst der neue EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schien davon überrascht – dabei sollte doch er für die EU sprechen, und nicht Außenminister Maas.

All das zeigt, dass die gemeinsame Außenpolitik nicht funktioniert. Sie macht nicht stark, sondern sie lähmt Europa.

Und das liegt nicht etwa am Prinzip der Einstimmigkeit, wie man in Berlin gerne behauptet. Das liegt daran, dass sich die verschiedenen Positionen gegenseitig neutralisieren, statt sich wechselseitig zu verstärken.

Ein weiteres Beispiel ist Libyen.

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Russland und die Türkei schicken Söldner – und erlangen so in wenigen Tagen mehr Einfluß auf das Land als die EU in vielen Jahren. Brüssel war vorgewarnt, ist jedoch nicht einmal dem EU- Beitrittskandidaten Türkei in den Arm gefallen.

Nun soll Deutschland es richten.

Doch zu der groß angekündigten Libyen-Konferenz sind nicht einmal Griechenland oder Zypern eingeladen, obwohl es natürlich auch um Öl und Gas im Mittelmeer geht. Kanzlerin Merkel denkt wohl nur an Frieden – und Flüchtlinge.

Und ob die verfeindeten Politiker aus Libyen teilnehmen, ist auch nicht sicher. Vorsichtshalber hat Merkel die Erwartungen schon wieder heruntergeschraubt. An einem Tag könnten die Probleme nicht gelöst werden, heißt es nun.

Aber an einem Tag können neue Fakten geschaffen werden, wie US-Präsident Trump im Irak gezeigt hat. Im 21. Jahrhundert zählt Schnelligkeit und Entschlossenheit, nicht Geschlossenheit.

Doch die EU ist weder schnell noch entschlossen. Sie ist lahm und hasenfüßig. Einer Politik des Fait accompli hat sie nichts entgegen zu setzen.

Deshalb lässt sie sich sogar von einem Gernegroß wie Erdogan vorführen. Und deshalb klatscht sie, wenn einer – in diesem Fall Merkel – die “Führung” übernimmt. Gemeinsam sind wir stark? Das gilt höchstens noch in Sonntagsreden…

Siehe auch “Die Sprache der Ohnmacht” und “Lässt sich Merkel von Erdogan erpressen?”

Watchlist

Wie ist die Lage an den Außengrenzen der EU? Kommen wieder mehr Flüchtlinge aus der Türkei oder Libyen? Dazu will sich die Grenzschutzagentur Frontex äußern. Zuletzt hatte Sultan Erdogan gedroht, die Schleusen nach Europa zu öffnen. Auch der Bürgerkrieg in Libyen erhöht den Migrationsdruck. – Mehr dazu hier

Was fehlt

  • Rechtsstaat: Rule of law in Poland and Hungary has worsened – European Parliament
  • Handelspolitik: No unity with US because Trump ‘wants a grievance’ – Politico
  • Spanien / Europaparlament: Vers une guerre des juges autour des députés européens catalans? – Libération
  • Datenschutz: EU-Kommission hat keinen Überblick über Bußgelder – Spiegel
  • Klimaschutz: Autobauer steuern stramm auf CO2-Milliardenstrafen zu – Manager Magazin