Warnung vor TTIP light – Lage auf Lesbos eskaliert

Es ist still geworden um den Handelsstreit zwischen der EU und den USA. Dabei droht „Gefahr für den Verbraucher-, Arbeits- und Umweltschutz“, warnen Kritiker. Plant Brüssel einen Deal mit US-Präsident Trump?

Der europäische Handel soll umwelt- und klimafreundlicher werden. Das verspricht der designierte neue EU-Handelskommissar Phil Hogan vor seiner Anhörung am Montag im Europaparlament. Sogar eine „Carbon Border Tax“, also eine CO2-Steuer für Importe, hat der Ire in sein Programm aufgenommen, mit dem er in das Hearing in Brüssel geht.

Mit seinem Klima-Versprechen will Hogan die Europaabgeordneten milde stimmen. Zuletzt hatten sich die Parlamentarier über das geplante Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten empört. Österreich hat sogar schon mit einem Veto im Ministerrat gedroht. Die Brände im Amazonas passen schlecht zu einem klimafreundlichen Handelspakt.

Hogan versucht nun, die Bedenken mit wohlklingenden Ankündigungen zu zerstreuen. „Ich werde am Entwurf und an der Umsetzung einer Carbon Border Tax mitwirken, die mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO vereinbar ist“, kündigt der Kandidat in einer schriftlichen Stellungnahme an. Die Abgeordneten dürfte es freuen. 

Doch nun droht neuer Ärger – bei einem alten Streitthema. Es geht um den Handel mit den USA. Seit den gescheiterten Verhandlungen über TTIP liegen die Nerven zwischen Brüssel und Washington blank. Jetzt soll ein Mini-Deal für etwas Entspannung sorgen. Die EU und die USA wollen Industriezölle senken und technische Regeln angleichen.

Doch das sei nur die halbe Wahrheit, glauben Nichtregierungs-Organisationen wie Attac, Lobbycontrol und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. In einem offenen Brief an Hogan und Noch-Handelskommissarin Cecilia Malmström, der diesem Blog vorliegt, warnen sie vor einem „TTIP light“. 

Die EU-Kommission überschreite ihr Mandat, vermuten die Kritiker. Die Behörde spreche mit den Amerikanern nicht nur, wie es offiziell heißt, über Industriezölle und so genannte Konformitäts-Regeln, sondern auch über die „regulatorische Zusammenarbeit“. Dabei geht es um Gesetze und Normen, die den Handel betreffen.

„Dieser Mechanismus stellt eine unmittelbare Gefahr für den Verbraucher-, Arbeits- und Umweltschutz dar und bedroht auch die demokratische Entscheidungsfindung“, heißt es in dem offenen Brief. Malmström und ihr designierter Nachfolger Hogan werden aufgefordert, die betreffenden Verhandlungen sofort auszusetzen.

Allgemein werfen die Umwelt- und Verbraucherschützer der Kommission mangelnde Transparenz vor. Die Brüsseler Behörde hatte zwar nach dem Debakel um TTIP Besserung gelobt. Doch das Versprechen sei nicht eingehalten worden, kritisiert Laura Große von LobbyControl. Die Kommission lege das Mandat viel zu weit aus.

Man darf gespannt sein, was Hogan dazu sagt…

Siehe auch „US-Strafzölle rücken näher“

Watchlist

  • Kneift das Europaparlament? Diese Frage stellt sich schon am Montagmorgen, wenn der Rechtsausschuss erneut über die designierten EU-Kommissare  Trocsanyi und Plumb berät. Der Ungar und die Rumänin waren am Donnerstag wegen Interessenkonflikten abgewiesen worden. Doch die künftige Kommissionschefin von der Leyen fordert eine klare Weisung des Ausschusses. Das wiederum empfinden einige MEP als Affront – mehr hier
  • Wie schlagen sich  Šefčovič, Hogan und Gabriel? Die drei designierten EU-Kommissare für Interinstitutionelle Fragen, Handel und Innovation eröffnen den Reigen der Anhörungen im Europaparlament. Die Hearings dürften auch einen Vorgeschmack auf die Strategie der Parlamentsfraktionen geben. SPD und Grüne betonen ihre konstruktive Haltung – doch es gibt keinen Nichtangriffspakt, die Stimmung kann jederzeit kippen..

Was fehlt

  • Die Wahl in Österreich. Wie erwartet, hat die ÖVP von EX-Kanzler Kurz die Wahl gewonnen – er kann sich nun seinen Wunschpartner aussuchen. Die FPÖ dürfte es nicht mehr sein, denn sie schmierte mit 17 Prozent (minus acht Punkte) deutlich ab. Die Quittung für den Ibiza-Skandal fiel also erfreulich deutlich aus. Demgegenüber legen die Grünen um 8 Punkte zu; sie liegen nun bei 12 Prozent. Wird Wien demnächst schwarzgrün regiert?
  • Die Krise im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. Offenbar aus Protest gegen die unmenschlichen Bedingungen haben Insassen Feuer gelegt und sich mit der Polizei angelegt, meldet „Kathimerini“. Eine Frau und ein Kind sollen bei dem Aufstand ums Leben gekommen sein. Die Lage ist seit Jahren angespannt. Seit die Türkei wieder mehr Boat People über die Ägäis schickt, ist sie untragbar geworden – doch die EU schaut weg. Mehr hier