Lindners durchsichtiges Manöver
Deutschland debattiert wieder über Waffenlieferungen für die Ukraine. Finanzminister Lindner ist überraschend nach Kiew gereist, wo er seine „Sympathie“ für die Lieferung des Marschflugkörpers “Taurus” bekundete.
“Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen”, erklärte Lindner. Er hoffe auf baldige Klärung der “Taurus”-Fragen. Dabei ist der FDP-Mann dafür gar nicht zuständig. Und es gibt auch keinen akuten Klärungs-Bedarf: Großbritannien und Frankreich haben ähnliche Systeme geliefert, die bereits im Einsatz sind.
Es handelt sich also um eine Phantomdebatte. Sie löst kein Problem, sondern lenkt von der aktuellen Misere ab. Lindner beteiligt sich nicht nur an diesem Ablenkungsmanöver – er versucht auch, es für parteipolitische Zwecke auszuschlachten und seine ganz eigene Gegenoffensive zu starten.
Doch das Manöver ist allzu durchsichtig. Schließlich ist Lindner nicht der erste, der mit einem Besuch in Kiew punkten will. Der kränkelnden FDP dürfte es nicht helfen, dem klammen Budget auch nicht. Im Gegenteil: Je länger der Krieg dauert, desto teurer wird er, auch für den deutschen Steuerzahler…
Siehe auch Taurus für die Ukraine: Schwache Argumente, keine Perspektive.
P. S. Lindner sagte in Kiew weitere Unterstützung zu. “Für die nächsten Jahre haben wir in unseren Haushaltsplanungen eine Fortsetzung der Unterstützung der Ukraine bereits fest eingeplant”. Derweil fehlt in Berlin das Geld für Kinder und Rentner…
Felix Kaul
16. August 2023 @ 13:43
Lieber Geld für den Krieg als für Migranten ausgeben!
ebo
16. August 2023 @ 14:07
Immer mit der Ruhe. Wir nehmen uns die nötige Zeit, bevor Kommentare eingestellt werden.
Dieser hier ist allerdings ziemlich unverständlich. Was wollen Sie sagen? Hat Lindner recht?
Arthur Dent
15. August 2023 @ 16:33
Sowohl Storm-Shadow- als auch Taurus-Marschflugkörper werden von Kampf-Jets abgefeuert, die die Ukraine eigentlich gar nicht hat. (Oder ukrainische Jets wurden um- oder nachgerüstet). Geliefert würden sie sicherlich aus Beständen der Bundeswehr, die lt. Generalleutnant Mais schon zu Beginn des Ukraine-Konflikts “blank” war – also zu Lasten der Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit des eigenen Landes. Kanzler und Minister brechen fortwährend ihren Amtseid.
ebo
15. August 2023 @ 16:35
Richtig, das kommt auch noch erschwerend hinzu. Die versprochenen F-16 müssten wohl umgerüstet werden – und dann brauchen sie noch Flugplätze, die Russland gerade systematisch “demilitarisiert”…
european
15. August 2023 @ 12:35
@KK
So ist es.
Vor einiger Zeit las ich einen Artikel, dass die Ratingagentur Fitch ueberlegt, Deutschland das Triple-A zu entziehen mit der Begruendung, dass das Land zwar gute Produkte herstellen kann, sie aber aufgrund der maroden Infrastruktur nicht von A nach B bekommt. Das waere es doch gewesen. 😉
Kaputte Schienen, Bruecken, Strassen. Spricht noch jemand von Digitalisierung oder verschicken wir immer noch memory sticks mit der gelben Post, weil es digital nicht geht?
KK
15. August 2023 @ 12:28
Lindners “Schwarze Null” sorgt zusätzlich dafür, dass jeder einzelne Euro, der Kiev hinten rein gesteckt wird, für dringende Aufgaben in Deutschland fehlen wird!
Damit ist Lindner (einer) der Totengräber der Funktionsfähigkeit dieses Landes.
Infrastruktur, Bildungs- und Gesundheitswesen usw., es hakt überall und an allen Ecken wird das Geld hier gebraucht – und nicht in dem korruptesten Land EUropas, wo deutsches Steuergeld zum Teil in privaten Taschen bzw. Offshorekonten verschwindet.
Godfried van Ommering
15. August 2023 @ 12:12
Lindner in Kiew. Wozu? Nur damit die sture Aussage: „Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen“ die Leute zuhause erschüttern wird, denn der Herr Minister, der eigens nach Kiev gereist ist, hat’s gesagt! Und zwar Lindner, mit dem teueren Schuhwerk und dem netten Hemd! In Kiew! „Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen“ ist das Mantra der deutschen Politiker. Warum? Weil die deutsche Regierung nie mit den riesigen Folgen ihrer katastrophaler Politik konfrontiert werden soll, und die Bürger die Rechnung dieser Politik präsentiert bekommen? Es ist eine Aussage ohne Beziehung zur Wirklichkeit, zur ethischen Kategorie, – und funktioniert trotzdem, oder gerade so, als deutsche Staatsräson. Man muß als Politiker diesen Formel von sich geben, um dann anschließend die Milliarden zur Unterstützung der Ukraine zu versprechen. Ich bange vor das schlicht Inhaltslose heutiger Politiker-Sprache. Denn ich kann es einfach nicht fassen, daß ein Lindner der Ernst der Lage in Europa durch den Krieg in der Ukraine gegen Russland nicht wahrnimmt, wegen der Staatsräson nicht wahrhaben will. Denkt er kein Moment an die Opfer, die Toten und Verletzten, durch den, auf Grund der Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine, sich aussichtslos fortsetzenden Krieg? Ebensowenig versteh ich die von Herrn Scholz zur Schau getragene gute Laune. Immer wenn er vor die Öffentlichkeit tritt, dies Schmunzeln und das leise Lächeln. Und dann kurz und bündig davon reden daß die Lage gar nicht so schlimm sei; zwar erleben wir einer Zeit des Umbruchs, aber alles Schlimme kommt vom furchtbaren Überfall der Ukraine durch Putin. Es ist anscheinend die von seinen Beratern empfohlene Taktik den vergnügten Gärtner zu spielen, um so die Gedanken der Leute abzulenken von den Tatsachen, sie mit sanfter Stimme zu beruhigen, und alle Sorgen und Fragen, und jede Entrüstung angesichts der Opfer, klein zu reden. Ich bin erstaunt, daß man ihm das durchaus abnimmt. Keine Aufschrei! Keiner, oder keine, der Anwesenden, der ehrfürchtig Zuhörenden ( „ Der Kanzler kommt zu Gespräch!“) steht auf und bittet: Herr Bundeskanzler, jetzt keine Ausreden mehr. Sagen Sie uns doch : Wer hat die Pipelines gesprengt?
Monika
15. August 2023 @ 11:43
Partei-Politiker*in ist der einzige Beruf, zu dem man sich nur „berufen“ fühlen braucht. Nützlich sind eher „genetische“ Qualifikationen: Gespür und Liebe zu streng hierarchisch aufgebauten Gruppen und Strukturen, die Fähigkeit Geld und „Verdienst“möglichkeiten förmlich zu riechen und die persönliche Teilhabe restlos abzuräumen, die Gabe Alles und Jeden skrupellos für opportune Zwecke zu instrumentalisieren, die Bereitschaft Narzissmus möglichst in Reinkultur zu leben und für die eigene Seilschaft notfalls über Leichen zu gehen, die unbedingte Bereitschaft Überzeugungen und Glaube über Erkenntnis zu stellen samt der Flexibilität (andere sagen Rückgratslosigkeit) heute dies morgen das Gegenteil voller Inbrunst demütig „vorzutragen“,… und noch ein paar mehr solcher schmierigen Eigenschaften. Die Melange dieser Charakterfehler dann als Erfolgsmodell mit Vorbildfunktion zu verkaufen ist den politischen Sahneschnittchen wie Lindner vorbehalten.
Ich warte auf die Erklärungen Herrn Lindners zu
1. warum „die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss“. (Immerhin ein nazistisch agierender und agitierender Staat, der verbal aufs Völkerrecht pocht, es aber ungeniert bricht).
2. warum es zwingend sein soll für Deutschland das Waffensystem Taurus an die Ukraine zu liefern (nur weil Frankreich und Großbritannien ins Wasser springen, muss das Deutschland noch lange nicht!) Der Verdacht steht im Raum wie ein Elefant, um damit völkerrechtswidrige „Selbstverteidigung“ zu betreiben.
3. für wen oder was es in unserem Land lohnend ist, sich auf existenzbedrohende Kosten der Wirtschaft, des sozialen Friedens, der demokratischen Verfasstheit für Jahre eine Fortsetzung und Ausweitung des Kriegs in der Ukraine zu befürworten und (diesen Wahnsinn) zu finanzieren.
4.Auch einen Ausblick auf ein Nachkriegsszenario würde ich mir wünschen. Einen solchen ganz besonders. Und weil wir ja hier ein EU-Blog sind, die geopolitischen Perspektiven einer um die Ukraine erweiterten EU. Gern darf auch Herr Borell oder Frau vdLeyen Herrn Lindner „beispringen“ und dazu Stellung nehmen.
Thomas Damrau
15. August 2023 @ 09:11
Die Schritte dieser Taktik kennen wir nur zu gut:
1) Eine Waffenkategorie wird identifiziert, die für einen zeitnahen Sieg der Ukraine unabdingbar ist: “Diese Waffen retten Menschenleben, weil sie den Krieg verkürzen.” Kein bürgerlicher Politiker, der noch Karriere machen möchte, wird den lebensrettenden Charakter dieser Waffen in Frage stellen.
2) Olaf Scholz bremst den “Feuereifer” aus, weil er weiß, dass die Hälfte der Bevölkerung skeptisch ist.
3) Die üblichen Verdächtigen werden vorgeschickt: Strack-Rheinmetall, Roderich Kiesewetter, Andrij Melnyk ( https://www.deutschlandfunk.de/tut-deutschland-genug-interview-mit-andrij-melnyk-vize-aussenminister-ukraine-dlf-fdc62932-100.html ), diverse Vertreter von irgendwelchen Think-Tanks, …
4) Immer mehr Politiker aus dem Regierungslager sprechen sich für die Lieferung aus. Das Thema wird bei Lanz & Co. langsam weich gekocht.
5) Irgendwann ist Scholz dann überzeugt, dass eine positive Entscheidung genügend verargumentiert wurde, und gibt scheinbar resigniert nach.
Dass ausgerechnet Lindner (der ja ein hemmungsloser Opportunist ist) vom vorgegebenen Drehbuch abweichen würde, konnte man ernsthaft nicht erwarten.
european
15. August 2023 @ 07:24
Lindner hat Kiew 5 Milliarden pro Jahr bis 2027 aus dem Bundeshaushalt für das ukrainische Militär zugesagt. Gleichzeitig gibt es in Deutschland wieder Sparprogramme.
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus246905038/Finanzminister-in-Kiew-Und-dann-laesst-Lindner-durchblicken-wie-er-zum-Ukraine-Kurs-des-Kanzlers-steht.html?icid=search.product.onsitesearch